11.06.2025 von SWYRL/Elisa Eberle
Eine junge Perückenmacherin wird nachts von einem Auto angefahren. Vor ihrem Tod wurde die Hälfte ihres Kopfhaares abgeschnitten. Die Zürcher Kommissarinnen Ott (Carol Schuler) und Grandjean (Anna Pieri Zuercher) ermitteln in einem perfiden Geschäftsfeld.
"Hast du keine Angst?", fragt Vanessa Tomasi (Elena Flury) ihre Lebensgefährtin Lynn Fischer (Elsa Langnäse) zu Beginn des neuen Zürich-"Tatort: Rapunzel" (Regie: Tobias Ineichen, Buch: Adrian Illien), dem letzten neuen "Tatort"-Krimi vor der Sommerpause. Auch berichtet sie von einem "Psycho", der sie auf dem Weg zum Nachtclub angesprochen habe. Ihre Freundin hält das für eine "plumpe Anmache": "Der will deine Nummer", erklärt sie. Doch am nächsten Morgen hängt Vanessa Tomasi tot in einer Baumkrone. Sie wurde nachts von einem Auto angefahren und fiel dabei die steile Böschung hinab. Die herbeigerufenen Kommissarinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) sowie Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) irritiert jedoch ein anderes Detail an der Leiche: Vanessas lange blonde Haare wurden an einer Seite ihres Kopfes raspelkurz abgeschnitten! Die fehlenden Strähnen finden Ott und Grandjean kurze Zeit später zusammen mit der Handtasche der Toten in einem Bunker. Wie passt das zusammen?
Eine Antwort erhoffen sich die Ermittlerinnen von Vanessas Vater: Marco Tomasi (Bruno Cathomas) ist ein berühmter Star-Coiffeur in Zürich. Auch Otts wohlhabende Mutter Madleine (Babett Arens) gehört zu seinen Kundinnen. "Vanessa ist bei ihrer Mutter aufgewachsen", erklärt Tomasi der Polizei: "Nach dem Tod meiner Ex-Frau vor zwei Jahren übernahm ich dann neben dem Unterhalt auch Vanessas Miete und Lebenskosten." Auch Vanessa strebte den Beruf der Coiffeuse an. Die Ausbildung absolvierte sie jedoch nicht bei ihrem Vater, sondern bei der Perückenmacherin Aurora Schneider (Stephanie Japp).
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"Haare machen Politik"
Kurz vor Vanessas Tod wurden der Haarspenden im Wert von 100.000 Schweizer Franken aus dem Atelier gestohlen, aus der gemeinsamen Wohnung von Lynn und Vanessa wird wiederum ein Laptop entwendet. Hängen alle drei Vorfälle womöglich miteinander zusammen? Für Ott und Grandjean beginnen eng verflochtene Ermittlungen, die tief in das nicht immer saubere Geschäft mit internationalen Echthaarspenden reichen. Nebenbei greift "Davos 1917"-Autor Adrian Illien in seinem "Tatort"-Debüt allerlei Mythen und Legenden rund um das menschliche Haar auf: vom titelgebenden Märchen "Rapunzel" bis hin zu der Tatsache, dass der Hexerei bezichtigten Frauen im Mittelalter die Haare abgeschnitten wurden.
"Haare stehen für Vielfalt, Haare machen Politik", heißt es an einer Stelle im Film - eine Aussage, die auch Hauptdarstellerin Carol Schuler unterstreicht: "Haare sind politisch, weil sie mehr als nur Ästhetik berühren", betont die 38-Jährige im Interview: "Sie spiegeln Machtverhältnisse wider und dienen als Bühne gesellschaftlicher Aushandlung. Gerade das weibliche Haar unterliegt gesellschaftlichen Schönheitsidealen und patriarchalen Machtstrukturen. Es ist aber auch ein Symbol des Widerstands. Im Zuge der feministischen Revolution im Iran haben sich die Frauen ihre Haare abgeschnitten. Auch ich habe mir im Rahmen einer Solidaritätskampagne für die kämpferischen iranischen Frauen einen Teil meiner Haare abgeschnitten. Weil ich denke, dass die symbolische Kraft nicht unterschätzt werden darf."
Letzter "Tatort" vor der Sommerpause
So kommt es, dass der neunte Fall der Zürcher Kommissarinnen ein durchaus gesellschaftsrelevanter, wenn nicht gar politischer Film wird. Gleichzeitig erfährt das Publikum mehr über die private Vergangenheit der oft so reserviert wirkenden Kommissarinnen. Die Dreharbeiten zum "Tatort: Rapunzel" fanden von Mitte Juni bis Mitte Juli 2024 in Zürich und Umgebung statt. Ein zehnter Film unter dem Arbeitstitel "Herzenssachen" wurde von Anfang Oktober bis Anfang November 2024 in Zürich gedreht.
Bis zur Ausstrahlung wird es allerdings noch ein paar Monate dauern. Mit "Rapunzel" verabschiedet sich der "Tatort" nämlich in die alljährliche Sommerpause. Kommende Woche zeigt das Erste noch den neuen "Polizeiruf 110: Spiel gegen den Ball" (Sonntag, 22. Juni, um 20.15 Uhr). Das deutsch-polnische Team um Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und Alexandra Luschke (Gisa Flake) ermittelt dann im Umfeld einer polnischen Gerüstbaufirma und eines Amateur-Fußballvereins. Danach müssen sich Krimi-Fans voraussichtlich bis zum Sonntag, 7. September, mit Wiederholungen zufrieden geben, ehe die nächste Krimi-Saison mit neuen "Tatort"-Fällen beginnt.