"Die nackte Kanone"

Nicht tiefgründig. Nicht doppelbödig. Nicht nachdenklich - Ein Klassiker erlebt seine Neuauflage

30.07.2025 von SWYRL/Kai-Oliver Derks

Mit Liam Neeson, Pamela Anderson und einer gehörigen Portion Mut. "Die nackte Kanone" wird fast 40 Jahre nach der Kinopremiere des Originalfilms neu aufgelegt. Kann das funktionieren?

Nehmen wir zunächst an dieser Stelle all jene Leserinnen und Leser aus dem Text, die "Die nackte Kanone" 1988 und ihre zwei Fortsetzungen (1991 und 1994) nicht lustig fanden. Und ebenso jene, die die Filme damals oder seither bei ihren unzähligen TV-Wiederholungen überhaupt noch nie gesehen haben. Soll es ja geben. Wenn dem so ist, lohnt das Weiterlesen an dieser Stelle nicht. Denn "Die nackte Kanone" von heute ist wirklich nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine stiltreue Neuauflage des Komödien-Klassikers.

Das hier ist nicht tiefgründig. Nicht doppelbödig. Nicht nachdenklich. Es ist albern. Klamauk pur: Frau ist abgelenkt und läuft deshalb gegen Pfosten. Mann reißt beim Losfahren mit dem Auto Tanksäule raus. Fahrer bekommt bei hohem Tempo von außen durchs Fenster einen Kaffee ins Auto gereicht. - Slapstick nennt man das, sicher seit Keaton, Laurel, Hardy, den Marx Brothers und Chaplin in Hollywood geschätzt. Aber eben dann in den 70er- und 80er-Jahren von dem US-amerikanischen Regisseur und Drehbuchautor Jim Abrahams und den Brüdern David und Jerry Zucker auf die Spitze getrieben. Im neuen Jahrtausend war diese Form der Comedy bislang eher selten.

Jim Abrahams starb 2024, die Zuckers leben noch, sind aber an der Neuauflage nicht mehr beteiligt. Im Gegenteil: David Zucker schimpfte sogar über das Drehbuch. Womöglich auch, weil er weiland selbst eines verfasst hatte, was bei der Produktion jedoch nicht auf Gegenliebe stieß. So sind es nun der Regisseur und Autor Akiva Schaffer ("Saturday Night Live") sowie die Autoren Dan Gregor und Doug Mand, die "Die nackte Kanone" (2025) nach langem Hin und Her auf die Leinwand brachten. Produziert wurde der Film von Seth MacFarlane ("Ted", "Family Guy").

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Liam Neeson folgt auf Leslie Nielsen

Die Welt, in der die Neuauflage spielt, gleicht der des Vorgängers. Los Angeles also. Police Department. Lt. Frank Drebin wird für seine 1.000 Festnahme gefeiert. Kenner ahnen: Es handelt sich um den Sohn des berühmten Lieutenants Frank Drebin, dermaleinst gespielt von Leslie Nielsen. Er ist nicht der einzige Nachkomme, der im Reboot auf den Spuren seines Vaters wandelt. Auch der Sohn von Captain Ed Hocken, ehemals von George Kennedy verkörpert, ermittelt im Hintergrund mit. Gespielt wird er von Paul Walter Hauser. Als Drebin Jr. ist indes Liam Neeson zu sehen, der im wahren Leben nun auch schon 73 Jahre alt ist, hier aber trotzdem gut ins aktive Berufsleben hinpasst. Charmant gelöst wurde das Problem, dass ja auch Detective Nordberg einen Nachfolger brauchte, damals gespielt von O.J. Simpson. Die Biografie des im vergangenen Jahr verstorbenen US-amerikanischen American-Football-Spielers gereicht ja schließlich nicht wirklich zum Vorbild für eine neue Generation.

Der Beginn wirkt vertraut, eröffnet der Film doch mit einer Szene, die schon im ersten Trailer zu sehen war. Ein kleines, naiv umher hüpfendes Mädchen platzt in einen Banküberfall mit Geiselnahme und zieht sich die Maske vom Kopf. Darunter verbirgt sich der 1,93 Meter große Neeson, der die prekäre Situation im Röckchen sogleich mit einer Vielzahl von grotesken Kampfeinlagen bereinigt. Hier wird schon einer der inhaltlich größten Unterschiede zum Original deutlich. Der "junge" Drebin verfügt offensichtlich über merkwürdige Superkräfte und zerbeißt beispielsweise mal eben den einen oder anderen Revolver. Später wird er - einer der vielen Running Gags im Film - auch ziemlich große Telefone am Ende des Gesprächs zerbrechen, um seine Spur zu verwischen.

Drebin hat es diesmal, so zeigt sich bald, mit einem wirklich schlimmen Schurken zu tun. Richard Cane (Danny Huston), ein Unternehmer im Stile Elon Musks, leidet an Selbstüberschätzung und schmiedet mithilfe eines recht unscheinbaren Geräts, mit dem sich menschliches Verhalten steuern lässt, einen Plan zur Weltherrschaft. Drebin stellt sich ihm mutig entgegen und darf dabei auf die Unterstützung von Beth Davenport hoffen. Deren Bruder wurde von Cane ermordet, nun sinnt sie auf Rache. Was Wunder, dass sie sich bald schon dem Charme Drebins nicht entziehen kann. Pamela Anderson tritt in dieser Rolle die Nachfolge von Priscilla Presley an, die vor nun schon fast 40 Jahren Leslie Nielsen um den Verstand brachte, dabei aber auch die Treppe runterplumpste.

"Zigarette?" - "Ja, ich weiß."

Erfrischend knackige 85 Minuten dauert die Neuauflage, die erwartungsgemäß vollgestopft sind mit mal mehr, mal weniger gelungenen Slapstick-Sequenzen und sprachlichen Kalauern. Immer wieder wird dabei der populäre Dialog-Klassiker modifiziert, in dem Drebin mit einer Kippenschachtel in der Hand eine junge Frau fragt: "Zigarette?" Und sie antwortet: "Ja, ich weiß." - Liest sich als Scherz zugegeben medioker, funktioniert gesprochen auf der Leinwand aber verlässlich gut. Dazu die üblichen Peinlichkeiten: Was gestern das versehentlich offen gebliebene Mikrofon beim Toilettengang war, ist heute die zum unpassenden Zeitpunkt hinunter gerutschte Hose. Oder die mühsame Reinigung eines Backofens ... durch ein Nachtsichtgerät betrachtet.

Es braucht ganz sicher eine Weile, bis sich beim Publikum die Synapsen auf diese Form der Kinounterhaltung eingestellt haben, die in den letzten Jahrzehnten ja etwas aus der Mode gekommen ist. Dann aber kommt es schon immer mal wieder auf, das Gefühl, das Komödien wie "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" "Top Secret!", "Hot Shots!" und andere ehemals erzeugten. Angehörige der Generation X jedenfalls, die solcherlei Unterhaltung mehrheitlich schätzte, aber eben meist mit Unterstützung stimulierender Angebote, dürften auch heute noch ihre Freude an dieser Riesenportion Unsinn haben. Sofern sie eben nicht irgendwann erwachsen geworden sind.

Und auch sie werden feststellen, dass die Entscheidung, Liam Neeson die Hauptrolle zu geben, die richtige war. Mit todernster Miene bewegt er sich, wie einst schon Leslie Nielsen, durch die größten Absurditäten und steht so für diesen Gegensatz, aus dem Komik entstehen kann. Nicht anders macht es Pamela Anderson, die ihr Image von einst charmant karikiert. Obendrauf gibt es ein paar sehr gelungene Cameo-Auftritte, unter anderem vom ehemaligen Wrestler Dave Bautista. Und auch ein Star aus den alten "Nackte Kanone"-Filmen ist wieder dabei. Nur eine Sekunde lang. Aber unübersehbar ...

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