Pulp
Blur? Oasis? Oder doch Pulp (Bild), die jetzt nach 24 Jahren mit "More" (VÖ: 6. Juni) ein neues Album vorlegen? In der Galerie präsentieren wir die fünf wichtigsten Vertreter der Britpop-Bewegung - und fünf Acts aus jener Zeit Mitte der 90er-Jahre, die damals zu Unrecht übersehen wurden ...
© IMAGO / Avalon.redOcean Colour Scene
Nicht nur Noel Gallagher und Paul Weller sangen Lobeshymnen auf Ocean Colour Scene: Dass das Quartett aus Birmingham trotz seines Meisterwerks "Moseley Shoals" (1996) nie Superstar-Status erreichte, lag womöglich daran, dass Frontmann Simon Fowler (links) und seine Bandkollegen nicht so "Cool Britannia" waren wie viele ihrer Zeitgenossen. An einem Mangel an großartigen Songs, die durch Northern Soul und 60er-Jahre-Rock inspiriert waren, lag es jedenfalls nicht.
© IMAGO / Avalon.redGene
Böse Zungen könnten behaupten, Gene seien eine Parodie auf The Smiths gewesen: Sänger Martin Rossiter (dritter von links) seufzte wie Morrissey, in den Melodien hallte Johnny Marrs Gitarrensound nach, sogar die Covergestaltung erinnerte an die 80er-Legenden. Als leicht melancholisches Gegengewicht zur Arroganz, die den Britpop vielfach beherrschte, waren Gene jedoch eine angenehme Erscheinung. Und hatten sich - bei aller Mimikry - eben auch ein sehr gutes Vorbild ausgesucht.
© IMAGO / Avalon.redThe Divine Comedy
Britpop? Band? Zugegebenermaßen passen The Divine Comedy nur bedingt in diese Reihe. Denn erstens ist Neil Hannon das einzige feste Mitglied der "Band", zweitens zelebriert der Nordire seinen zeitlosen Orchester-Pop, der an Supercrooner Scott Walker geschult ist, schon länger als viele Britpop-Bands. Dennoch: Cleverer und britischer schrieb niemand Songs über Phänomene wie Fernbusanbieter ("National Express"), russische Herrscherinnen ("Catherine The Great") und Heuschnupfen ("The Pop Singer's Fear Of The Pollen Count").
© IMAGO / Avalon.redSuper Furry Animals
War das noch Britpop? Die Frage durfte man sich auch bei den Super Furry Animals stellen. Als Creation-Label-Kollegen von Oasis wurden die Waliser um Sänger Gruff Rhys (links) oftmals kurzerhand "eingemeindet". Dabei sprengten ihr psychedelischer Punk-Pop, ihre Songs über UFO-Entführungen ("Hometown Unicorn"), George Foreman ("Something for the Weekend") und einen walisischen Cannabis-Schmuggler ("Hangin' With Marks") oft genug jegliche Genregrenzen.
© IMAGO / The IndependentLightning Seeds
Zugegeben: Vergessen sind die Lightning Seeds bis heute nicht - dank des Fußballüberhits "Football's Coming Home". Und auch wenn die Band um Sänger Ian Broudie (links, mit Frank Skinner, Mitte, und David Baddiel) nie ein unumstrittenes Meisterwerk vorlegte, zählen ihre größten Hits ("Pure", "Sense", "The Life Of Riley", "Lucky You", "Change") doch zu den schönsten und poppigsten Ohrwürmern, die Großbritannien in den 90er-Jahren hervorbrachte.
© IMAGO / Avalon.redPlatz 5: Elastica
Natürlich muss man erwähnen, dass Elastica-Sängerin Justine Frischmann (liks) erst mit Suede-Frontmann Brett Anderson und danach mit Damon Albarn von Blur liiert war. Zur wichtigsten weiblichen Figur im Britpop wurde sie aber nur dank ihrer eigenen Band: Elastica schrieben clevere eingängige Pop-Punk-Songs über Dinge wie Erektionsstörungen ("Stutter"), Herummachen im Auto ("Car Song") und Schmiermittel ("Vaseline"). Mehr Spaß machte Britpop nie.
© IMAGO / Avalon.redPlatz 4: Suede
Brett Anderson war der Pin-up-Boy des Britpop - noch bevor das Genre "erfunden" war: Mit dem düsteren, an David Bowie geschulten Glamrock und Pop ihres selbst betitelten Debüts machten Suede ab 1993 nicht nur musikalische Schlagzeilen. Sie veröffentlichten ein melodramatisches ("Dog Man Star", 1994) und ein poppigeres Meisterwerk ("Coming Up", 1996), lösten sich zwischenzeitlich auf, sind aber seit über zehn Jahren wieder eine verlässliche Größe.
© IMAGO / Avalon.redPlatz 3: Oasis
Natürlich sind Oasis - mit weitem Abstand - die erfolgreichste Britpop-Band. Auch daran, dass "Definitely Maybe" (1994) und "(What's the Story) Morning Glory?" (1995) zu den wichtigsten Alben der britischen Musikgeschichte gehören, gibt es keinen Zweifel. Zur Wahrheit gehört aber auch: Alles, was danach musikalisch kam, hinterließ keinen bleibenden Eindruck mehr - Unterhaltung bot allein der ewige Zwist zwischen den Gallagher-Brüdern.
© SonyPlatz 2: Blur
Den "Battle of Britpop" gewannen Blur 1995 gegen Oasis, als die neuen Singles der beiden Bands zeitgleich veröffentlicht wurden. Auch auf lange Sicht triumphierten Damon Albarn und Co. (zweiter von links): Die Band schaffte es, sich nach eineinhalb Meisterwerken ("Parklife", 1994, und "The Great Escape", 1995) bereits mit "Blur" (1997) vom Britpop zu verabschieden und danach - mit einigen kreativen Verschnaufpausen - bis heute relevant zu bleiben.
© Paul Spencer / ParlophonePlatz 1: Pulp
Fast 15 Jahre musste Jarvis Cocker (dritter von links) mit Pulp auf seinen Durchbruch warten: Mit "Different Class" (1995) avancierte der schlaksige Frontmann vom ewigen Außenseiter zum größten Popstar des Britpop. Denn er und seine Band nahmen alle (Underdogs) mit: Pulp schafften den Spagat zwischen bitterem Realismus ("Live Bed Show") und nostalgischer Party ("Disco 2000"), zwischen bissiger Sozialkritik ("Common People") und echter Verzweiflung ("The Fear") und verwandelten alles in großartig-glamouröse Popsongs.
© www.facebook.com/pulppeoplePlatz 1: Pulp
Aufgelöst hatten sich Pulp nie: Nach "We Love Life" (2001) startete Jarvis Cocker eine Solokarriere, bevor 2011 eine erste kurzfristige Reunion erfolgte. Nach einigen Comeback-Konzerten 2023 und 2024 folgt nun "More": Eine neue Platte zu machen "hatte zum Teil sicher mit Steves Tod zu tun", erklärt Cocker. Steve Mackey, Pulps Bassist, starb 2023. "Auch meine Mutter ist Anfang letzten Jahres gestorben. Wenn Leute, die dir so nahestehen, gehen, dann wird dir klar, dass du selbst immer noch am Leben bist. Und dass du weiter die Möglichkeit hast, etwas zu erschaffen."
© Tom Jackson