"Nicht nachvollziehbar"

Sidat soll trotz Fachkraft-Ausbildung abgeschoben werden - in der ARD wird Industrie-Boss deutlich

31.07.2025 von SWYRL

Integriert, guter Schulabschluss, Ausbildungsvertrag in der Tasche: Dennoch soll der Iraker Sidat mit 18 Jahren alleine nach Rumänien abgeschoben werden. Im ARD-"Morgenmagazin" nannte IHK-Funktionär Wolfgang Trefzger Fälle wie diesen "nicht nachvollziehbar".

Seine Familie flüchtete vor Jahren aus dem Irak. Heute ist Sidat ein Muster an geglückter Integration. Der 18-Jährige hat im hessischen Stadtallendorf seine mittlere Schullaufbahn mit einem Notenschnitt von 1,8 abgeschlossen. Einen Ausbildungsvertrag zum medizinischen Technologen für Radiologie hat er bereits in der Tasche. Doch ob der junge Mann im Oktober die Stelle am Uni-Klinikum Marburg antreten kann, ist ungewiss. Der Geflüchtete soll abgeschoben werden.

Sidat soll alleine nach Rumänien ausreisen, wie ihm mitgeteilt wurde. Es greift das Dublin-Verfahren. Denn in Rumänien reiste die Familie bei der Flucht aus dem Irak als Erstes in die EU ein. Ein Schock für den 18-Jährigen und sein Umfeld. Seine Lehrer haben eine Petition beim hessischen Landtag eingereicht. Die schützt Sidat bis September. Danach kann er noch einen Härtefallantrag stellen.

"Hier ist meine Heimat, hier ist mein Zuhause", sagt Sidat in einem aktuellen Beitrag des ARD-"Morgenmagazins": "Ich wohne seit fünf Jahren hier, wo soll ich denn hingehen? Meine Zukunft ist ja hier. Ich habe mir alles hier aufgebaut."

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Abschiebung integrierter Fachkräfte für IHK-Chef "nicht nachvollziehbar"

Im anschließenden Interview im ARD-Moma-Studio wurde Wolfgang Trefzger, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer NRW, angesichts des geschilderten Falles deutlich: "Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wenn Geflüchtete, die hier sind, sich integriert haben, einen Arbeitsplatz haben, abgeschoben werden." Angesichts 290.000 offener Stellen alleine in Nordrhein-Westfalen seien Geflüchtete eine "interessante Zielgruppe" mit "gutem Potenzial", betonte Trefzger.

Bei 3.360 Abschiebungen aus NRW im vergangenen Jahr gegenüber 59.000 Ausreisepflichtigen wollte der IHK-Funktionär zwar kein "strukturelles Problem" ausmachen. Dennoch kämen immer wieder Betriebe auf die Industrie- und Handelskammer zu, weil gut integrierte Fachkräfte abgeschoben werden sollen. "Wir unterstützen die Betriebe dabei, dass sie ihre Mitarbeiter behalten können." Immerhin hätten die viel in deren Ausbildung investiert.

Das Argument, bei mangelnder Härte in Abschiebefragen würden Menschen bestärkt, über den Asylweg nach Deutschland zu kommen, wollte Trefzger nicht uneingeschränkt stehen lassen. "Die Gefahr besteht", räumte er in der ARD ein. Andererseits müsse man sehen: "Die Asylverfahren dauern sehr lange." Wenn Asylbewerber über die Dauer des Verfahrens gut integriert seien und die Sprache gelernt hätten, sei Pragmatismus gefragt. Dann müsse "man sich Gedanken machen, dass man solches Potenzial nimmt und in den Arbeitsmarkt integriert".

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