17.10.2025 von SWYRL
Ein "Aha-Effekt in absolut negativer Weise" und ein "doppeltes Debakel": Im Streit um den Wehrdienst stellte Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke der Bundesregierung ein verheerendes Zeugnis aus. Im ZDF-Moma sah der Experte langfristig sogar die Demokratie als solche in Gefahr.
Das Wehrdienstgesetz spaltet aktuell die Bundesregierung: Eigentlich galt die neue Regelung bereits als beschlossene Sache, ehe Verteidigungsminister Boris Pistorius entscheidend intervenierte. Es sei ein "doppeltes Debakel", kreidete Albrecht von Lucke am Donnerstag der Koalition im ZDF-"Morgenmagazin" an. Als Verfahrensdebakel "erinnert es sofort an das Desaster mit der Bundesverfassungsrichterin". Der zweite große Fehler sei, dass der Einspruch von Pistorius über das angedachte Losverfahren "nicht ohne Grund" käme.
"Wer auf die Idee kommt, das wahrscheinlich sensibelste Pflichtverhältnis des Staates gegenüber der jungen Generation (...) durch ein Losverfahren klären zu wollen, der muss einem gewaltigen Irrtum unterliegen", ging von Lucke mit dem von der Union vorangetriebenen Vorstoß hart ins Gericht. Dieser sei nicht "mit dem Gerechtigkeitsempfinden weiter Teile der Gesellschaft" zu vereinbaren.
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Politikwissenschaftlicher zieht verheerende Parallele zu Ampel-Politik
Doch auch Verteidigungsminister Pistorius habe laut des Politikwissenschaftlers einen gravierenden Fehler begangen: Er habe seine Bedenken viel zu spät geäußert - auch, wenn "er in der Sache für mein Verständnis völlig recht" habe, erklärte Albrecht von Lucke im Gespräch mit Moderatorin Eva-Maria Lemke. Aufgrund der Uneinigkeit in der Koalition erwarte er bei der Lesung im Bundestag nun, dass eine "einhellige Phalanx von AfD bis Linke den Vorschlag geißeln" werde - so etwas habe man bisher auch noch nicht erlebt.
Infolge des Streits innerhalb der Koalition fragte Lemke kritisch nach, ob die Regierung "überhaupt noch arbeits- und beschlussfähig" sei. Von Lucke entgegnete, "das eigentliche Drama" sei, "dass in der Bevölkerung genau der desaströse Eindruck entsteht, den diese Koalition vermeiden wollte". Die Uneinigkeit "wiederholt genau das, was wir in drei Jahren Kakophonie der Ampel erlebt haben: ständigen Streit", beklagte der Politexperte.
Die Bevölkerung habe den "Aha-Effekt in absolut negativer Weise: Die können das auch nicht", befürchtete der Politikwissenschaftler weitreichende Folgen: "Das geht irgendwann ins Mark und an die Frage, ob der Regierung generell noch die Handlungsfähigkeit zugetraut wird." Langfristig könne infolge des Vertrauensverlusts sogar die Demokratie als solche in Gefahr sein. "Das spielt natürlich immer der AfD und den Rechtspopulisten mit ihrer fundamentalen Opposition in die Hände", schloss von Lucke nachdenklich.