"Ohne jede Spur - Der Fall der Nathalie B." - Do. 29.05. - ARD: 20.15 Uhr

Nach einem wahren Fall: Die unglaubliche Entführung einer Triathletin

23.05.2025 von SWYRL/Susanne Bald

Ein wahres Verbrechen liefert den Stoff für einen so beklemmenden wie spannenden TV-Film: Eine junge Triathletin wird beim Fahrradtraining angefahren, entführt und misshandelt. Während ihr Mann eine Suchaktion startet, gelingt es ihr nach Stunden der Angst, ihren Peiniger zu ihrer Freilassung zu überreden.

Man weiß es nicht genau: Ist es reine Unterhaltung wie bei fiktiven Krimis oder schon Voyeurismus? True Crime boomt, ob als Doku, Podcast, Magazin, Film oder Serie. Auch die ARD produziert fleißig Geschichten nach wahren Verbrechen. Nach den Vierteilern "Spuren" und "Mord auf dem Inka-Pfad" folgt nun der Spielfilm "Ohne jede Spur - Der Fall der Nathalie B." am Donnerstagabend im Ersten und vorab in der Mediathek. Mit leichten Abwandlungen erzählt er von der unglaublichen Entführung der 27-jährigen Nathalie Birli, heute Schöffmann, am 23. Juli 2019.

Während einer Trainingsfahrt wird die österreichische Radrennfahrerin und Triathletin von einem Auto angefahren, vom Fahrer niedergeschlagen und in ein abgelegenes Haus verschleppt. Dort hält er sie mehrere Stunden fest, misshandelt sie und versucht, sie zu ertränken. Wie durch ein Wunder kann Birli ihren Peiniger jedoch überreden, sie freizulassen.

"Im Triathlon wird im Kopf entschieden, nicht im Körper", erklärt Nathalie (Luise von Finckh) zu Beginn des Films. Volle Konzentration, alles andere ausblenden. "Und wenn es im Kopf funktioniert, funktioniert es auch im Körper." Diese Fähigkeit zur Kontrolle und Fokussierung sind es womöglich, die Nathalie Stunden später das Leben retten werden.

Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Das Motiv des Täters interessiert im Film nicht

Regisseurin Esther Rauch ("Schnee") wechselt in ihrem Film hauptsächlich zwischen zwei Orten: dem Häuschen, in dem Nathalie festgehalten wird, und draußen, wo ihr besorgter Mann Martin (Stefan Gorski) sie vermisst meldet, jedoch vom wenig motivierten Polizist Kapfermann (Robert Stadlober) abgewiesen wird: Nathalie sei noch nicht lange genug verschwunden. Martin, überzeugt, dass seine Frau ihr erst drei Monate altes Baby nie so lange alleine lassen würde, startet per soziale Medien selbst eine große Suchaktion.

Nathalie ist derweil einem unberechenbaren, zwischen kindlich naiv und aggressiv wechselnden Entführer (Dominic Marcus Singer) ausgesetzt. Der sich ihr zunächst höflich vorstellt: "Ich bin der Florian, ich bin 33 Jahre alt und ich mag Fische. Und Sie?". Der sie bekocht, zum Tanzen auffordert. Der ihr aber auch Wein in den Rachen zwingt, sie misshandelt und nötigt, sich auszuziehen, denn: "Vorm Zubettgehen muss man baden, das weiß doch jedes Kind!". Mutterkomplex, Schizophrenie? Dass eine psychische Erkrankung vorliegt, scheint offensichtlich, 2020 wurde der Täter zu sieben Jahren Haft und Unterbringung in einer "Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher" verurteilt.

Der Täter und sein Motiv interessieren Regisseurin Rauch im Film jedoch nicht, sondern alleine Nathalie: "zu sehen, was sie sieht". Ihr gehe es darum, so Rauch, "Nathalie so darzustellen, wie ich sie sehe: als Heldin". Von Luise von Finckh beeindruckend gespielt, erträgt Nathalie über Stunden ihr Martyrium, fokussiert auf den Gedanken an ihr Baby und die Hoffnung aufs Überleben.

Die Nachwehen des Geschehenen

Nur einen Tag nach ihrer Entführung setzte Nathalie einen Facebook-Post ab. "Wie in einem schlechten Film" sei das Geschehene gewesen. Von Finckh berichtet im Gespräch mit der ARD, dass bei den körperlich wie emotional schwierigen Misshandlungs-Szenen im Film eine Intimacy-Koordinatorin am Set gewesen sei. Alles vorher genau durchzusprechen und einzustudieren, hätte ihr und ihrem Kollegen geholfen, körperliche Grenzen festzulegen und wieder aus den Rollen herauszufinden.

Wie muss es für das echte Opfer gewesen sein, diese Momente zu sehen? Vieles sei "erschreckend realitätsnah", berichtet Nathalie Schöffmann. "Manche Szenen haben mich so tief berührt, dass mir eiskalt wurde und ich zu zittern begann." Doch gleichzeitig sei der Film auch eine "Form der Verarbeitung" für sie gewesen.

Auch in der im Anschluss ausgestrahlten Doku "Das zweite Leben von Nathalie" berichtet die Österreicherin ausführlich von jenem schicksalhaften Tag. Neben ihr kommen unter anderem ihr Ehemann, ihre Mutter, damals Ermittelnde sowie eine Psychiaterin zu Wort und ordnen die Geschehnisse ein. Der Fall mag einigermaßen glimpflich ausgegangen sein, doch er hat Spuren hinterlassen, bei allen Beteiligten.

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL