Chris Rea veröffentlicht "The Christmas Album"

"Driving Home For Christmas": Das ist die kuriose Entstehungsgeschichte von Chris Reas Weihnachtsklassiker

28.11.2025 von SWYRL/Wilhelm Flemmer

Mit "Driving Home for Christmas" hat Chris Rea einen Weihnachtsklassiker komponiert. Wetten, dass sie ihn auch dieses Jahr im Radio hören werden? Und wetten, dass es noch Fakten rund um den Song gibt, die Sie bestimmt noch nicht kannten?

Es führt kein Weg vorbei. Auch dieses Jahr wird in der Weihnachtszeit dieses Lied auf uns unaufhaltsam zurollen. "Driving Home for Christmas" - wenn doch dieser Sänger, Chris Rea, endlich zu Hause ankommen würde, um mit seinen Lieben das Fest der Liebe zu feiern, denken sich viele Hörerinnen und Hörer, die den Song nicht mehr hören können. Andere wiederum kriegen von dem Evergreen nicht genug und lassen sich Jahr um Jahr aufs Neue von dessen wehmütiger Melodie einlullen.

Ein Wort zu den Genervten: Vielleicht versöhnen Sie sich mit "Driving Home for Christmas", der immerhin ein Klassiker seines Genres ist, wenn Sie es näher kennenlernen. Aber auch den Song-Liebhabern werden manche Hintergrundinformationen vielleicht auch nicht schaden. Es sei denn, sie wollen den Evergreen nicht mit irgendwelchen Fakten entzaubert wissen. Zumal wir im Folgenden auch manch Kurioses zusammengetragen haben.

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Worum geht es in "Driving Home for Christmas"?

"Driving Home for Christmas" handelt davon, wie der Sänger oder: das lyrische Ich über Weihnachten nach Hause fährt. Er ist mit dem Auto unterwegs, als Beifahrer, und wie er schwelgt auch der Fahrer in "tausend Erinnerungen". Es sind Erinnerungen auch an die lieben "Gesichter", die sie zu Hause erwarten und mit denen sie das Weihnachtsfest feiern wollen.

Doch die "Fahrt nach Hause" will kein Ende nehmen. Statt in die gelieben "Gesichter" blicken Fahrer und Beifahrer auf die Rücklichter vorausfahrender Autos. Und es geht nicht voran, ein Verkehrstau verzögert das ersehnte Wiedersehen. Offenbar sind die beiden nicht die einzigen, die es für Weihnachten "nach Hause" zieht.

Reas Alter Ego ist aber zuversichtlich: "But soon there'll be a freeway", bald fließt wieder der Verkehr, der ihn schließlich ans Ziel bringen wird. Dann erst kann er endlich den "holy ground" betreten, den heiligen Boden des Zuhauses, der Familie, kurz aller "Gesichter", die er erst nur "neben sich fühlt".

So entstand der Weihnachtsevergreen

Die Tortur des Nachhausefahrens, der qualvollen Verzögerung des Glücks, endlich "heiligen Boden" zu betreten, ist selbst erlebt. Auch Rea hatte sich einmal im Stau auf dem Weg nach Hause von London nach Middlesbrough befunden. In der Vorweihnachtszeit 1978 war das, also ganze acht Jahre, bevor "Driving Home for Christmas" herauskam. Anders als sein Alter Ego im Lied hat er "Driving Home for Christmas" im Wagen aber nicht gesungen, sondern es hier geschrieben.

Auch er war damals als Beifahrer unterwegs, der Fahrer jedoch war eine Fahrerin. Reas Frau Joan lenkte den Wagen, einen Austin Mini, hin hins familiäre Weihnachtsglück. Rea selbst durfte nicht am Steuer sitzen, weil er zuvor seinen Führerschein verloren hatte. Und weil er nicht gefahren war und dazu im Stau steckte, hatte er Zeit und Muße genug, ein Lied zu schreiben. Das tat er - und legte damit Grundstein für seinen größten Hit.

Wussten Sie aber auch, dass ...

Einen Hit hatte Chris Rea damals bitter nötig. Denn als Musiker war er Ende der 1970er-Jahre an einem Tiefpunkt angelangt, wie er sich Jahre später, 2017, im Gespräch mit der Zeitung "Guardian" erinnerte. "Für mich war alles vorbei: Mein Plattenvertrag lief bald aus und mein Manager hatte mir gerade mitgeteilt, dass er mich verlassen würde."

Auch finanziell sah es für ihn nicht rosig aus, was auch der Grund war, wieso er damals nach Middlesbrough, immerhin mehr als 400 Kilometer von London entfernt, nicht den Zug nahm, sondern mit dem Auto fuhr. Eine Zugfahrt konnte er sich schlicht nicht leisten, und sein Plattenstudio konnte oder wollte ihm nicht aushelfen.

Die Autofahrt war ein noch größeres Opfer für seine Frau Joan. Sie fuhr von Middlesbrough mit dem Auto zum Abbey Road Studio in London, um mit Chris bald wieder zurück nach Middlesbrough zu fahren. Das muss Liebe gewesen sein. Oder schlicht Verrücktheit. Rea tendiert zu Letzterem. "Wenn man jung ist", sagte er, "macht man manchmal verrückte Sachen".

"Wir fahren nach Hause"

Auf dem Weg "nach Hause" kam vieles zusammen, was für Rea inspirierend war. Die Fahrt kam nicht voran. Es schneite, und Rea ließ seinen Blick schweifen. "Wir standen immer wieder im Stau und ich schaute zu den anderen Autofahrern hinüber, die alle so unglücklich aussahen." Er begann, vor sich hinzusummen; "We're driving home for Christmas", wir fahren nach Hause für Weihnachten. "Dann, wann immer die Straßenlaternen ins Auto schienen, begann ich, den Text aufzuschreiben."

Fertig war der Song aber noch lange nicht. Es gab erst nur den Text, den Rea zunächst in seine "alte Kiste mit lauter unfertigen Sachen" verfrachtete. Ein Weihnachtslied hatte er nie vor zu schreiben. Weil er sich, wie er sagt, für einen "ernsthaften Musiker" hielt. Erst Jahre später fand er, beim Musikziern und herumprobieren mit einem Kollegen, die Melodie. "Ich kehrte zu meiner Kiste zurück, und die Worte (...) passten perfekt." Doch die Skepsis blieb. Der Song erschien zunächst als B-Seite, bevor er, wiederum später, neu arrangiert und 1986 schließlich als Weihnachtslied veröffentlicht wurde.

Die Zweifel des Musiker teilte das Publikum nicht. "Driving Home for Christmas" wurde zunächst ein "weiterer Radiohit" (Rea). Von gewöhnlichen Radiohits unterschied sich der Song allerdings in einem wesentlichen Punkt: Er blieb ein Erfolg, jedes Jahr aufs Neue und das seit Jahrzehnten steigt er in die Charts ein. Es heißt, Rea verdiene mit dem Lied jährlich umgerechnet rund 230.000 Euro. Nicht schlecht, bedenkt man, dass er am Hungertuch nagte, als er ihn schrieb.

Reas schwieriges Verhältnis zu "Driving Home for Christmas"

Die Skepsis, mit der er "Driving Home for Christmas" einst begegnete, hat Rea längst überwunden. Es sei schön, sagte er dem "Guardian", "Teil eines Songs zu sein, der sich zu einer der meistgespielten Weihnachtssingles aller Zeiten entwickelt hat." Mit dem Mega-Erfolg kann er sogar selbst-ironisch umgehen. Immer wenn er im Stau stecke, öffne er das Autofenster und singe den Leuten in den Autos neben ihm den Song vor.

Kurioserweise hatte Rea "Driving Home for Christmas" dennoch jahrelang nicht auf der Bühne gespielt. Erst 2014 gab er es in einem Konzert in London zum Besten. Und das auch nur, weil die Crew nicht aufhören wollte, ihn dazu zu "drängen", wie er sagt. Es war der 21. Dezember, drei Tage vor Heiligabend. Für die Weihnachtsstimmung sorgte reichlich künstlicher Schnee. Und natürlich der Song selbst: "Driving Home for Christmas".

Dass ein Weihnachtssong übrigens rufschädigend sein könnte, von dieser Ansicht ist Chris Rea offenbar abgerückt. Der 74-Jährige veröffentlicht nun ein ganzes Album zum Fest der Liebe. Um "The Christmas Album" werden die "Driving Home for Christmas"-Genervten aber wohl einen großen Bogen machen. Der Klassiker ist darin nämlich gleich in zweimal enthalten, in einer neuen und der bekannten, allzu bekannten Fassung.

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