"Kinder im Spitzensport"/"Katarina Witt - Ein Leben mit Sprüngen" - Di. 19.08. - ARTE: 20.15 Uhr

Wenn das Streben nach der Spitze zum Albtraum wird

15.08.2025 von SWYRL/Jasmin Herzog

In zwei Dokumentationen präsentiert ARTE die oft übersehenen Schattenseiten im Leben eines Leistungssportlers: "Kinder im Spitzensport" zeigt, wie schon junge Athleten unter Burnout und körperlichen Schäden leiden, während die Ex-Eiskunstläuferin in "Katarina Witt - Weltstar aus der DDR" die Stasi-Akten aus ihrer Kindheit öffnet.

Mit zwei Olympiasiegen (Sarajewo 1984, Calgary 1988), vier Weltmeisterschaften und sechs Europameistertiteln ist die 1965 in Berlin-Staaken geborene Eiskunstläuferin Katarina Witt eine der erfolgreichsten Athletinnen in ihrer Sportart. Amerikanische Journalisten bezeichneten sie einst als das "schönste Gesicht des Sozialismus". Bis heute will die 59-Jährige ihre ostdeutsche Identität nicht verleugnen, sie steht zu ihrer Vergangenheit, zur Förderung durch die Staatsführung, und sie strahlt zugleich Lebensfreude und westlichen Glamour aus. Sie ist noch heute ein Star im besten Sinne. "Halb wissend, halb naiv, halb nutzend" habe sie ihre Karriere in der DDR durchlebt, sagt Witt in Jobst Knigges Film "Katarina Witt - Weltstar aus der DDR" (MDR) von 2020, der nun unter dem neuen Titel "Katarina Witt - Ein Leben mit Sprüngen" um 21.50 Uhr bei ARTE wiederholt wird.

Erstmals holte Katarina Witt in dem Beitrag 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ihre Stasiakten aus dem Keller - gleich nach ihrer Entdeckung mit sieben Jahren waren die junge Sportlerin und ihre Familie in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) observiert worden. In den Akten wird allerdings nur Gutes aus der Sicht der Überwacher berichtet: Zuverlässigkeit in jeder Hinsicht und keinerlei Kontakte mit "negativen Personen". Zu sehr war Katarina Witt denn auch mit ihrer Sportkarriere beschäftigt, ihrem absoluten Siegeswillen, ihrem Ehrgeiz, der sie antrieb nach der Devise: "entweder du gewinnst oder du stirbst".

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Leistung um jeden Preis?

Welche unvorstellbaren Schäden das Training auf Leistungssportniveau bei minderjährigen Athletinnen und Athleten verursachen kann, zeigt die sehenswerte Dokumentation "Kinder im Spitzensport" von Pierre-Emmanuel Luneau-Daurignac aus dem Jahr 2024, die ARTE um 20.15 Uhr wiederholt. "Mein ganzes Leben war ich im Grunde depressiv", berichtet etwa der ehemalige Fußball-Star Thierry Henry: "Ich wurde auf Erfolg getrimmt. Ich hatte nie ein normales Leben." Ähnlich äußert sich der Schwimm-Profi Michael Phelps: "Ich verbrachte 25, 26 Stunden die Woche im Becken. Ich hatte Depressionen und wollte nicht mehr leben."

Bereits Anfang der 1980er-Jahre äußerten Ärzte zunehmend Bedenken über Entwicklungsstörungen bei Jugendlichen im Leistungssport. Überlange Trainingszeiten, Doping und psychische Demütigungen hinterließen gravierende Spuren. Viele der betroffenen Kinder litten unter zunehmenden Verletzungen, Burnout und Essstörungen, um nur einige der zahlreichen Erkrankungen zu nennen.

Betroffene fordern Veränderungen

Peter Donnelly ist Professor für Sportpsychologie an der Universität von Toronto. Er hat als erster sportwissenschaftliche, medizinische und statistische Studien verknüpft und erkannt, dass das Problem alle Disziplinen betrifft. Er ist überzeugt: "Käme es in irgendeinem anderen Lebensbereich von Kindern zu so vielen Verletzungen, gäbe es längst strafrechtliche Untersuchungen und staatliche Maßnahmen."

Der Dokumentarfilm, der im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2025 in Paris erstausgestrahlt wurde, begleitet betroffene ehemalige Leistungssportlerinnen wie die britische Turnerin Claire Heafford oder die kanadische Synchronschwimmerin Gabrielle Boisvert, die sich mit Zusammenschlüssen und Sammelklagen nun gegen das erlittene Leid wehren und Veränderungen fordern.

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