08.08.2025 von SWYRL/Jens Szameit
Fabian Köster und Markus Söder stecken im Fahrstuhl fest - so will es das Konzept einer neuen "heute-show"-Reihe. Es geht um "Woke-Quatsch", Warschauer Würste und "verspargelte Landschaft". Söder gerät an die Grenzen seiner Rhetorik - aber sein Ego entkommt den Schacht wohl unbeschadet.
Klaustrophobie wäre ein schlechter Begleiter für die wahrscheinlich schönste Talkshow-Innovation seit Kurt Krömers Verhörraum-Zumutung "Chez Krömer". "Next Stop Köster" heißt es ab diesem Freitag im ZDF in einer neuen "heute-show extra"-Reihe. Man darf sich den Titel als Drohung vorstellen. Fabian Köster, gefürchtet für seine Reporterüberfälle auf Amtsträger, drückt im Fahrstuhl den Notaus-Schalter. Dann gibt es kein Entkommen mehr auf wohlwollend geschätzten acht Quadratmetern.
"Ich freu mich, dass wir hier beide feststecken. Wir haben auch viele Gemeinsamkeiten. Wir werden beide zum Beispiel nicht mehr Bundeskanzler." So fangen Gespräche an, für die man seelisch und rhetorisch gewappnet sein sollte. Da besteht bei Markus Söder zumindest in der Eigenwahrnehmung kein Defizit. Fast wundert man sich, dass so viel Selbstvertrauen in einen so kleinen Raum passt. Ob der bayerische Ego-Riese am Ende ein wenig geschrumpft wirkt, mag dann jeder und jede selbst beurteilen.
Fabian Köster lässt wenig unversucht - und kaum ein Thema aus, das man dem bayerischen Ministerpräsidenten unter die Nase reiben könnte. Es bietet sich naturgemäß nicht wenig an. "Wen können sie besser imitieren: Elvis oder einen seriösen Politiker?", greift Köster seinen Gegenüber auf der Populismusflanke an. "Ich glaube, der seriöse Politiker hat mittlerweile Überhand gewonnen", antwortet Söder etwas steif. Den Punkt macht Köster ohne Mühe: "Als Imitat, das wollen wir festhalten."
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
"Das geht ja gar nicht": Söder reagiert pikiert auf Kritik an seinem Warschauer Kniefall
Wenn Markus Söder bei diesem Fahrstuhlverhör ins Straucheln gerät, erwidert er das, was auch sonst immer hilft: Freistaatfolklore. "Wir sind hier im Berliner Fahrstuhl, deswegen geht auch nix. Bayern ist mit Abstand das erfolgreichste Land", tönt der CSU-Chef. Er zählt auf: bestes Startup-Land, sicherstes Land, meiste Technologie, höchste Lebensqualität. Köster droht den Bayern-Superlativ-Counter an, der natürlich sofort eingeblendet wird. Am Ende steht der Zähler auf 24.
Zu Wärmepumpe, Mütterrente und Bürgergeld fetzen sich beide, dass sich die Lift-Drähte biegen. Noch interessanter wird es allerdings bei randständigeren Beobachtungen. "Sie waren in diesem Jahr öfter bei McDonalds als im Landtag". ätzt der "heute-show"-Mann. Söder winkt ab, Köster fasst nach: "Im Bundesrat waren sie nur bei 13 Prozent aller Sitzungen da. Horst Seehofer war noch bei 77 Prozent aller Sitzungen da." - "Dafür war ich, glaub ich, bei allen anderen Veranstaltungen zehnmal mehr", kommt die Replik. Köster pariert: "Ja, im Bierzelt." Schließlich würgt der CSU-Chef das Thema ab: "Wir kommen da jetzt nicht weiter."
Pikiert reagiert der Ministerpräsident, als ihm Köster unterstellt, er habe beim Besuch am Warschauer Ghetto-Denkmal "Willy Brandts Kniefall fast schon parodiert" - nur um kurz später bei Instagram ein Bratwurst-Bild zu posten. "Ich verbeuge mich vor den Opfern, das geht ja gar nicht", findet Söder die Unterstellung daneben. "Man hat das Gefühl, es ist nur eine Showveranstaltung für sie", erwidert der Comedian. "Ich wurde eingeladen auf eine Wurst, die habe ich gegessen - wäre sonst unhöflich gewesen", verteidigt der Politiker die Fotofolge. Köster hat noch einen: "War die Wurst zum Niederknien?" - "Ähm", quält sich Söder. "Die bayerischen sind besser."
Fabian Köster: "Warum darf man keinen Ingwer-Smoothie saufen?"
Völlig absurd gerät dann der Schlagabtausch zum Thema Grünen-Bashing. Eingespielt wird eine Redensequenz vom Politischen Aschermittwoch, bei dem Söder unterstellt hat, die Grünen würden alle "Ingwer-Smoothies saufen".
Söder rechtfertigt sich: "Die Grünen haben vieles ideologisiert, der ganze Woke-Quatsch. Wenn man anderen ständig sagt, wie man zu leben hat, dann antworten halt die anderen."
Köster: "Aber sie sagen den Grünen ja auch, wie sie zu leben haben. Warum darf man keinen Ingwer-Smoothie saufen?"
Söder: "Es ist ein Beleg für ihre Haltung."
Köster: "Was wird damit belegt?"
Söder: "Wie sie halt sind."
Köster: "Dass sie halt Ingwer-Smoothie trinken?"
Söder: "Mögen Sie Ingwer? Ich mag keinen Ingwer."
Köster, prustend: "Und daraus leiten Sie das dann ab?"
Söder: "Die machen ja vieles andere auch noch. Tofu und was weiß ich."
Das muss man sacken lassen.
Markus Söder will "Verspargelung" nie gesagt haben - hat er aber doch
Danach hat es Markus Söder fast geschafft. Kritik an seiner Atomkraft-Expertise muss er noch über sich ergehen lassen ("Haben Sie die technischen Experten erfunden? Liegen die im Bernsteinzimmer?") sowie den Nachweis einer falschen Behauptung im Zusammenhang mit Windkraft. "Das Wort 'Verspargelung' habe ich nie gesagt, stimmt nicht!", empört sich Söder. Blöd, wenn die Redaktion in der Nachbearbeitung gleich zwei Belegstellen dagegenschneiden kann.
Dann aber wird nach 30 herausfordernden Minuten der Fahrstuhl in Gang gesetzt. Die Türen öffnen sich. Der Premieren-Gast bekommt das weiß-blau karierte "Fähnlein im Winde in der Markus-Söder-Edition" überreicht und verspricht, auch weiterhin als "Schutzpatron des erfolgreichen Südens" den Freistaat gegen "alle nörgelnden, schlecht gelaunten und auch bösartigen Journalisten" zu verteidigen.
So unterhaltsam und lehrreich, möchte man entgegnen, war schlechte Laune schon lange nicht mehr.
Das "heute-show extra - Next Stop Köster" mit Markus Söder ist am Freitag, 8. August, 22.30 Uhr, im ZDF zu sehen und schon ab 20 Uhr in der ZDF-Mediathek.