15.08.2025 von SWYRL/Gianluca Reucher
"Ein Top-Spiel zu pfeifen, macht keinen Spaß": In der ARD-Doku-Reihe "Unparteiisch" spricht der Rekord-Schiedsrichter der Bundesliga über den hohen Druck. In exklusiven Spiel-Aufnahmen wird zudem klar: Fairness geht bei ihm im Zweifel vor Regeltreue.
Mit 359 geleiteten Spielen ist Felix Brych der alleinige Rekord-Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga. Mit dem Ende der Saison 2024/25 beendete er seine Karriere schließlich im Alter von 49 Jahren. Jetzt sind in der ARD-Doku-Reihe "Unparteiisch - Deutschlands Elite-Schiedsrichter" (ab sofort in der Mediathek zu finden) ungesehene Aufnahmen von Brych zu sehen. In der zweiten und dritten Folge der neuen Staffel kämpft er sich von einem Kreuzbandriss zurück und bestreitet seine letzte aktive Spielzeit als Schiedsrichter. Dabei überrascht er mit einem Geständnis.
"Ich habe mir einfach angewöhnt, so ein bisschen zu pfeifen auch nach dem Gefühl. So wie auf dem Bolzplatz, ohne dass man an die Regeln denkt. Ist es Hand? Wenn alle auf dem Bolzplatz rufen, es ist Hand, dann ist es Hand", erklärt Felix Brych in der ARD-Doku seine Herangehensweise auf dem Platz, die nicht immer streng dem Regelbuch folgt.
Die Aufnahmen zeigen den Schiedsrichter vor seinem großen Comeback am 14. September 2024 bei dem Spiel von Borussia Mönchengladbach gegen den VfB Stuttgart (1:3). Für Brych ist es nicht nur die erste Bundesliga-Partie nach langer Ausfallzeit wegen eines Kreuzbandrisses, sondern auch das Spiel, mit dem er zum alleinigen Rekord-Schiedsrichter aufsteigt. Kurz vorher spricht er offen über den enormen Druck.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Felix Brych: "Ich habe keinen Spaß an der Macht, sondern sie belastet mich eher"
Überraschend erklärt Felix Brych in der ARD-Doku: "So ein Top-Spiel zu pfeifen, macht jetzt nicht Spaß." Er führt aus: "Ich habe keine Angst, aber ich spüre den Druck. Weil ich mit jedem Pfiff eben diese Macht, die mir die Regeln geben, missbrauchen kann - und das möchte ich eben nicht. Aber ich habe keinen Spaß an der Macht, sondern sie belastet mich eher."
"Ich bin froh, wenn ich die Macht am Ende loslassen kann und dafür gesorgt habe, dass beide Mannschaften korrekt behandelt worden sind", sagt der Rekord-Mann offen über den Druck für ihn als Unparteiischer. Einen genauen Einblick in seine Arbeit liefert die ARD-Doku mit bisher ungezeigten Aufnahmen zum Spiel zwischen Gladbach und Stuttgart mit Felix Brych im Fokus.
Auf den exklusiven Aufnahmen ist zu sehen, wie Brych noch während der Partie eine Fehlentscheidung eingesteht. "Ja okay, hätte ich pfeifen sollen", gibt er nach einer nicht geahndeten Umklammerung zu und entschuldigt sich beim gefoulten Stuttgarter Angelo Stiller: "Ich habe es nicht gesehen, tut mir leid. [...] War Foul, sorry. [...] Ich schwöre es dir, nächstes Mal pfeife ich es." Umgekehrt lässt Brych dann auch ein Foul am Gladbacher Kevin Stöger laufen. Er erklärt ihm: "Kevin, ich habe eben auch beim Stiller nicht gepfiffen. [...] es tut mir leid." Und: "Es geht weiter, komm'. So schlimm war es auch nicht. Aber du hast recht."
Brych konfrontiert seine Assistenten: "Das seht ihr besser als ich"
Vor den ARD-Kameras führt Brych noch mal aus: "Ich habe dann innerhalb von fünf Minuten auf beiden Seiten irgendwo einen Fehler gemacht, aber das hat sich dann wieder ausgeglichen, und ich habe das auch beiden so erklärt, und damit haben sie auch irgendwie akzeptiert, dass ich hier fair sein will. Ich will gerecht sein, ich will die Kontrolle auch behalten." In der Kabine ist zu sehen, wie sich Brych wegen der Fehlentscheidungen über seine Assistenten ärgert: "Es gibt die eine Situation, da brauche ich euch. (...) Das seht ihr besser als ich."
Am Ende ist es bei seinem Rekord-Spiel sicherlich nicht der souveränste Auftritt von Felix Brych gewesen - doch angestoßen wird natürlich trotzdem. Der sonst als eher kühl angesehene Schiedsrichter bekennt, emotionaler geworden zu sein. Darüber sei er froh, gesteht Brych, aber: "Dadurch bin ich auch einen Tick verletzlicher." Er weiß, dass schon ein Pfiff eine ganze Stadt oder sogar eine ganze Nation gegen ihn aufbringen kann, weshalb er sich auf seine Einsätze immer "körperlich und vor allem mental extrem vorbereitet". Am 17. Mai 2025 pfiff er mit der Partie FC Augsburg gegen 1. FC Union Berlin (1:2) sein letztes Bundesliga-Spiel.