14.08.2025 von SWYRL/Wilfried Geldner
Wim Wenders feiert 80. Geburtstag. ARTE widmet dem Regisseur im August einen Schwerpunkt mit mehreren seiner Filme. Im Porträt "Wim Wenders: Der ewig Suchende" zeichnet Marcel Wehn ein weitgehend kommentarloses, informatives Bild des renommierten Regisseurs.
Mit mehreren seiner Filme in Mediathek und Hauptprogramm ehrt der Kulturkanal ARTE den renommierten deutschen Regisseur Wim Wenders, der am 14. August sein 80. Lebensjahr vollendet. Am Montag, 18. August, läuft am späten Abend das Porträt "Wim Wenders: Der ewig Suchende". Wenders reflektiert im Film von von Marcel Wehn viel und sehr genau über seine Auffassung vom Kino und über seine unkonventionelle Arbeitsweise. Klar zum Vorschein kommt, dass für ihn fertige Drehbücher der Tod des Kinos sind - womöglich in zehnfacher Ausfertigung, wobei der Regisseur beim Dreh dann nur noch nacherzählen kann.
Nach einem gespielten Schluckauf berichtet Wenders in der Berliner Staatsbibliothek, einem der Drehorte seines Films "Der Himmel über Berlin", über seine Anfänge. Wie er nach Paris ging, um dort Maler zu werden und vor der Kälte in der Studentenbude Zuflucht in der Cinémathèque française fand, um jährlich 1.000 Filme seiner berühmten Vorgänger zu sehen. So richtig von der Kinolust gepackt wurde er allerdings erst am Schneidetisch im ersten Jahrgang an der Münchner HFF, als er Musik zum Kurzfilm mischte: "Das war's, dafür lohnt es sich zu leben!", so erinnert er sich. Seine ersten Filme seien dann allerdings "geklaut" gewesen, hätten heftige Zweifel in ihm geweckt. Erst mit "Alice in den Städten", der Geschichte eines Mannes, der über Amerika schreiben soll und doch nichts hinkriegt als die eigene Einsamkeit und Entfremdung von der Welt, kam 1974 mehr Zufriedenheit.
Die Ideen entstanden am Set und beim Dreh, zuvor gab es eine halbe Seite als Vorgabe, wie auch beim Roadmovie "Im Lauf der Zeit" von 1975, einer Reise entlang der innerdeutschen Grenze, bei der das Kinosterben in der Provinz Thema war. Wahrhaftigkeit, spontanes Empfinden statt vorgefertigter Texte, sollten zu Wenders' Markenzeichen werden.
Das Genrekino kam dazwischen. Mit Dennis Hopper drehte er 1977 den Krimi "Der amerikanische Freund" nach einer Vorlage von Patricia Highsmith. Die darauf folgende Einladung nach Hollywood ging schief, Wenders scheiterte mit dem Thriller "Hammet" und sah ein, "dass es nichts für mich war mit dem amerikanischen Studiosystem".
Ein Glück für Wenders: Zwei Jahre später drehte er seinen wohl bekanntesten Film, "Paris, Texas" mit Harry Dean Stanton und Nastassja Kinski. Die Szene, in der Stanton als Vater seine Ex-Geliebte, die Mutter seines Sohnes in einer Peepshow wiedertrifft, ist berühmt geworden. ARTE zeigt den Film um 20.15 Uhr am selben Abend. Ein "ganz loses Gefüge von Geschichten" habe es auch hier gegeben, alles konnte verändert werden, es gab ein Vorantasten mit den Schauspielern bis zum Schluss, berichtet der Regisseur. Ein gewinnbringendes Happyend zu dritt verweigerte Wenders den Produzenten, er hätte es als "unwahr" oder gar "verlogen" empfunden.
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"Der Himmel über Berlin"
In jeder Hinsicht rührend: "Der Himmel über Berlin" (1987) ein weiteres Meisterwerk in Farbe und Schwarzweiß mit den Engeln Bruno Ganz und Otto Sander, die unsichtbar den menschlichen Gedanken lauschen. Ganz zu schweigen von der hier zementierten Geschichte Berlins und des Potsdamer Platzes, über den Curt Bois im Film sagt: "Das kann er nicht sein. Man trifft keinen Menschen."
"Wenn ein Plot kommt und treibt, dann schwimmen mir alle Felle weg", sagt Wenders. Deswegen habe er nicht zuletzt so viele Dokumentarfilme gemacht. Zumeist steht die Bewunderung der Porträtierten und deren Kunst über allem - machmal so sehr, dass es Wenders, wie bei Pina Bausch, zu Tränen treibt. "Wenn Regeln und Geschichten rein kommen, dann bin ich verloren", gesteht der nunmehr 80-Jährige ein. Sein größtes Problem sei im Übrigen stets, sich von Erfolgen zu erholen. Soll heißen, wieder offen für Neues zu sein. "Es gibt nichts Deprimierenderes, als nichts mehr dazulernen zu müssen." Und merke auch: "Der Film ist größer als du!"
ARTE zeigt im Anschluss, um 23.30 Uhr, die nicht minder aufschlussreiche Dokumentation "Nastassja Kinski - Geschichte einer Befreiung".