30.09.2025 von SWYRL/Julian Weinberger
Zwischen Tinder, Ordnungsamt und offener Beziehung: In "Alphamännchen" hat es keiner so schwer wie die vier männlichen Protagonisten. Ihnen auf der Suche nach Männlichkeit - oder ihrem Bild davon - zuzusehen, macht im deutschen Netflix-Original jede Menge Spaß.
Schon 1984 sang Herbert Grönemeyer: "Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich." Passend zur damaligen Debatte über das Männerbild der BRD arbeitete sich der Musiker teils ironisch an stereotypisch zugeschriebenen maskulinen Attributen ab, um im Refrain in der eingängig besungenen Frage zu kulminieren: "Wann ist ein Mann ein Mann?" Seither mögen über 40 Jahre und eine Menge gesellschaftlicher Diskurse ins Land gezogen sein, an Aktualität hat Grönemeyers Frage dennoch nicht verloren. Einen augenzwinkernden Beitrag zur Debatte trägt nun Netflix mit der deutschen Comedy-Serie "Alphamännchen" (ab 2. Oktober) bei.
Schon die Verniedlichung der eigentlich vor Kraft und Testosteron strotzenden Zuschreibung im Titel deutet an: Eine philosophische Abhandlung oder eine doppelbödige Analyse von Männlichkeit braucht man von der zehnteiligen Produktion nicht erwarten. Macht aber nichts! Denn auch, wenn nicht jeder Witz zündet, macht es vor dem Bildschirm reichlich Spaß, den kurzweiligen Episoden des Männerquartetts um Cem (Serkan Kaya), Ulf (Tom Beck), Andi (Moritz Führmann) und Erik (David Rott) beizuwohnen.
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Macho Ulf träumt von CEO-Posten - und wird dann durch junge Frau ersetzt
Jedem der vier "Alphamännchen" machen kleinere und größere Probleme zu schaffen. Ulf etwa weckt sich morgens zwar mit einer aufpeitschenden Ohrfeige selbst auf und träumt von der Beförderung zum CEO eines Männermagazins: "Ein Leader zu sein, ist was Großes." Dann aber landet er auf dem harten Boden der Tatsachen: Sein Chef will "frischen Wind" in der Führung - und zieht dem altgedienten Macho Ulf eine aufstrebende Jung-Journalistin vor. Erzürnt kündigt Ulf prompt seinen Job: "Ich meine, wie alt ist sie denn? Und sie ist eine Frau?"
Ordnungsamtsmitarbeiter Andi hingegen kauft zwar willfährig Buchweizen und Vollkorntoast, schläft beim von seiner Frau forcierten Schäferstündchen aber einfach ein. "Das Intimste, was wir zusammen machen, ist die Steuererklärung", beklagt die. Doch die eingerostete Beziehung auf Vordermann zu bringen, erweist sich als gar nicht einmal zu leicht - und wird begleitet von herrlich skurrilen Episoden (Stichwort: Elternsprechtag).
Beim Thema Frauen läuft's auch bei Cem eher schlecht als recht. Sowohl seine Ex-Frau als auch seine pubertierende Tochter sehen den sensiblen Therapeuten als "gottlosen Lappen". Auch deshalb nimmt Letztere das Liebesglück ihres Vaters selbst in die Hand - und erstellt ihm ein Tinder-Profil. Schürzenjäger Erik (David Rott), der letzte der Männerclique, will sich dagegen nach wilden Jahren endlich zur Ruhe setzen. Just am Abend, an dem er um die Hand von Freundin Kim (Marleen Lohse) anhalten will, überrascht die ihn aber mit einem Geständnis: Sie will die Beziehung öffnen.
Netflix-Serie "Alphamännchen" adaptiert spanischen Publikums-Hit
Um Ulf nach seinem Ausraster in der Berufswelt zu rehabilitieren und auch, um an den eigenen Problemen zu arbeiten, beschließen die vier Männer schließlich, an einem Kurs zur Dekonstruktion männlicher Stereotype teilzunehmen. Dort erhoffen sie sich am Ende eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Belohnung. Doch geschenkt gibt es für Ulf, Cem, Andi und Erik dort nichts ...
"Alphamännchen" adaptiert das spanische Netflix-Original "Machos Alfa". Ganze 13 Wochen hielt sich die kurzweilige Comedy dort in den Serien-Top-10 des Streamers. Ähnliches dürften sich auch die Macher der deutschen Variante um die Regisseure Jan-Martin Scharf ("Tatort", "Barbaren") und Tobi Baumann ("Faking Hitler", "791 Kilometer") wünschen.
Wer sich eine politisch korrekte Analyse oder eine schonungslose Aufarbeitung des Patriarchats wünscht, sollte lieber auf dokumentarische Formate denn auf die Comedy in "Alphamännchen" setzen. Wer dem sympathischen Chaosquartett der Netflix-Serie aber die Fußballkabine als Ort unverhohlener Ehrlichkeit vergönnt und trotz des ein oder anderen Tritts ins Fettnäpfchen mit ihnen leidet, wird seine Freude an "Alphamännchen" haben. Oder wie schon Herbert Grönemeyer wusste: "Männer haben's schwer, nehmen's leicht, außen hart und innen ganz weich."