Im Haus meiner Eltern - Mo. 04.08. - ZDF: 00.05 Uhr

Wenn die Stille unerträglich wird

02.08.2025 von SWYRL/Paula Oferath

Mit "Im Haus meiner Eltern" liefert Regisseur Tim Ellrich ein leises Familiendrama, das sich den komplexen Dynamiken rund um Pflege, Schuld und psychische Krankheit widmet.

Das Familiendrama "Im Haus meiner Eltern" erzählt die Geschichte von Holle (Jenny Schily), einer spirituellen Heilerin, die sich liebevoll um ihre betagten Eltern Elisabeth (Ursula Werner) und Thomas (Manfred Zapatka) kümmert. Ihre Berufung und auch sie selbst werden von ihrem Umfeld kaum ernst genommen: zu leise, zu anders, zu wenig greifbar. Es ist der zweite Film der "Shooting Stars - Junges Kino im Zweiten"-Reihe, die diesmal weibliche Charaktere in den Fokus rückt. Regie führte Tim Ellrich.

Als Mutter Elisabeth nach einem Unfall ins Krankenhaus muss, stellt sich eine Frage, die lange verdrängt wurde: Wer kümmert sich jetzt um Sven (Jens Brock), Holles psychisch kranken Bruder, der noch immer im Elternhaus lebt? Sven leidet an Schizophrenie. Der Alltag mit ihm ist konfliktreich, oft unberechenbar. Auch Holles Geschwister Frauke (Kirsten Block) und Niels (Peter Schneider) halten Abstand. Nicht nur zu Sven, sondern auch zu allem, was mit dem Elternhaus verbunden ist.

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Schwar-Weiß-Film um den Blick zu schärfen?

Holle bleibt zurück. Allein mit ihrer Fürsorge, ihren Zweifeln und ihren stillen Ängsten. Schon zu Beginn des Films wird eine Leiche aus dem Fenster getragen. Ein klares Signal, dass hier keine versöhnliche Auflösung wartet. Doch nicht Dramatik oder Spannung im klassischen Sinn steht im Zentrum, sondern eine stille, innere Tragödie. Erzählt wird von der Vereinsamung einer Frau, die sich zwischen Liebe, Pflicht und Selbstaufgabe verliert.

Besonders auffällig ist die Entscheidung, den Film in Schwarz-Weiß zu drehen. Vielleicht, um den Blick zu schärfen für das, was wirklich entscheidend ist. Vielleicht, um Kontraste zu betonen, wo es keine klaren Gegensätze gibt. Vielleicht, weil das Grau, das Holles Leben durchzieht, in Farbe gar nicht darstellbar wäre. Die Farblosigkeit schafft Distanz und erschwert die emotionale Annäherung an das Drama. Sie spiegelt aber zugleich Holles inneren Zustand wider.

Auf Musik wird vollständig verzichtet. Stattdessen rücken unangenehme Geräusche in den Vordergrund: das leise Ticken einer Uhr, das Knacken beim Kauen, das Atmen in einem stillen Raum. Jede Kleinigkeit wirkt intensiv, manchmal beklemmend. Die Stille selbst wird zum Klang, zur Atmosphäre. Und sie zeigt, wie laut ein schweigendes Haus sein kann.

Gedreht im Elternhaus des Regisseurs

Regisseur Tim Ellrich hat die Geschichte aus einem sehr persönlichen Erleben heraus entwickelt. "'Im Haus meiner Eltern' basiert auf meiner eigenen Familie und dem Leben meines schizophrenen Onkels, der bis zu seinem Tod bei meinen Großeltern auf dem Dachboden lebte", lässt er wissen. "Er verweigerte jede Behandlung und brachte meine Familie dazu, sich an ihn anzupassen, anstatt irgendetwas zu ändern. Als meine Großeltern älter wurden, wurde die Frage unausweichlich, wer seine Pflege irgendwann übernehmen würde. Meine Mutter, eine von vier Geschwistern, wurde nach und nach in diese Verantwortung hineingezogen, obwohl sie dies nicht wollte. Die Geschichte konzentriert sich sozusagen auf die 'gesunden' Familienmitglieder, die mit einem psychisch kranken Verwandten konfrontiert sind, den sie nie vollständig verstehen können." Gedreht wurde im Elternhaus des Regisseurs selbst. Produziert wurde der Film von Tanja Georgieva-Waldhauer, Jan Krüger und Leopold Pape.

Der Film wirft existenzielle Fragen auf: Muss man seine Familie lieben? Muss man sich kümmern, auch wenn man nicht mehr kann? Und wie viel Verantwortung kann man tragen, ohne daran zu zerbrechen? "Im Haus meiner Eltern" gibt keine Antworten auf die Fragen, aber er bleibt nachdrücklich im Kopf.

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