16.07.2025 von SWYRL/Eric Leimann
2001 wurde Zoran Đinđić zum Ministerpräsidenten Serbiens gewählt, gut zwei Jahre später haben ihn Attentäter ermordet. Der achtteilige Politthriller "Das Attentat - Geheimoperation Belgrad" arbeitet die Hintergründe des Verbrechens auf - und taucht tief in die komplexe Geschichte des Landes ein.
Anfang der 90er-Jahre löste sich mit dem Fall des Eisernen Vorgangs ein osteuropäischer Staat namens Jugoslawien auf. Ein Land, ein Vielvölkerstaat, der erst nach dem Ersten Weltkrieg im Zuge der Auflösung Österreich-Ungarns entstanden war. Wer damals von Deutschland aus zuschaute - bei Bürgerkriegen und abscheulichen Völkermorden - und nicht so tief drin war in der Materie, dem schienen die Grausamkeiten dort unverständlich. Bis heute ist vielen Europäern die jüngere Geschichte der Region ziemlich fremd, sodass die achtteilige Serie "Das Attentat - Geheimoperation Belgrad" nicht nur ein starker Politthriller ist, sondern eben auch eine spannende Geschichtsstunde darstellt.
Erzählt wird von Zoran Đinđić (Dragan Mićanović), der 2001 Ministerpräsident Serbiens wird. Gut zwei Jahre später kommt er durch Kugeln von Attentätern auf offener Straße ums Leben. Mit Zeitsprüngen in die Vergangenheit zeigt die Serie, wie es dazu gekommen sein könnte. Man verfolgt die Arbeit und das Privatleben von Đinđić und anderen Politikern, folgt aber auch Polizeiermittlern und Journalisten wie der jungen, alleinerziehenden Danica (Milica Gojković). Sie arbeitet ebenfalls an der Aufklärung des Verbrechens. Lässt sich der serbische Sumpf aus Intrigen und alten Seilschaften trocken legen? Die ersten vier Episoden füllen den linearen ARTE-Abend bis 1.10 Uhr. Die restlichen Folgen fünf bis acht laufen am Donnerstag, 31. Juli, ab 21.40 Uhr. In der ARTE-Mediathek sind alle Episoden ein Jahr lang seit 17. Juli verfügbar.
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"Brutales Land" Ex-Jugoslawien?
Die Serie beginnt mit der friedlichen Machtübernahme nach einer Wahl - die eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber hier erst mal auf der Kippe steht. Militärs und Paramilitärs könnten etwas gegen den demokratischen Wandel haben. Bei den Präsidentschaftswahlen am 24. September 2000 wurde Vojislav Koštunica zum jugoslawischen Präsidenten gewählt. Der vorherige Machthaber Milošević hatte sich zunächst zum Wahlsieger erklärt, musste aber nach mehrtägigen Streiks, Demonstrationen der Demokratischen Opposition Serbiens (DOS) und der Besetzung des Parlaments am 5. Oktober schließlich seine Niederlage eingestehen.
Im Januar 2001 wurde dann Zoran Đinđić zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Eine Entscheidung, die unter anderem dazu führte, dass Slobodan Milošević am 29. Juni 2001 an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag ausgeliefert wurde. Aufklärer und Demokrat Đinđić hatte dennoch einen schweren Stand in seinem Land, das von Korruption, Militärs und Paramilitär, mafiösen Strukturen und anderen alten Seilschaften auf dem Weg zu einer modernen Demokratie gehindert wurde. Gleichzeitig blickte man vom Ausland, vor allem der Europäischen Union aus, skeptisch auf alle Vorgänge im "brutalen Land" Ex-Jugoslawien.
Bundeskanzler Gerhard Schröder ist in der Serie dabei
Drehbuch, Schauspiel und Look besitzen hier durchaus den Standard anderer internationaler Qualitätsserien. Entstanden ist "Das Attentat" als Co-Produktion Serbiens, Bulgariens und Deutschlands. Über knapp acht Stunden nimmt sich die Serie Zeit, die komplexen Vorgänge jener Jahre spannend aufzubereiten. Dabei kommen auch andere politische Personen außerhalb Serbiens ins Spiel. Sogar der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder lädt Zoran Đinđić in einer Szene zum intimen Hinterzimmergespräch ein.
Wer sich auf den ruhigen Erzählfluss des historischen Thrillerstücks von Regisseur und Co-Autor Goran Stanković einlässt, wird es nicht bereuen. Selten waren Geschichtsstunden so spannend und lehrreich. Am Ende hört man eine flammende Rede des echten Zoran Đinđić - ein brillantes Stück Rhetorik und Zeugnis von Veränderungswillen zum Guten hin. Wie tragisch, dass der Mann seine Ideen nicht mehr umsetzen konnte.