17.07.2025 von SWYRL
In einem Podcast spricht Andreas Gabalier über den "Hakenkreuz-Streit" und weitere Vorwürfe, die sein Weltbild betreffen. Seine Gesprächspartnerin kommt am Ende zu einem zwiespältigen Fazit. Der Sänger selbst empfiehlt den vierteiligen Beitrag uneingeschränkt.
So ausführlich und zumindest im Vorsatz unvoreingenommen wie dieser Podcast hat sich vermutlich noch kein mediales Angebot mit dem Phänomen Andreas Gabalier auseinandergesetzt - und mit dem Menschen dahinter. In vier Folgen versucht die BR-Produktion "Gabalier - Hinter der Lederhose" dem kontrovers diskutierten "Alpen-Elvis" näherzukommen. Dabei geht es auch um Eklats aus 15 Karriere-Jahren sowie das viel interpretierte Weltbild des Sängers aus der Steiermark.
Kernstück des Podcasts ist ein dreistündiges Interview, dem sich Gabalier in Ellmau am Wilden Kaiser stellte und das in Auszügen in Folge 4 zu hören ist. Seine Gesprächspartnerin, Carrie Kremer, die sich als früherer Gabalier-Fan outet, konfrontiert den 40-jährigen Sänger mit einer langen Liste an Skandalen und Vorwürfen. Etwa mit dem Cover des Erfolgsalbums "Volks-Rock'n'Roller" (2011). Der Musiker posiert hierauf in einer eigenwilligen Körperhaltung, die gemäß einer "Bild"-Schlagzeile noch Jahre später einen "Hakenkreuz-Streit um Gabalier" entfachte.
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"Es ist bösartig, man will gar keine Aufklärung"
"Es ist ja damals durch die größte Plattenfirma der Welt gegangen, durch den Grafiker, durch den Fotografen, durchs Team, Management, Promoter, da hat sich niemand was dabei gedacht", widerspricht Gabalier im Interview der verbreiteten Deutung, er habe beim Foto-Shooting ein Nazi-Symbol dargestellt. Auf die Kritik habe er nach ein oder zwei Jahren nichts mehr gesagt, weil er bemerkt habe: "Es ist bösartig, man will gar keine Aufklärung, man will dieses Bild haben." Deshalb habe er "aufgehört, sich für etwas zu rechtfertigen, was ich nicht verbrochen habe".
Seine Darstellung bestätigt im Podcast der Fotograf Michael Mey, der für das damalige Shooting gebucht war. "Das war eine situative Hampelmann-Nummer", beteuert er. "Keiner hat sich hingestellt und gesagt: 'Jetzt malen wir ein Motiv auf und das fotografieren wir ab.'"
Angesprochen auf Liedtexte voller alter Rollenklischees überrascht Gabalier mit der Erklärung, es handle sich um "Lieder, die eine riesengroße Portion Selbstironie, Augenzwinkern und Cabaret beinhalten". "Ich habe das Gefühl, dass du Frauen eher als Püppchen darstellst, und damit fühle ich mich nicht wohl", wendet die BR-Podcasterin ein. Gabalier: "Das ist Musik, Unterhaltung. (...) Wir tun hoffentlich niemandem weh damit, aber anscheinend schon."
Regenbogen-Song war der "größte Flop meiner Laufbahn"
Interessant sind die Ausführungen zum Regenbogen-Song "Liebeleben", in dem Gabalier auch die gleichgeschlechtliche Liebe feiert. Der Song sei der "größte Flop meiner Laufbahn" gewesen, "weil das niemand hören wollte". Umgekehrt hätten ihm Kritiker die tolerante Haltung nicht abgekauft. Daran habe er erkannt: Auch bei denen, die sich selbst als tolerant sehen, sei der "Horizont so groß wie das eigene Weltbild und keinen Schritt aus der Bubble hinaus". Gabalier: "Damit habe ich's dann aufgegeben und gesagt: Man bedient seine Bubble und muss nicht jedem gefallen, und das versuch ich seitdem auch nicht mehr."
Über den berühmten Streit mit Conchita Wurst bei den Amadeus Austrian Music Awards 2015 sagt Gabalier heute: "Wir haben damals ein Bier zu viel gehabt." Vor zehn Jahren hatte Gabalier in seiner Dankesrede süffisant darauf angespielt, dass er in einigen Kategorien der frisch gebackenen ESC-Siegerin unterlegen war: "Man hat's nicht leicht auf dieser Welt, wenn man als Manderl noch auf a Weiberl steht" - und wurde daraufhin im Saal ausgebuht.
Seine Botschaft sei damals gewesen: "Es wäre schön, wenn Leistung auch ein bisschen zählen würde." Schließlich habe er in jenem Jahr deutlich mehr Platten als die neue Queer-Ikone Conchita Wurst verkauft. Homophobie dürfe man aus seinem Spruch hingegen nicht herauslesen: Er habe "drei schwule Pärchen in meinem Bekanntenkreis, mit denen ich das ganze Jahr einen sehr, sehr lieben Draht habe".
Andreas Gabalier empfielt den Podcast: "Klarheit im Tiefgang"
Zur Sprache kommen im Podcast auch weitere heikle Themen wie angebliche Verbindungen zu Vertretern der rechtspopulistischen FPÖ (Gabalier: "Das sind uraltnachbarschaftliche Freundschaften. Ende."). Das Resümee von Podcasterin Carrie Kremer fällt zuletzt "total zwiegespalten" aus. Angesichts der vielen medialen Vorwürfe tue der Sänger ihr "leid, weil er ein echt okayer Kerl ist". Andererseits beklagt sie seine Opfer-Haltung und ein Reden "um den heißen Brei": Der Volksmusik-Star komme "nicht zum Punkt und will auch keine klaren Aussagen, und das stört mich extrem".
Wer sich ein eigenes Bild machen möchte: Alle vier Folgen von "Gabalier - Hinter der Lederhose" sind in der ARD-Audiothek abrufbar. Der "Hulapalu"-Interpret ruft aktuell höchstselbst über den "ARD-Schlagerwelt"-Account bei Instagram auf, den Beitrag anzuhören. Er empfahl ihn all jenen, "die nicht in drei Sekunden über eine Headline swipen und sich ein Bild über Öffentlichkeitsmenschen machen wollen, sondern lieber Klarheit im Tiefgang erfahren".