Poolgeschichten - Der Traum vom kühlen Nass - Do. 10.07. - ARTE: 20.15 Uhr

Von Zweck und Nutzen des Beckens im Hinterhof

06.07.2025 von SWYRL/Hans Czerny

Alles über Bad und Pool in einem Film versammelt, Länder und Historie übergreifend. Eine kleine Kulturgeschichte von Freiburg und Neukölln bis Santa Monica und Hollywood.

Einst war der Traum vom kühlen Nass auch ein Albtraum. Wer ins Wasser ging, erschien selbstmordgefährdet. Dabei hatten schon die alten Römer gut und gerne in ihren Thermalbädern gebadet. Doch dann ging irgendwann im Mittelalter, eigentlich ja auch nicht gerade prüde, der gute Ruf des Badebeckens verloren. Das kühle Nass wurde zur Brutstätte "sündhafter Nacktheit" erklärt. So beschrieben in der höchst unterhaltsamen und durchaus auch informativen Doku von Gregor Streiber und Uta Meyer-Boblan (ZDF, ORF und ARTE).

Die über allem stehende Frage lautet: "Hat der private Pool zu Zeiten des Klimawandels noch eine Zukunft?" Sie bleibt angesichts solch ausführlich dargebotener Kulturhistorie lange ungeklärt - und letztlich offen. Umweltexperten, wie der Herr vom Helmholtz-Institut oder gar die amerikanische Gräfin Montague(!), die in England einen Naturteich züchtet und einen beängstigenden Schwarm um sich strampelnder Frösche (Kröten?) mittels Eimer in einen Sonderteich verfrachtet, raten zum naturbelassenen Becken. Kies und Gräser sind als Filter statt Chlor und energieraubender Umwälzanlagen angesagt.

Entgegen der Erotik des Pools als "drittem Schauspieler" in "Swimming Pool" mit Romy und Alain Delon, schimpft ein amerikanischer Architekt, der es wissen muss, wie ein Rohrspatz auf die Langweiligkeit viereckiger Pools ("Very, very boaring!") und legt derweil Naturteiche mit Wasserfall und Kiesfilter an. So was muss sich einer allerdings erst mal leisten können. Der Traum von Freiheit, Reichtum und Individualität mit dem Pool im eigenen Garten hat sich jedenfalls merklich gewandelt. Selbst die mit geschmackvollem Protz hingestellten Villen der alten Hollywood-Stars von Frank Sinatra bis Ava Gardner in Palm Springs haben heutzutage etwas Rührendes: den Charme der Vergänglichkeit. Der Stoff, aus dem die Vintage-Träume sind.

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Wozu das Becken im Garten, wenn es doch öffentliche Bäder gibt?

Während in Kalifornien die Kids in den wegen Wassermangels aufgelassenen und dem Verfall preisgegebenen Becken fröhlich skaten, werden in deutschen Reihenhäusern noch immer fleißig bewegliche Pools zum Zeichen des Wohlstands aufgestellt - bei Drohnenflügen mit der Kamera ein rührendes Bild, das mit den blauen Becken in amerikanischen Reihensiedlungen schwerlich mithalten kann. Aber auch hier trifft es einmal mehr die Kleinen: Wozu das Becken im Garten, wenn es doch öffentliche Bäder gibt, fragt der Experte vom Helmholtz-Institut ob des zunehmenden Wassermangels besorgt.

Bis dorthin wird man auf eine lange Bäderkunde mitgenommen: erstes Badeschiff in der Seine, Paris, 1761. Es wurde bald danach vervollkommnet, mit beheizten Kabinen für Damen und Herren mit Einstiegsöffnungen zum Nass. Das Seineschiff entwickelte sich zu einem Hotspot des Sehens und Gesehenwerdens bis tief ins 20. Jahrhundert hinein, bis es irgendwann abhandenkam. Im England des 19. Jahrhunderts badete man in öffentlichen Bädern getrennt nach Klassen und war dabei um die Hygiene der Arbeiterschaft des Industriezeitalters besorgt. Deutsche Architekten wiederum wurden im frühen 20. Jahrhundert bei den neu entdeckten antiken Bädern fündig und bauten respektable Hallenpaläste nach.

Zwischen so viel Poolgeschichte kommt das Atmosphärische - Sommer, Hitze, Lärm und Action - etwas zu kurz. Fräulein Mara Lichtblau muss das mit ihrer unter der Bademütze vorgetragenen Hymne auf das Freiburger Lorettobad von 1846, das hier als ältestes Freibad Deutschlands gepriesen wird, ganz alleine tragen. Sind die Dokumentaristen etwa wasserscheu?

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