04.11.2025 von SWYRL/Eric Leimann
Im neuen "Tatort: Mike & Nisha" mit Odenthal (Ulrike Folkerts) und Stern (Lisa Bitter) gesteht ein junges Paar den Eltern Heiratspläne und Schwangerschaft. Ein Streit eskaliert, die Älteren werden getötet. Kann das verliebte Paar alle Spuren verwischen, trotz der höllisch aufmerksamen Nachbarschaft?
Zu Beginn eines neuen Falles aus Ludwigshafen, dem "Tatort: Mike & Nisha" mit Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter), lernt man ein süßes junges Paar kennen. Die Mittzwanziger Mike ("Tschappel"-Star Jeremias Meyer mit Bob Dylan-Gedächtnisfrisur) und Nisha (Amina Merai) sind schwer verliebt. Sie wollen heiraten. Bevor Mikes Eltern in den Campingurlaub aufbrechen, ist ein kurzes Kennenlernen geplant. Das gut gemeinte Treffen mit den schwierigen Eltern (Bruno Cathomas und Judith Hofmann) des Bräutigams in spe eskaliert, als diese erfahren, dass man heiraten will und ein Kind unterwegs ist. Vor allem Vater Gustav ist außer sich und tobt vor Wut. Im Streit erschlagen die jungen Liebenden Mikes Eltern. Der spießigen Nachbarschaft mit Einfamilienhäusern und Gärten fällt der hohe Lärmpegel vor der nachfolgenden Totenstille allerdings auf.
Gerlinde Wagner (Anna Stieblich), die im Haus gegenüber ihre Mutter pflegt und dabei schon mal Alkohol zur Unterstützung anwendet, und Erwin Ramthor (Wolf Bachofner), ein weiterer Nachbar, verstehen sich nicht allzu gut. Wenn allerdings mit den Schaubs - Mikes Eltern - plötzlich die Nachbarn verschwinden, siegen Neugier und eine fast schon kranke Form des Zusammenhalts. Frau Wagner informiert die Polizei, Herr Ramthor sammelt Beweise und beobachtet. Mike und Nisha müssen den Tatort reinigen und Leichen entsorgen. Offiziell sind Mikes Eltern tatsächlich in den Campingurlaub abgereist. Kommt das sympathische, aber durch tragische Umstände und hoch fliegende Emotionen zu Mördern gewordene Paar mit seinem Plan durch? Oder siegt die Nachbarschaft aus der Hölle samt dem Ludwigshafener Ermittlerinnen-Team?
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Zuschauer-Sympathien tendenziell bei den Tätern?
Die Grundidee des in sommerlich satten Farben gedrehten Falles ist ziemlich gut. Mike und Nisha sind ein wenig unbeholfen. Dazu emotional ein wenig labil und allzu feurig, aber alles andere als unsympathisch. Die beiden lieben sich aufrichtig und wollen gemeinsam durchs Leben gehen. Wäre da nicht die ältere Generation aus Eltern und Nachbarn, die sich in Sachen Garstigkeit überbieten - und allesamt extrem unglücklich wirken.
Im "Tatort"-Debüt der Schauspielerin und Drehbuchautorin Annette Lober (39) dürften die Zuschauer-Sympathien bei den Tätern liegen, auch wenn deren Verbrechen irritierend drastisch, brutal und blutig in Szene gesetzt wird. Doch selbst die Kommissarinnen sind genervt von den "helfenden" Nachbar-Ermittlern. Unterstützt werden Odenthal und Stern von ihren neuen Assistenten Nico Langenkamp (Johannes Scheidweiler) und Mara Hermann (Davina Chanel Fox), die in dieser Folge viel Screentime bekommen.
Wie in Krimis des Subgenres "How to get away with murder" üblich, zieht sich die Schlinge der Enttarnung und Überführung immer enger um die Täter. Dabei sorgen einige Twists für Überraschungen in einem Plot, der am Ende fast ein bisschen zu dick aufträgt. Und mit einer Endszene irritiert, deren Inszenierung durch das Auslassen wichtiger Bilder fragwürdig erscheint. So bleibt festzuhalten: Hälfte eins dieses Krimis ist der klar stärkere, wozu vor allem das angenehm unprätentiöse Spiel von Jungstar Jeremias Meyer ("Tschappel", "Der Greif") beiträgt. Auch die noch eher unbekannte Amina Meran macht ihre Sache gut, auch wenn die emotionalen Ausbrüche ihrer Figur nicht immer ganz logisch erscheinen, ist Nisha in anderen Szene doch durchaus eine Strategin mit rhetorischem Geschick.
Inspiration durch wahre Fälle junger Elternmörder
Ein bisschen erinnert der "Tatort" aus Ludwigshafen an andere junge Mörderpaar-Balladen wie David Lynchs "Wild at Heart" oder - deutlich aktueller - Ryan Murphys zweite Netflix-Erzählung "Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez", in der ein erwachsenes Geschwisterpaar zu Mördern ihrer Eltern wird - bekanntlich eine wahre Geschichte. Was all diese Erzählungen gemeinsam haben: Man schwankt bei Ansicht der jungen Mörder zwischen Entsetzen und Mitgefühl, Ekel und Verständnis.
Eine für Zuschauende durchaus ambivalente Erfahrung, weil man sich entscheiden muss, ob man letzten Endes hofft, dass die Täter in diesem Krimi (Regie: Didi Danquart) davonkommen oder gefasst werden. Autorin Annette Lober hat sich bei der Vorbereitung ihres Drehbuchs tatsächlich vor allem für wahre Geschichten interessiert, die so ähnlich wie jene von Mike und Nisha sind. Zu ihrem Film schreibt sie: "Es gab Fälle, in denen ich von Adoleszenten las, die ihre Eltern mithilfe von Freunden umbrachten. Neben der Erschütterung kam die Frage kam auf: Was muss passieren, damit jemand am Anfang seines Lebens zu solchen Mitteln schreitet?"



