01.06.2025 von SWYRL/Eric Leimann
Peter Faber (Jörg Hartmann) und seine Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) bekommen es im "Tatort: Feuer" mit einem häuslichen Gewalttäter zu tun. Dessen Frau ist bei einem Hausbrand gestorben, zwei Kinder reagieren unterschiedlich auf den Verlust. Herzog ermittelt "undercover" im Frauenhaus.
Wer im Fernsehen gerne unangenehmen Typen zuschaut, das soll es ja geben, ist beim "Tatort: Feuer" aus Dortmund richtig. Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) hat es im Fall eines Hausbrandes mit Todesfolge mit einem maximal unempathischen Angehörigen zu tun. Jens Hielschers (Sebastian Zimmler) Frau ist an einer Rauchvergiftung verstorben. Den Witwer scheint es kaum zu stören. Er arbeitet als Spediteur - vor allem nachts. Da es in der Ehe zwischen der Toten Meike Gebken (in Rückblenden: Nadja Becker) und ihm wohl nicht so gut lief, hat Herr Hielscher mal wieder in den Räumlichkeiten seiner Firma gepennt. Dort wird er nach nur kurzem Schlaf von den Dortmunder Ermittlern geweckt. Faber findet mit Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Chefin Ira Klasnić (Alessija Lause) heraus, dass zum Haushalt auch zwei Kinder gehörten. Der halbwüchsige Finn (Caspar Hoffmann), der nur selten zu Hause war und sich offenbar irgendwo versteckt hält, stammt aus einer früheren Beziehung der Toten.
Dann ist da noch die kleine Zoe (Tesla Tekin). Sie hat den Tod der Mutter vom Garten aus erlebt - konnte ihre Mama aber nur noch "schlafend" im rauchenden Haus finden. Zoe wird von den Polizisten und in einer Einrichtung betreut, doch ihr Vater will das kleine Mädchen umgehend zu sich holen. Faber und Co. ist bei der Übergabe des Kindes an Hielscher nicht ganz wohl zumute, doch noch scheint die Beziehung Zoes zu ihrem zu Gewaltausbrüchen neigenden Vater in Ordnung zu sein. Unterstützt von Neuermittler Otto Pössgen (Malick Bauer), den man aus der letzten Dortmund-Folge "Abstellgleis" kennt, versuchen die Kriminaler herauszufinden, was passiert ist. Sie erfahren, dass Meike Gebken nicht mehr ständig im gemeinsamen Haus der Patchwork-Familie lebte, sondern immer wieder im Frauenhaus untergekommen war. Dort lässt sich Rosa Herzog "undercover" einschleusen, um mehr über die Tote herauszufinden.
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Ein Frauenhaus und seine Geschichten
Für den gerne "larger than life" daherkommenden Dortmunder "Tatort", ist "Feuer" eine geradezu leise Folge. Ein Krimi, dessen 90 Minuten sich sogar deutlich länger anfühlen können, sollte man mit dem zurückhaltenden Geschehen wenig anfangen können. Klar ist von Anfang an: Jens Hielscher ist ein Täter, auch wenn er vielleicht nicht "der" Täter ist. Ein toxischer, schlagender Mann mit viel Gewalthistorie: Drehbuchautor Markus Busch, der so großartige "Tatort"-Folgen wie "Die Kalten und die Toten" (Berlin) oder den Kieler Gewalt-Exzess "Borowski und das Fest des Nordens" schrieb, widmet sich hier detailliert und manchmal fast quälend lang dem häuslichen Gewaltthema.
In ruhigen Verhören und Dialogen geht es um Fragen wie: Warum ist es für die Opfer so schwer, aus dem toxischen Verhältnis auszubrechen? Welche geheime Macht haben die Täter über die Opfer? Und: Wie kompliziert und belastet sind die Beziehungen Angehöriger oder Freunden zu Opfern und Tätern in von Gewalt betroffenen Familien?
In Szene gesetzt hat den Film Nana Neul, übrigens Ehefrau des Schwarzwälder "Tatort"-Stars Hans-Jochen Wagner. Von Neul (51) lief eine Woche vorm "Tatort: Feuer" noch ein zweiter, gänzlich anderer Film in der ZDF-Primetime: die Tragikomödie "Familie is nich" mit Meret Becker als kratzbürstige Beziehungsverächterin auf dem platten Brandenburger Land. Neuls "Tatort"-Debüt lebt vom ruhigen Ausloten seines Themas wie zum Beispiel den Geschichten, die Rosa Herzog im Frauenhaus erfährt: warum man sich trennte - und dann doch wieder zurückging. Oder was das tägliche Leid, das oft jahrelange Martyrium, mit dem eigenen Selbstbild macht. Rosa Herzog, und das spielt Stefanie Reinsperger gut, wird von Gewissensbissen gepeinigt, weil sie ausgerechnet an einem Ort der Offenheit und des Schutzes mit einer Lügengeschichte Einlass erhielt.
Bösewicht von berühmtem Hamburger Theater
Ohne schlechtes Gewissen und dennoch vielfältig böse schimmernd ist der Berliner Schauspieler Sebastian Zimmler in der Rolle des schlagenden Mannes. Hamburger Theatergänger kennen den 44-Jährigen aus dem Ensemble des ortsansässigen Thalia-Theaters. Im "Tatort: Feuer" ist Zimmler der Mann, den man kollektiv hassen darf und der trotzdem kein Abziehbild des Bösen ist. Das muss man schauspielerisch erst mal schaffen.
In einem Frauenhaus-Dialog zwischen Rosa Herzog und einem Gewaltopfer vergleicht jene Frau die bewusst nüchtern gezeichnete Einrichtung mit dem Fegefeuer. Herzog vermutet, dass dies daran läge, dass man einerseits geschockt vom Erlebten sei, aber andererseits auch froh darüber, sich in Sicherheit zu befinden. Doch Rosas Gesprächspartnerin meinte es anders. Für sie fühlt sich das Frauenhaus wie ein Fegefeuer an, weil man darin nicht weiß, wie es weitergeht. Es ist eine Durchgangsstation des Lebens - und auch damit muss man klarkommen.