22.07.2025 von SWYRL/Paula Oferath
"Monster im Kopf", der Auftaktfilm der diesjährigen "Shooting Stars - Junges Kino im Zweiten"-Reihe, stellt sich entschieden gegen stereotype Rollenerwartungen. Mit Wucht, Präzision und einer Hauptfigur, die sich jeder Einordnung verweigert.
Eine Frau muss nicht leise sein. Sie muss nicht zart sein. Und sie muss schon gar nicht immer die Kontrolle über sich behalten. "Monster im Kopf" (Dienstag, 29. Juli, 23.15 Uhr, im ZDF oder bereits ab Dienstag, 22. Juli, im ZDF-Streaming verfügbar), der Auftaktfilm der diesjährigen "Shooting Stars - Junges Kino im Zweiten"-Reihe, stellt sich entschieden gegen stereotype Rollenerwartungen - mit Wucht, Präzision und einer Hauptfigur, die sich jeder Einordnung verweigert.
Bei "Shooting Stars" handelt es sich um eine Reihe des ZDF, die junges Kino unter dem Qualitätssiegel "Das kleine Fernsehspiel" präsentiert. Im Fokus stehen neue Talente und Themen, die vor allem junge Menschen bewegen. Die anderen Spielfilme tragen den Titel "Im Haus meiner Eltern", "Alle die du bist", "Was du von mir sehen kannst" und "Mels Block".
Bereits zum 13. Mal präsentiert "Das kleine Fernsehspiel" Filme, mit einer besonderen Thematik. Dieses Mal geht es um Produktionen, die die weiblichen Hauptfiguren in den Mittelpunkt rücken. Erzählt werden Geschichten von Wut, Scheitern und Überforderung, im Fokus stehen Frauen, die nicht gefallen wollen. Christina Ebelts Film "Monster im Kopf" lässt keinen Zweifel an der Haltung dieser Reihe. Produziert wurde der Film von der 2Pilots Filmproduktion in Koproduktion mit dem ZDF und in Zusammenarbeit mit ARTE.
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Worum geht es?
Franziska Hartmann spielt Sandra Jacubi - eine Frau, die mit ihrer Aggression kämpft, oft verliert und deren Leben davon bestimmt wird. Die Kamera trifft sie im Gefängnis, hochschwanger. Von dort aus entfaltet das Drama ein Porträt, das die Gewalt nicht entschuldigt, aber versucht, sie einzuordnen.
Wie gelangt eine schwangere Frau in den Knast? Die toxische Beziehung zu ihrem Partner Miki (Slavko Popadić), die Überforderung mit der Pflege ihrer Mutter Brigitte (Martina Eitner-Acheampong) und der permanente Kampf mit sich selbst führen zu einem Alltag, in dem die Eskalation nie weit entfernt ist.
Regisseurin Christina Ebelt und Schauspielstar Franziska Hartmann arbeiteten bereits bei dem Drama "Sterne über uns" (2019) zusammen. In dem Film spielte Hartmann eine Frau, die ihren Job und ihre Wohnung verliert und gemeinsam mit ihrem Sohn Ben auf der Straße leben muss. Und auch diesmal zahlt sich das Vertrauensverhältnis zwischen Regie und Schauspiel aus. Hartmanns Spiel ist intensiv, körperlich und eindringlich.
Für die Rolle der Sandra wurde die 41-Jährige mit dem Deutschen Schauspielpreis 2024 in der Kategorie Dramatische Hauptrolle ausgezeichnet. Ganz zu Recht: Ihre Sandra ist keine Figur, der man sich leicht nähern kann, aber gerade diese Distanz macht die emotionale Wirkung des Films aus. Ihre Körpersprache, der Ausdruck im Blick, das drohende Innehalten vor dem Ausbruch, all das erzeugt eine konstante Spannung, die unter die Haut geht. Man ertappt sich dabei, den Blick vom Bildschirm abwenden zu wollen - aus Furcht, Sandra direkt in die Augen zu sehen. Was passiert, wenn man es doch wagt? Es ist eine leise Angst, die die Figur umgibt. Eine Angst, die sich vielleicht bei manch einem Zuschauer im Verlauf des Films in ein vorsichtiges Verständnis verwandeln wird.
Emotional fordernd
Die Kamera bleibt dicht an der Figur, ohne aufdringlich zu wirken. Sie begleitet, statt zu kommentieren. Große Perspektivwechsel oder abrupte Schnitte bleiben aus. Der ruhige Rhythmus steht im Kontrast zur inneren Unruhe der Hauptfigur. Der Fokus ist konsequent auf das psychologische Geschehen gerichtet.
"Monster im Kopf" verzichtet auf eine erklärende Dramaturgie. Selbst Musik bleibt in dem 95-minütigen Drama weitgehend aus. Leere, Stille, Körpersprache - daraus entsteht ein Spannungsfeld, das emotional fordernd ist: Der Zuschauer wird hier nicht zum Richter über die Figur gemacht, sondern zum stillen Beobachter einer inneren Zerrissenheit, die irgendwann auch nachvollziehbar erscheint. Die Gewalt bleibt erschreckend, aber nicht mehr fremd. Diese Ambivalenz macht "Monster im Kopf" zu einem ungeheuer intensiven Erlebnis. Der Film liefert keine Antworten, stellt aber die richtigen Fragen: Was bedeutet Selbstkontrolle, wenn die Umstände sie dauerhaft untergraben? Wie viel Wut ist erlaubt? Und wann beginnt Verständnis?