27.06.2025 von SWYRL
Charlie Cale (Natasha Lyonne) zieht in der klugen Detektiv-Comedyserie "Poker Face" bei Sky wieder durch die amerikanische Provinz, in "Heads of State" (Prime Video) versuchen zwei ungleiche Staatschefs die Welt zu retten. Welche Streaming-Highlights die kommende Woche noch bereithält, verrät die Übersicht.
Als im April 2023 die erste Staffel von "Poker Face" bei Sky und Wow startete, fielen - eher älteren - Rezensenten der US-Detektivkomödie eine Menge Referenzprodukte ein: "Columbo" natürlich, "Detektiv Rockford" oder auch "Mord ist ihr Hobby". Natasha Lyonne spielt in "Poker Face" den menschlichen Lügendetektor Charlie Cale: Während sie sich auf der Dauerflucht vor Gangstern mit McJobs in der amerikanischen Provinz über Wasser hält, trifft sie auch im Arbeitsalltag der zweiten Staffel auf vertrackte Kriminalfälle. Was die Streamer in den nächsten Tagen noch zu bieten haben, erfahren Sie in der Übersicht.
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"Poker Face - Staffel zwei" - WOW
Zwölf neue Folgen "Poker Face", erdacht von "Knives Out"-Mastermind Rian Johnson, gibt es ab Mittwoch, 2. Juli, bei Sky und WOW immer mittwochs in Doppelfolgen. Zahlreiche Gaststars wie Giancarlo Esposito, Katie Holmes, Kumail Nanjiani, John Cho oder Lili Taylor sind auch diesmal wieder dabei. Dabei ist das Prinzip der Serie stets gleich: Pro Episode wird man in ein obskures, meist in der amerikanischen Provinz beheimatetes Setting geworfen.
Selten spielen die Geschichten bei ganz normalen Leute, sondern in einem nerdigen Umfeld: am Filmset in der gruseligen Familienvilla eines Bestatters oder im Leben eines an den realen Joe Exotic erinnernden Florida-Cops und Influencers mit Vorliebe für große Alligatoren. Normal ist hier nichts - ebenso wie Amerika ja auch irgendwie nicht mehr normal ist. Die in der Serie auftretenden Charaktere mögen mit schrullig noch nett beschrieben sein. Im Prinzip trifft die bodenständige Alltags-Philosophin Charlie (Natasha Lyonne), die wie ein Automat ausgesprochene Lügen erkennen kann, auf einen Querschnitt des irre gewordenen Trash-Amerikas: Waffennarren, Drogensüchtige, Ausgegrenzte oder anderweitig zutiefst gedemütigte Menschen. Die reagieren in ihrem Frust aufs Leben öfter mal mit einem Mordplan.
Wie früher beim guten alten Inspektor Columbo sieht man zu Beginn einer jeden Folge erst mal Täter, Opfer und Tat. Erst nach zehn oder auch mal 15 Minuten kommt - meist über Charlies neue Jobs - die "Bullshit"-Detektivin ins Spiel. Das Schimpfwort kommt Natasha Lyonnes in Staffel eins mit einer Emmy- und einer Golden-Globe-Nominierung belohnten Rolle immer dann über die Lippen, wenn sie Zeugin einer Lüge wird. Wer Rian Johnsons Filme "Knives Out" oder "Glass Onion" kennt, die immer ein bisschen wirken, als hätte sie sich Agatha Christie auf Speed erdacht, wird auch "Poker Face" mögen. Wobei wie schon in Staffel eins manche Folgen geradezu genial und andere nur "ganz nett" geraten sind.
"Heads of State" - Prime Video
Die amerikanisch-britische Allianz steht, auch wenn sich Premier Sam Clarke (Idris Elba) und US-Präsident Will Derringer (John Cena) zu Beginn der Action-Komödie "Heads of State" (ab Mittwoch, 2. Juli, Prime Video) nicht besonders gut leiden können. Natürlich gehört dies zur Buddy-Komödie dazu, an deren Hochzeit in den 90-ern das mit furiosen Action-Ideen und reichlich Wortwitz gesegnete Amazon-Produkt anknüpft. Wo kein Konflikt, da keine Buddy-Komödie! Der schwarze Premier Clarke, Typ ernsthafter Politiker, hat sich von einem Wohnblock bis ins höchste Amt des Staates gearbeitet. Politisch hat er allerdings gerade einen schweren Stand. Ganz anders der mit enormen Zustimmungswerten frisch ins Amt gewählte US-Präsident Derringer.
Der Mann ist ein ewig gut gelaunter ehemaliger Hollywood-Actionstar. Weil der frühere Wrestler John Cena ("Fast & Furious") dem jüngeren Arnold Schwarzenegger ähnlich sieht, passt diese Besetzung ebenso perfekt wie die des charismatischen Idris Elba als schlecht gelaunter Premier. Die Begegnung der beiden Staatsoberhäupter beim Besuch der US-Delegation in London läuft ein wenig aus dem Ruder. Deshalb möchten die PR-Strategen der Politiker, dass die beiden Heads of State gemeinsam in der Air Force One zum Nato-Gipfel ins italienische Triest fliegen. Ein russischer Superschurke (Paddy Considine) hat für diesen Trip jedoch einen perfiden Plan.
Der Bösewicht von James Bondschem Weltherrschaftsformat will die westlichen Demokratien und die NATO entzweien: mithilfe von Cyberattacken, großkalibrigen Waffen und polyvalenten Superkämpfern. Gemeinsam mit der britischen MI6-Agentin Noel Bisset (Priyanka Chopra Jonas) begeben sich die Action-Politiker auf eine irre Flucht durch Europa, um doch noch ihren Nato-Gipfel und die Welt zu retten. Das Drehbuch von Josh Appelbaum, André Nemec und Harrison Query ist ebenso hanebüchen wie seine die Gesetze der Physik maximal ausdehnende Inszenierung von Regisseur Ilya Naishuller ("Nobody"). Dennoch macht der Film ungeheuer viel Spaß.
"Long Bright River" - Magenta TV
Mickey Fitzpatrick (Amanda Seyfried) ist Polizistin in Kensington. Das Viertel Pennsylvanias zählt zu den gefährlichsten Drogenvierteln der USA. Für die junge Frau in der Thriller-Serie "Long Bright River" (acht Folgen, ab Donnerstag, 3. Juli, bei Magenta TV) ist es jedoch in erster Linie ihr Zuhause. "Ich bin hier aufgewachsen", erklärt sie ihrem Kollegen Truman Dawes (Nicholas Pinnock): "Ich ging in die Grundschule am anderen Ende der Straße, genau wie viele der Mädchen, die heute auf der Straße arbeiten."
Zu diesen Frauen gehört auch Mickeys Schwester Kacey (Ashleigh Cummings). Wie viele andere in dem Viertel leidet auch sie unter Drogenproblemen. Als binnen einer Woche drei Frauen unter mysteriösen Umständen sterben, ist Mickey alarmiert: Sie ist fest davon überzeugt, dass sie ermordet wurden. Dann verschwindet Kacey spurlos und Mickey fürchtet im Gegensatz zu ihrem Großvater (John Doman), dass ihre Schwester ebenfalls dem Mörder zum Opfer fallen könnte. Kann sie das Schlimmste noch rechtzeitig verhindern? "Long Bright River" ist eine Thrillerserie, die auf dem gleichnamigen Kriminalroman von Liz Moore basiert. Die Dreharbeiten fanden im März 2024 in New York statt.
"The Narrow Road to the Deep North" - WOW
Geschichten über "Heldentum und Kameradschaft", das sei es, was die Menschen vom Krieg hören wollen. Die aber kann und will Veteran Dorrigo Evans (Ciarán Hinds) Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs dem Publikum nicht liefern. Er erzählt lieber über die Wahrheit, und die ist in der fünfteiligen Miniserie "The Narrow Road To The Deep North", ab 1. Juli bei Sky und WOW zu sehen, grausam. Gleichzeitig ist die Adaption des mit dem Man-Booker-Preis ausgezeichneten gleichnamigen Romans des australischen Autors Richard Flanagan eine differenzierte, komplexe Betrachtung menschlichen Verhaltens - in besseren wie in schlechten Zeiten.
Keine Glorifizierung, keine Helden, keine einfache Einteilung in Gut und Böse: Der Krieg ist erbarmungslos in vielen Facetten, trotzdem lässt Regisseur Justin Kurzel viel Platz für Menschlichkeit in allen künstlerischen und leidenschaftlichen Ausdrucksformen. Die Story verwebt drei Zeitebenen miteinander: 1940 hat Dorrigo (bravourös gespielt von Senkrechtstarter Jacob Elordi) eine leidenschaftliche Affäre mit der Frau seines Onkels. Drei Jahre später muss er als japanischer Kriegsgefangener im Dschungel die berüchtigte Thailand-Burma-Eisenbahn bauen. 1989 versucht er als wohlhabender Chirurg (nun gespielt von Ciarán Hinds) in einem Buch zu verarbeiten, was er vor Jahrzehnten erlebt und erlitten hat.
Die Erinnerung an die "schmerzhafte und seltsame Unendlichkeit des Menschen" wird Dorrigo nie mehr loslassen. Aber sie besteht in der in allen Belangen meisterlich inszenierten Romanverfilmung nicht nur aus Leid und Qual, sondern auch aus großartigen Ideen, aus Verstand, Mut und Herz. Soviel, wie "The Narrow Road To The Deep North" über den Krieg erzählt, soviel erzählt die Miniserie auch über die Liebe.