Tatort: Angst im Dunkeln - So. 29.06. - ARD: 20.15 Uhr

Die Klaviere Schwachhausens

24.06.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Die Bremer Ermittlerinnen Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Selb (Luise Wolfram) suchen im "Tatort: Angst im Dunkeln" von 2024 nach Indizien im Wald. Drei Freundinnen und Mütter haben sich für ein "Mikroabenteuer" dort aussetzen lassen. Doch nur zwei kehren zurück. Was ist passiert?

Auch ein deutscher Stadtstaaten-Krimi kann im Wald spielen. So wie der Bremer "Tatort: Angst im Dunkeln" von 2024 mit den Ermittlerinnen Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Selb (Luise Wolfram). Wobei die titelgebende Dunkelheit noch nicht mal das Hauptproblem der drei Freundinnen ist, die sich zwecks "Mikrorabenteuer" und Survival-Erlebnis von ihren Teenagerkindern in einem großen Wald aussetzen lassen. Viola Klemm (Sophie Lutz), Ayla Ömer (Pegah Ferydoni) und Marlene Seifert (Inez Bjørg David) kennen sich schon ewig. Mittlerweile leben die Frauen Anfang 40 mit ihren Familien im gutbürgerlichen Bremer Stadtteil Schwachhausen Tür an Tür. Gleich zu Beginn erfahren wir, dass eine der Frauen, die selbstbewusste Marlene, den Trip nicht überlebte.

Moormann und Selb müssen herausfinden, wie sie gestorben ist und wer, sofern es ein Mord war, dafür verantwortlich sein könnte. Offenbar gab es Spannungen unter den Frauen. Im Wald hatten sie mit Hitze, Wassermangel, Krankheit und Verletzungen zu kämpfen, das erfahren die Zuschauer in Rückblenden.

Gleichzeitig wollen die Kommissarinnen durch ihre Ermittlungen in den schmucken Stadthäusern der Hinterbliebenen herausfinden, wer hier welches Süppchen kochte. Linda Selb hat noch einen anderen Verdacht, den sie hartnäckig verfolgt. Die Frauen fanden bereits vor dem Tod Marlenes Fotos auf ihren Handys, die ein Unbekannter von ihnen schlafend im Zelt gemacht hatte. Für ein ähnliches Grusel-Szenario sorgte im Bremer Wald vor Jahren bereits der mysteriöse "Handy-Mann", hinter dem Linda Werner B. (Alexander Wüst) vermutet. Damals verschwand eine Frau, die Marlene sehr ähnlich sah. Hat der "Handy-Mann" beide auf dem Gewissen?

Die deutsch-amerikanische Kamerafrau Leah Striker (Deutscher Fernsehpreis 2021 für "Unbroken") durfte mit dem fünften Bremer Fall mit Moormann und Selb ihre erste Regiearbeit vorlegen. Sie entstand nach einem Drehbuch von Kirsten Peters ("Spy/Master"). In Sachen Personal ist es ein sehr weiblicher "Tatort". Einer, der zudem mit einem cleveren Trick aufwartet: Man weiß von Anfang an, wen es erwischt hat, doch das "Wie" ist die große Frage. Parallel zu den Ermittlungen wird chronologisch der aus dem Ruder laufende Wald-Trip der Freundinnen gezeigt, welcher gegen Ende der 90 Minuten immer dichter an den Todesmoment Marlenes heranrückt.

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Echte Tante spielt die Kommissarinnen-Tante

Die Grundidee des Films ist ziemlich gut. Nicht nur, weil das Trendthema "Survival" in einen Krimi verpackt wird. Auch das Durchleuchten gutbürgerlicher, scheinbar glücklich-liberaler Familienensembles brachte zuletzt einige starke deutsche Miniserien hervor. Das Grimme-Preis-gekrönte ZDF-Werk "Neuland" war die wohl beste unter ihnen. Auch "Tatort: Angst im Dunkeln" legt die "ach so entspannte" bürgerliche Mitte Deutschlands unters Fiction-Mikroskop: die dominante, auch verletzend nassforsche Marlene mit Tochter Lily (Lucy Gartner) und Mann Klaus (Henning Baum), Ärztin Ayla mit ihrem Gastro-Unternehmer-Mann Emre (Özgür Karadeniz) und Sohn Deniz (Joel Akgün). Schließlich die zurückhaltende Viola, die mit ihrem Mann Mirko (Matthias Lier) und den beiden Kindern (Carl Bagnar, Marie Becker) zwar unter einem Dach lebt, aber offiziell getrennt ist.

Überall, so stellt es die aus prekären Verhältnissen stammende Kommissarin Moormann mit geballter Faust fest, steht in diesen schicken Schwachhausener Stadtvillen ein Klavier herum. Als die bekanntlich zum Einzelgängertum neigende Kollegin Selb in der Ermittlungs-Nachbarschaft ihrer Tante Johanna Selb (Claudia Geisler-Bading, übrigens die echte Tante von Schauspielerin Luise Wolfram) aufgegriffen wird, kommt heraus: Auch Linda Selb ist in diesen gutbürgerlichen Verhältnissen ein paar Jahre lang groß geworden. Was ihr heute aber, wie alles Nahe und Private, sichtbar unangenehm erscheint.

Ein "3 vs Wild-Tatort" aus Bremen?

Doch wie ist er nun geworden, der "3 vs Wild"-"Tatort" aus Bremen? Auch wenn die starke Grundidee für Spannung sorgt, ein wenig mehr Finesse hätte dem Drehbuch gutgetan. Was die Lebenssorgen der Schwachhausener Besserverdienenden betrifft, wirkt das Beziehungsmodell der drei Familien ein wenig konstruiert. Zudem über 90 Minuten ein wenig gehetzt erzählt. Und im Wald? Da hätte man sich irgendwie mehr "Kante" gewünscht. Im sommerlichen deutschen Grün wirken die Eskalationsstufen der verirrten Freundinnen - die dann doch Mobiltelefone, wenn auch mit vielen Funklöchern mit sich tragen - nicht bedrohlich genug. An die Wucht von John Boormans "Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972, mit Burt Reynolds), dem vielleicht besten bedrohlichen Survivaltrip der Filmgeschichte, kommt der Bremer "Tatort" jedenfalls nicht heran.

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