"Der Tiger"

Ein deutscher Panzer als Hauptdarsteller

12.09.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Dennis Gansels Kriegsfilm "Der Tiger" schickt die fünfköpfige Besatzung eines deutschen Panzers hinter die feindlichen Linien der Ostfront. Dabei erzählt das Weltkriegs-Drama, das später im Jahr bei Amazon Prime auftauchen wird, von einer Reise ins Herz der Finsternis.

Es ist ein Film ganz ohne Frauen, zumindest in Sprechrollen. Der von Dennis Gansel geschriebene und inszenierte Film "Der Tiger" (Kinostart: 18. September) ist insofern konsequent, als dass weibliches Personal in der Tat an der deutschen Ostfront des Jahres 1943 wortwörtliche Mangelware darstellte. Erzählt wird von der fünfköpfigen Besatzung eines deutschen Tiger-Panzers unter dem Kommando von Philip Gerkens (David Schütter).

Die Wehrmacht befindet sich längst auf dem Rückzug, als jene Soldaten und ihr Tiger bei der Verteidigung einer Brücke zu Helden werden. Als Dank gibt es für die arg runtergerockten Soldaten nicht etwa Urlaub, sondern einen Spezialauftrag hinter den feindlichen Linien. In einem undefinierten Niemandsland zwischen deutschem und sowjetisch kontrolliertem Gebiet sollen Gerkens und seine Männer, gespielt von Laurence Rupp, Leonard Kunz, Sebastian Urzendowsky und Yoran Leicher, einen verschollenen deutschen Offizier und seine Einheit finden.

Dennis Gansels Action-Drama, das faszinierenderweise auch als Kammerspiel in und ein bisschen um den Panzer herum funktioniert, schafft es, Kriegsgerät zum eigentlichen Hauptdarsteller des Films zu machen. Im röchelnden Stahlungetüm, das sogar tauchen kann, fühlen sich die Soldaten auf Himmelfahrtskommando sicher - oder besser gesagt: Der Tiger ist ihre letzte Aktie im Kampf gegen den Tod. Entsprechend zärtlich geht man mit der eigenen Schutzhülle um. Die Suche nach dem verschollenen Offizier dürfte vom ersten Klassiker der Kinogeschichte inspiriert sein, in dem die Genres Krieg und Mystery zusammenkamen. Der von Marlon Brando gespielte Colonel Kurtz aus Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" lässt freundlich grüßen.

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Bezüge zu "Apocalypse Now"

Als Action-Kammerspiel mit verzweifeltem, teils von Methamphetamin gepushtem Soldaten-Ensemble funktioniert der Film durchaus, auch wenn das Ende ein wenig holzschnittartig und erwartbar gerät. Was in Zeiten neuer Kriegstüchtigkeit und Wehrdienstdebatte ebenfalls interessiert, ist die Frage danach, ob "Der Tiger" ein Film ist, der über den Panzer als Hauptdarsteller vor dem Wahnsinn des Krieges warnt. Klar, es gibt es viel Leid und Verzweiflung unter den Männern dieses Krieges. Auch Szenen wie jene, in denen ein Offizier Panzerführer Gerkens zubellt, das Reich habe einen so großen Appetit auf Tod entwickelt, dass man derart viel Munition gar nicht herstellen könne. In einer anderen Szene metzeln Wehrmacht-Soldaten ein Dorf nieder. Als Rache dafür, dass man dort Partisanen Unterschlupf gewährt habe. Diese und wenige andere Szenen dieser Art werden eingestreut und wirken apokalyptisch genug, dass nicht zu viel Landser-Feeling aufkommt.

Dennis Gansels ("Die Welle") Action-Mystery-Drama ist der erste deutsche Amazon-Film mit eigenem Kinostart. Er pendelt zwischen Kriegshorror, Gefechtsspannung und Waffenlust. Wie könnte es auch anders sein, wenn der Held ein Panzer ist, der sich aus allerlei misslichen wie ausweglosen Lagen befreit.

Jeder Anti-Kriegsfilm muss erst mal ein guter Kriegsfilm sein, lautet eine Erkenntnis der Filmkritik nach jahrzehntelanger Erfahrung mit dem Genre. Sprich: Der Krieg muss technisch, handwerklich überzeugend in Szene gesetzt sein, um - auch als abschreckende Welt - überzeugen zu können. "Der Tiger" ist ein gutes Beispiel dafür. Der erste deutsche Amazon-Film ist ein solides Kriegsdrama, ist aber kein zweites "Im Westen nichts Neues"-Meisterwerk. Eher eine solide Arbeit zwischen Action und Ambition, die den vietnamesischen Dschungel aus "Apocalypse Now" in Sachen Albtraumland durch ukrainische Wälder und Steppen ersetzt.

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