"Verschwörungen - Die Wahrheit der Anderen"

Zwischen Freimaurern und Illuminaten: ZDFinfo-Doku zeigt Fakt und Fiktion von Verschwörungserzählungen

23.07.2023 von SWYRL/Marina Birner

Die Angst vor der "Neuen Weltordnung", der Versklavung der Menschen und der im Hintergrund agierenden "korrupten Elite": Was treibt Menschen zu derartigem Glauben? In der vierten Folge der ZDF-Reihe ordnen Journalisten und Experten Fakt und Fiktion ein.

"Schiebt Euch die neue Weltordnung in den A**, wir sind 99 Prozent", singt Darren Smith voller Inbrunst und zupft dabei energisch auf seiner Gitarre. Der Protestsänger lebt auf der Farm eines Freundes außerhalb von Manchester, hält die Erde für flach, die Anschläge vom 11. September für erfunden und Impfungen sowieso für überflüssig. All das sind typische Merkmale eines Verschwörungstheoretikers. Er glaubt - wie viele Gleichgesinnte auch - dass im Hintergrund eine korrupte Elite, bestehend aus ein Prozent der Weltbevölkerung, regiere. Diese Elite wolle die Meinungsfreiheit abschaffen sowie die Menschen kontrollieren, täuschen, verdummen und versklaven. "Wir drucken die unzensierte Wahrheit", sagt Smith über seine eigene Zeitung "The Light". "Wir recherchieren unsere Artikel selbst und geben den Menschen eine andere Perspektive auf die Welt." Eine zweifelhafte Recherche, da Unterschiede zwischen angeblichen Fakten und Meinungen kaum mehr zu erkennen sind ...

Was treibt Verschwörungstheoretiker an? Wie verbreitet und gefährlich sind solche Hirngespinste wirklich? Auf diese Fragen versucht Filmemacher Tom Erhardt in der neuen, vierten Folge "Geheimbünde, Illuminaten und Neue Weltordnung" (ab 26. Juli auch in der Mediathek und Freitag, 4. August, 20.15 Uhr) der ZDFinfo-Reihe "Verschwörungen - Die Wahrheit der Anderen" Antworten zu finden.

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Unsicherheit kann zu Verschwörungsglauben führen

"Die Attraktivität von Verschwörungsideologien scheint ungebrochen", erklärt Executive Producer Alexander Landsberger: "In einer Welt voller Unsicherheit suchen viele Menschen nach einfachen Antworten auf komplexe gesellschaftliche und politische Herausforderungen". Er weiß: "Das überwältigende Gefühl der Ohnmacht lässt manche für Verschwörungserzählungen anfällig werden, da diese auf den ersten Blick simple Antworten auf komplexe Probleme bieten."

Aber es braucht nicht immer einen Auslöser wie eine Katastrophe, einen Krieg oder eine Pandemie. Häufig summieren sich mehrere Unzufriedenheiten. Sobald sich zusätzlich extremistische Gruppen einklinken, rückt die Ablehnung von Migration und Globalisierung schnell in den Mittelpunkt. Daraus entsteht dann der Aktivismus gegen die angebliche "Neue Weltordnung".

Ein beliebtes Werkzeug: das Internet. Vor allem auf Social-Media-Plattformen wie TikTok wird Unruhe gestiftet, werden Zweifel geschürt. Auch in der Unterhaltungsindustrie lassen Verschwörungstheoretiker Köpfe rollen - natürlich nur im übertragenen Sinne: Ist Lady Gaga wirklich eine menschenfressende Sadistin? Filmemacher Erhardt geht den kuriosesten Fällen nach - und deckt eine toxische Mischung aus Fakten und Meinungen, Beweisen und Behauptungen auf.

Das Ziel der "bösen Elite": Die "neue Weltordnung"

"Die Menschen neigen seit jeher dazu, an Geheimgesellschaften zu glauben. Das geht bis auf die Illuminaten zurück", erklärt Will Sommer, Journalist bei "Daily Beast". "Man kann die Welt in einem neuen Licht sehen", weiß er die Intention der Beteiligten einzuschätzen. Es gebe einem eine Art Perspektive und ein Ziel. "Man führt kein normales Leben mehr, sondern ist Soldat und kämpft um Leben und Tod".

Schließlich haben Verschwörungstheorien laut zahlreichen psychologischen Studien oft auch eine utopisch-optimistische Dimension: Theoretisch bestehe immer die Möglichkeit, Geheimbünde zu zerschlagen und Verschwörungen aufzudecken. "Die Grenzen zwischen Fiktion, Satire und Parodie sind bei Verschwörungstheorien fließend", stellt der Wissenschaftsjournalist David Robert Grimes fest: "Sie hören etwas, das vielleicht fiktiv oder ein Mythos ist, aber es wird trotzdem zu ihrer Geschichte, weil es zu dem passt, was sie bereits glauben." Es gehe nicht darum, Fakten zu finden. Es gehe darum, eine Erklärung zu untermauern.

Der Videoblogger Norman findet seine Erklärungen beispielsweise in der Astronomie, und er vermutet die Freimaurer als Drahtzieher der "Neuen Weltordnung". Stichhaltige Beweise dafür sieht Norman auch in architektonischen Merkmalen großer Städte und in der Ein-Dollar-Note. "2023 ist das Schaltjahr der Freimaurer für ihre Neue Weltordnung, in der sich jeder selbst verwirklicht. Es soll nur noch einen Typ Menschen geben, nach deren Vorstellung." Den Widerspruch in seiner eigenen Aussage erkennt er nicht.

Freimaurer klären auf: "In der Vergangenheit wurden wir oft missverstanden"

Nicht nur das Image von Politikern und Journalisten leidet unter diesem Wahn. In der Doku sieht sich auch Shaun Butler, zuständig für Kommunikation und Marketing bei UGLE (United Grand Lodge of England), der Dachorganisation der Freimaurerei in England und Wales, gezwungen, mit veralteten Klischees aufzuräumen: "Eine unserer Aufgaben ist es, die Freimaurerei zu normalisieren. In der Vergangenheit wurden wir oft missverstanden. In Wirklichkeit sind wir eine moderne, integrative und zukunftsorientierte Organisation." Die Freimaurer von heute wollen offen und transparent sein.

Dennoch steht das Wort Freimaurer bei Verschwörungstheoretikern für geheime Machenschaften, ebenso wie elitäre Studentenverbindungen, Banken, die UNO, die Bilderberg-Treffen und und und - alle mit dem angeblich bösen Ziel einer "Neuen Weltordnung". Beweise werden einfach an den Haaren herbeigezogen. Die Verschwörungstheoretiker haben eben ihre ganz eigene Wahrheit ...

Direkt im Anschluss an die 45-minütige Dokumentation laufen erstmals die beiden letzten Teile der Reihe: "Klimalüge, Plandemie und 5G " um 21 Uhr und "Reichsbürger, Neue Rechte und Radikalisierung" um 21.45 Uhr. Ab 22.30 Uhr werden die ersten drei Teile, die bereits im Mai ausgestrahlt wurden, wiederholt.

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