"Frieden" - Sa. 28.01. - 3sat: 20.15 Uhr

Stunde null in der (etwas anderen) Schweiz

25.01.2023 von SWYRL/Eric Leimann

Die sechsteilige Schweizer Miniserie "Frieden" sorgte im Herbst 2020 in ihrem Heimatland für Rekordquoten. Sie erzählt kurz nach Kriegsende von Nazis, die durch Schweizer Politik und Industrie gedeckt werden. Und von jugendlichen KZ-Überlebenden, die nicht besonders herzlich empfangen werden.

Die Schweiz, das politisch neutrale Heimatland glücklicher Menschen. So sieht man die eidgenössische Republik meist im Ausland, so sehen sich viele Schweizer auch immer noch gerne selbst. Die Miniserie "Frieden", vom staatlichen Fernsehsender SRF produziert, schlug im November 2020 jedoch einen derben Keil in das althergebrachte Image des Landes. Und das, obwohl die Handlung aus einer Schweiz im Sommer 1945 - also kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs - berichtet. Im Mittelpunkt stehen drei junge Menschen: Die ausgebildete Lehrerin und Fabrikantentochter Klara (Annina Walt) kümmert sich im Flüchtlingsheim um jugendliche KZ-Überlebende aus Buchenwald. Ihr Verlobter Johann (Max Hubacher) soll nach dem Rückzug von Klaras Vater (Urs Bosshardt) bald zum neuen Chef der Tuchfabrik aufsteigen. Johanns Bruder Egon (Dimitri Stapfer) jagt als Polizist Nazis, die sich in der Schweiz verstecken. Nachdem die Serie im Frühjahr 2021 bereits bei ARTE zu sehen war, wiederholt 3sat nun alle sechs Folgen an einem Abend.

Im Verlauf der sechsmal 50 Minuten wird den jungen Schweizern der Stunde null klar, dass auch ihr Land nicht als strahlender Held aus dem Ende des Nazi-Regimes im großen Nachbarland hervorgeht. Wohlhabende Wirtschafts- und Politikkreise decken flüchtige Nazis. Und auch bei Flüchtlingen wird geschaut, wer mehr und wer weniger "wertvoll" für die neue Heimat werden könnte. Zudem widmet sich ein Erzählstrang den Verstrickungen zwischen Schweizer und Deutscher Wirtschaft während des Krieges. Geschrieben wurde "Frieden", ein Format, das in der Schweiz fast durch die Bank weg sehr gute Kritiken erhielt, von Petra Volpe ("Heidi"-Verfilmung von 2015, "Die göttliche Ordnung").

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"Wenn man Geld hat, findet man hier bei euch Schweizern doch immer Freunde"

Tatsächlich wirft das Schweizer Nachkriegs-Epos einen neuen, kritischen Blick auf die Rolle der Schweiz im und direkt im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg. "Wenn man Geld hat, findet man hier bei euch Schweizern doch immer Freunde", legte ein überführter Deutscher, der sich in der Schweiz als Knecht und Pseudo-Deserteur versteckte, nach seiner Verhaftung den Finger in die Wunde der eidgenössischen Gesellschaft.

Es sind Sätze wie diese, die das Werk von Regisseur Michael Schaerer, dessen Abschlussfilm "Warmth" ihm den Studenten-Oscar einbrachte und der auf dem Filmfestival in Venedig lief, interessant machen. Erzählerisch und in seiner Bildsprache bleibt sein Film konventionell, historisch und in seiner Figurenzeichnung wirkt er jedoch präzise.

In den Hauptrollen sind durchweg Schweizer Schauspieler zu sehen. Für deutsche Fernsehzuschauer bietet dies eine willkommene Abwechslung, da einem hier mal nicht die üblichen Verdächtigen im großen Historien-TV die Vergangenheit erklären. Annina Walt, die damals 24-jährige Hauptdarstellerin der Serie, gewann durch die Rolle der Klara im Jahr 2021 den "Schweizer Fernsehfilmpreis".

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