Robert Lembke - Wer bin ich? - Mo. 09.06. - ARD: 23.35 Uhr

Erinnerungen an einen Großen der Fernsehgeschichte

07.06.2025 von SWYRL/Hans Czerny

"Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?" - Der Satz klingt älteren Semestern noch immer in den Ohren. Der Moderator Robert Lembke leitete damit gut 30 Jahre lang stets die Ratesendung "Was bin ich?" ein. Doch wer war Robert Lembke wirklich? Ein neuer Dokumentarfilm im Ersten liefert Antworten.

Auf dem zunächst noch schwarzweißen Bildschirm war Robert Lembke ein redegewandter, freundlicher Mensch. Der Mann hinter der dicken Hornbrille und mit dem gut gehüteten Foxterrier, geboren 1913 als Robert Emil Weichselbaum, begann 1949 seine Tätigkeit im Bayerischen Rundfunk und sollte zu einer der prominentesten Fernsehpersönlichkeiten der Nachkriegsjahrzehnte werden. Martin Weinhart stellt nun in einer 90-minütigen Dokumentation unter dem Titel "Robert Lembke - Wer bin ich?" den Quizmaster, Journalisten und TV-Macher näher vor - leider zu sehr später Stunde im Programm.

Mit einer kleinen Unterbrechung präsentierte Lembke von 1955 bis 1989 die Sendung "Was bin ich?", in der vier Prominente durch Ja/Nein-Fragen den Beruf eines Kandidaten erraten mussten. Mit seinem Rateteam war er offensichtlich freundschaftlich verbunden. Alle redete er stets mit Vornamen an: die Anneliese (Fleyenschmidt), die Annette (von Aretin), die Marianne (Koch), den Guido (Baumann) aus der Schweiz, den Hans (Sachs), Rechtsanwalt aus Nürnberg. Die Sendung: ein einfaches Fragespiel mit Ja / Nein-Antworten, wobei es für jede Nein-Antwort ein Fünf-Mark-Stück für das Sparschweinderl des Gastes gab, dessen Beruf es zu erraten galt.

Die Vorlagesendung "What's my line?" hatte Lembke in Amerika gesehen und nach Deutschland gebracht. Wobei er das Format auf deutsche Befindlichkeit umgestaltete - mit seinem leichten Münchner Akzent verbreitete er im Studio jene Gemütlichkeit, die dem Fernsehen damals bisweilen innewohnte. Privates über Robert Lembke wusste man nicht. Die meisten Zuschauer kannten noch nicht einmal Lembkes eigentliche Profession als Journalist, Nachrichtenchef, später auch noch als Chefredakteur und stellvertretender Fernsehdirektor - alles beim Bayerischen Rundfunk. Privat durchleuchtet wurden damals die Moderatoren noch nicht.

Eigentlich hieß er, in München geboren, Robert Weichselbaum. Die Eltern ließen sich bereits 1918 scheiden, 1936 emigrierte der jüdische Vater nach England. Da trug Lembke schon den Namen seiner Mutter. Lembke wurde Journalist, arbeitete beim Berliner Tageblatt und beim Simplicissimus. Nach dem Krieg baute er mit Hans Habe, Erich Kästner und Stefan Heym in München die Neue Zeitung auf, ein Blatt, das die US-Regierung unterstützte. Das Kriegsende erlebte Lembke in Fürholzen bei Rosenheim, wo er sich versteckte und schließlich den Amerikanern winkend entgegentrat. "Für mich als Münchner ist es ausgesprochen reizvoll gewesen, Robert Lembke, den Vater aller Quizsendungen, in einem Dokudrama zu verkörpern", sagt Lembke-Darsteller Johann von Bülow. "Und das nicht nur wegen seines sympathischen Münchner Idioms. Das Bild, das wir uns bisher von ihm gemacht haben, ist nicht ganz komplett. Neben seinen bekannten Erfolgen als Journalist, Moderator und Autor hat dieser charmante Erfinder pointierter Zitate sein Leben lang versucht, die eigene Geschichte, als Sohn eines jüdischen Vaters, vor der deutschen Nachkriegsöffentlichkeit geheim zu halten. Die Aufgabe, sich auf die Spur der unbekannten, manchmal dunklen Seite dieses scheinbar oft so heiteren Mannes zu begeben, war toll."

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Ein hohes Tier im BR

"Aufgeräumt wie er selbst, war immer auch sein Schreibtisch", berichtet die Reporterlegende Harry Valerien. "Es erledigt sich alles von selber. Die Zeit macht das", habe er gesagt. "Robert Lembke war ein Phänomen", sagt Marianne Koch über ihn, "ein hohes Tier im BR". Doch davon habe er sich nie etwas anmerken lassen, nicht zuletzt habe ja auch "Was bin ich?" davon gelebt. Nicht nur der verdienstvolle Serienautor Willy Purucker hatte ihm damals den Rätselonkel gar nicht zugetraut, ihn eher für einen seriösen Politredakteur gehalten. Und er war ja noch viel mehr als das: Assistent vom Reporter Herbert Zimmermann bei der 54er-Weltmeisterschaft, verantwortlicher Leiter der Rundfunk- und Fernsehübertragungen der Olympischen Spiele von 1972 und der Fußball-WM 1974.

Doch über seine eigene Vergangenheit sprach der Sohn eines jüdischen Vaters nie. Der Film von Martin Weinhart folgt nun nach aufwendigen Recherchen Lembkes Biografie von der Weimarer Republik über die Nazizeit bis zum Wiederaufbau und fragt nach "den Gründen für Lembkes Schweigen". Das mit Mitteln des Reenactments operierende Dokudrama ist mit Johann von Bülow (Lembke), Jeanette Hain und Martin Brambach hochkarätig besetzt. Aber auch Familienmitglieder und Wegbegleiter legen Zeugnis über den Vielbegabten ab. "Das Ergebnis ist ein ungewöhnlicher Film, der nicht nur treuen Lembke-Fans gefallen wird, sondern hoffentlich auch den Nachgeborenen ein besseres Bild von dem Deutschland vermittelt, das damals erst langsam gelernt hat, eine Zivilgesellschaft zu werden", sagt Johann von Bülow.

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