Alfred Nobel und Bertha von Suttner - Ein Preis für den Frieden - Sa. 06.12. - ARTE: 20.15 Uhr

Der Sprengstoff und die Liebe

03.12.2025 von SWYRL/Hans Czerny

Sie trafen sich aufgrund einer Stellenanzeige in einer Wiener Zeitung. Er war der Dynamit-Erfinder und schwerreiche Munitionsfabrikant Alfred Nobel. Sie, Bertha von Suttner, war eine verarmte junge Gräfin aus Österreich, die ihr Leben zunehmend dem Weltfrieden widmete.

Im Herbst 1876 trafen sie am Pariser Bahnhof Gare de l'Est aufeinander: der Erfinder des Dynamits und schwerreiche Fabrikant Alfred Nobel und die junge österreichische Gräfin Bertha von Suttner. Gräfin Kinsky hieß sie da noch. Fortan widmete sie ihr Leben zunehmend der Entwicklung des Weltfriedens und der Kampfansage an jegliche Kriege. Es sollte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zu Zeiten einer permanenten Kriegsbedrohung in Europa sein. An ihrem Ende stand, wenn man dem Film Glauben schenken will, Nobels Entschluss, Menschen, die sich um die Fortentwicklung der Menschheit verdient machten, den "berühmtesten Preis der Welt" - eben den Nobelpreis - zu verleihen.

"Alfred Nobel und Bertha von Suttner - Ein Preis für den Frieden" lautet der etwas sperrige Titel der neuen 92-minütigen Dokumentation, die nun bei ARTE zur besten Sendezeit läuft - eine internationale Produktion unter französischer, schwedischer und österreichischer Beteiligung. Über das vor allem in Briefen manifestierte platonische Verhältnis zwischen Alfred Nobel und Bertha von Suttner gab es bereits mehrere Filme: den ersten bezeichnenderweise im Nachkriegsdeutschland 1952 mit Rudolf Prack, den letzten 2014 ("Eine Liebe für den Frieden") mit Birgit Minichmayr und Sebastian Koch.

Zwei Lebensgeschichten verschränken sich vor allem in Briefen - in einem Zeitraum von 20 Jahren bis zum Tod Nobels in seiner Villa in San Remo 1896. Er, der Dynamit-Erfinder, der viel Elend und manchen Segen (beim Straßen-, Schienen- und Kanalbau) über die Menschheit brachte, gibt bis heute manches Rätsel auf. Hartnäckig blieb er der Faszination des Sprengstoffs treu, machte ein Riesenvermögen damit. Er handelte emsig zwischen den Kriegsfronten und schrieb doch immer wieder ernsthaft über den Frieden, der einst kommen müsse.

Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

"Liebe - genau diese Anziehungskraft scheint mir versagt zu bleiben"

Sie, Bertha von Suttner, kam aus verarmtem böhmischen Adel und hatte sich gerade als Gouvernante im Schloss der Adelsfamilie von Suttner verdingt, wo sie sich in den Sohn Arthur verliebte, was dessen Mutter allerdings nicht gefiel. Nach Paris zu Alfred Nobel empfohlen, verliebte der sich wiederum prompt in sie. Träumer waren und blieben sie beide. Sie wollte eigentlich Opernsängerin werden, er schrieb Gedichte. Er sei der "reichste Vagabund Europas" schrieb sein Freund Victor Hugo über ihn. Ungeachtet dessen flogen überall in Europa Nobel-Fabriken bei Experimenten mit Nitroglyzerin in die Luft.

"Liebe - genau diese Anziehungskraft scheint mir versagt zu bleiben", jammert Nobel angesichts dessen, dass sich Bertha doch noch für ihren Arthur von Suttner entschied und mit ihm vor der Familie nach Georgien floh. Während sich Bertha angesichts solch grausamer Kriege wie dem der Russen gegen das Osmanische Reich immer mehr in der neuen Friedensbewegung engagierte und zu einer der Hauptrednerinnen emporwuchs, wechselten gefühlstrunkene Briefe hin und her. Beide gestanden sich ihre Liebe - allerdings nicht zum je anderen, sondern zum Frieden, der eines Tages kommen werde.

1889 schrieb Bertha von Suttner ihren pazifistischen Roman "Die Waffen nieder!" und wurde damit über Nacht berühmt. Die Stationen der frühen Friedensbewegung sind bekannt: Friedenskongresse in Rom und Bern, bis hin zur Haager Friedenskonferenz von 1899 mit dem Beschluss eines Internationalen Gerichtshofs, der bis heute den Vereinten Nationen untersteht.

Ob sich Nobel zu "seinem" Preis angesichts seines schlechten Gewissens entschloss, ist bis heute ungewiss. Schließlich setzte er in einer Art Oppenheimer-Syndrom auch darauf, dass die Menschheit angesichts der durch ihn ermöglichten gegenseitigen Verheerungen zwangsläufig zur Vernunft kommen müsse. "Vielleicht werden meine Sprengstoffe dem Krieg eher ein Ende setzen als ihre Kongresse", schrieb er in einem der Briefe und hoffte, dass angesichts des Unheils "alle zivilisierten Nationen entsetzt zurückweichen und ihre Truppen auflösen" würden.

Beides, weder Friedenskongresse noch Waffen, setzten bislang jeder Kriegstreiberei ein Ende. Genauer hinzusehen, warum das so ist, überfordert sicher ein historisch geprägtes Doppelporträt wie dieser international produzierte ARTE-Film. Die offensichtlich zeitlose Wiederkehr des Themas ist dennoch verblüffend.

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL