ARD Story: Soldat Nr. 1 - Der General und die Zeitenwende - Di. 02.09. - ARD: 22.50 Uhr

"Nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht ganz Krieg": So tickt der Bundeswehr-Generalinspekteur

29.08.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, ist engster Vertrauter und wichtigster Mitarbeiter von Verteidigungsminister Boris Pistorius. Die Langzeitdoku "Soldat Nr. 1 - Der General und die Zeitenwende" begleitet einen besonnenen Mann, der den Job anders interpretiert als seine Vorgänger.

"Wir sind im Moment in einem Zustand der Hybridität", sagt Carsten Breuer. "Nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht ganz Krieg." - Es sind schockierende Worte, die der Generalinspekteur der Bundeswehr, engster Vertrauter und wichtigster Mitarbeiter von Verteidigungsminister Boris Pistorius, im Gespräch mit den Filmemachern Willem Konrad und Lucas Stratmann wählt. Schon 2029, so die Erkenntnisse von NATO und einiger ihrer Mitgliedstaaten, könnte Russland dazu in der Lage sein, uns anzugreifen. Gewinnbringend anzugreifen, wohlgemerkt. Für eine Generation, die 34 Jahre nach dem Ende des Warschauer Paktes gefühlt ohne Bedrohung in Europa lebte, ist dies ein Schock. Carsten Breuer, ein ruhiger und besonnener Zeitgenosse, hat sich deshalb dazu entschlossen, Deutschland "kriegstüchtig" zu machen. Die vom NDR produzierte Langzeitdoku "Soldat Nr. 1 - Der General und die Zeitenwende" begleitet den 60-jährigen General des Heeres der Bundeswehr neun Monate bei seiner Arbeit.

Breuer arbeitet weniger im Stillen und abseits der Öffentlichkeit als fast alle seiner Vorgänger. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Deutschland nicht nur in Sachen Soldaten und Kampfmittel wehrtüchtig zu machen, sondern auch das "Mindset" der Bevölkerung zu verändern. In einem Interview während einer seiner vielen Reisen erklärt er: "Wir neigen dazu, in Boxen zu denken. Frieden, Krisen, Krieg. Russland denkt Krieg komplett anders. Es ist ein Kontinuum."

Die Kamera wird Zeuge davon, wie in Sitzungen Breuers und seines Stabes von Drohnenspionage, Anschlägen, Cyberattacken oder auch irritierenden militärischen Aktionen Russlands im Grenzgebiet zur NATO und auch in Deutschland die Rede ist. Die Ostsee, auf der Russlands sogenannte Schattenflotte für Chaos und Instabilität sorgt, ist längst zu einer Art verdecktem Kampfgebiet geworden.

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Vermittler einer Zeitenwende

Breuers Chef, Verteidigungsminister Boris Pistorius, äußert sich im Film ebenfalls zum Begriff der deutschen Kriegstüchtigkeit. Ein Wort, das man in letzter Zeit beunruhigend oft hört. Pistorius sagt: "Wir haben es beide etwa gleichzeitig benutzt, weil wir der Überzeugung waren, dass es notwendig ist, die Aufmerksamkeit etwas zu erhöhen für die Fragen, um die es gerade geht. Dazu diente der Begriff. Er hat entsprechend aufgerüttelt und auch für Kritik gesorgt." Gleichzeitig schiebt der Verteidigungsminister nach, dass man das K-Wort mittlerweile etwas behutsamer gebrauchen würde. "Da es uns ja nicht darum geht, jemanden zu verängstigen oder in einigen Fällen auch zu verärgern, sondern um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Das ist gelungen."

Wer Carsten Breuer im Film zuschaut, einem uneitel und nicht mal besonders soldatisch wirkenden Mann, erlebt einen Vielreisenden: der Generalinspekteur auf dem Weg zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und in den Südlibanon, in die Ukraine, die USA oder zu einer NATO-Übung, die den Verteidigungsfall in Litauen probt. Carsten Breuer, und das ist neu in diesem Amt, sieht seine Rolle auch als Vermittler einer Zeitenwende an die deutsche Bevölkerung.

Der Westen müsse resilienter und widerstandsfähiger werden, heißt es. Dann würden jene Moskauer Falken, die den Westen als schwach wahrnähmen, vielleicht von Angriffen ab 2029, wenn die Rüstung des Landes entsprechend hochgefahren wurde, absehen. Ein Kriegsverzicht aus Vernunftgründen. Wenn es jemand schafft, den wahren Kern des lange Undenkbaren glaubhaft freizulegen, ist es wahrscheinlich dieser Film-Protagonist, der oberste deutsche Soldat.

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