Hans Sigl im Interview

"Verschwörer schreiben, dass ich ein links-grün-versiffter Systemschauspieler bin"

13.01.2022 von SWYRL/Franziska Wenzlick

Hans Sigl ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das machte den "Bergdoktor"-Darsteller zuletzt häufig zur Zielscheibe von Hassnachrichten. Wie er mit den Reaktionen umgeht, verrät der Schauspieler im Interview.

Ab 20. Januar ist Hans Sigl wieder in seiner Paraderolle im TV zu sehen. In der mittlerweile 15. Staffel von "Der Bergdoktor" (donnerstags, 20.15 Uhr, im ZDF) sowie im alljährlichen Winterspecial (13. Januar, 20.15 Uhr, ebenfalls im ZDF) hilft er als Martin Gruber wieder bei größeren und kleineren gesundheitlichen Wehwehchen weiter. In den vergangenen Wochen machte der Österreicher jedoch auch anderweitig Schlagzeilen: Nachdem sich Sigl in die Diskussion um die Corona-Impfstoffe einschaltete und im Netz für die Immunisierung gegen Covid-19 warb, ist der 52-Jährige tagtäglich auf Instagram, Facebook und Co mit Hassbotschaften von Coronaleugnern und Verschwörungstheoretikern konfrontiert. Spaß machen ihm die sozialen Medien trotzdem, wie der Familienvater im Interview erklärt.

teleschau: Auf Facebook und Instagram positionieren Sie sich immer wieder gegen Impfgegner und Querdenker. Bekommen Sie viele Hassnachrichten?

Hans Sigl: Ja, aber ich möchte den Reaktionen nicht auch noch mehr Raum geben, als diese ohnehin schon auf den sozialen Plattformen haben.

teleschau: Lesen Sie, was Ihnen geschrieben wird?

Sigl: Ich pflege meine Instagram- und meine Facebookseite selbst, also muss ich mich natürlich auch damit auseinandersetzen. Auch wenn immer wieder irgendwelche Verschwörer schreiben, dass ich ein links-grün-versiffter Systemschauspieler bin, dann muss ich eben reagieren.

teleschau: Ist das der Grund, weshalb Sie trotz Hassattacken so aktiv in den sozialen Medien sind?

Sigl: Klar, Social Media ist ja auch ein lustiger Rummelplatz, und für die Fans vom "Bergdoktor" ist da bei mir auch immer was los. Außerdem habe ich durch die Live-Auftritte der letzten Jahre auch ein anderes Publikum angezogen, das die Serie gar nicht schaut und stattdessen Gefallen an meinen Abenden findet.

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"Bei jedem technischen Gerät gibt es einen Knopf zum Ausschalten"

teleschau: Genießen Sie den Austausch mit Ihren Zuschauerinnen und Zuschauern?

Sigl: Ja, sonst würde ich es nicht machen. Das war immerhin die Grundidee von Social Media, auch wenn die Plattformen mittlerweile häufig zu A-Social Media werden. Oft steht nur noch das Negative im Vordergrund. Grundsätzlich ist Austausch aber immer gut und inspiriert ja auch.

teleschau: Nutzen Sie Seiten wie Facebook auch, um sich selbst zu informieren?

Sigl: Das tue ich. Ich mag es, dass ich dort über die ganzen Nachrichtenkanäle Bescheid bekomme und das auf dieser Ebene bündeln kann. Das ist ein schöner Platz, um wie beim Flohmarkt zu stöbern und sich umzuschauen. Man muss aber auch aufpassen, weil die negativen Haltungen und Meinungen überhandnehmen. Dann muss man sich auch mal distanzieren, sonst wird man ein bisschen madig im Kopf.

teleschau: Wie distanzieren Sie sich?

Sigl: Das Tolle ist: Bei jedem technischen Gerät gibt es einen Knopf zum Ausschalten. Den haben viele leider schon vergessen, aber den muss man einfach betätigen. Zum Beispiel dann, wenn die Augen viereckig werden beim Fernsehen oder wenn es ein bisschen zu viel wird auf den Social-Media- Kanälen. Das funktioniert ganz gut.

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"Die Leute denken immer, sie müssten noch etwas dazu sagen"

teleschau: Gelingt es Ihnen auch, tatsächlich mal abzuschalten?

Sigl: Das hat ja damit zu tun. Es ist erstaunlich: Für meine Hörbuch-Reihe, bei der ich Entspannungsübungen vorlese, beschäftige ich mich mit Meditationen und geführten meditativen Reisen. Und der Ansatz der Meditation ist ja tatsächlich, den Kopf auszuschalten. Die Pandemie wird zwar nicht schneller zu Ende gehen oder sich ändern, wenn man sich selbst mal rausnimmt, aber für den Seelenfrieden ist das sehr ratsam.

teleschau: Manchen Leuten fällt im Stress aber genau das schwer.

Sigl: Man kann sich am Anfang auch mal nur fünf Minuten gönnen, in denen man versucht, sich innerlich zu distanzieren von allem, was so passiert auf der Welt. Aus fünf könnten dann zehn Minuten werden und irgendwann vielleicht mal eine Stunde. Nach so einem Jahr wie dem vergangenen tut das gut. Das ist ja die Krux von Social Media: Die Leute denken immer, sie müssten noch etwas dazu sagen. Dabei ist doch, gerade in puncto Corona, alles gesagt. Wir müssen es hinbekommen, da ist die Politik gefragt. Man muss es aber nicht zusätzlich jeden Tag persönlich noch mehr befeuern.

teleschau: Haben Sie sich Vorsätze für das Jahr 2022 gemacht?

Sigl: Nein. Ich mache mir keine Vorsätze. Auf den Vorsatz folgt meistens der Vorwurf, weil man ihn nicht einhält. Insofern habe ich mich von dieser Tradition schon lange entfernt. Ich habe stattdessen Pläne und Ziele, die ich mir im Laufe des Jahres stecke.

teleschau: Und was wünschen Sie sich vom Jahr 2022?

Sigl: Das Übliche und Wichtigste: gesund zu bleiben. Ich wünsche mir natürlich auch, dass in der momentanen Situation bald eine grundsätzliche Besserung für alle Beteiligten eintritt. Auch, dass ich trotzdem weiterarbeiten kann und auch die Kollegen, die normalerweise auf der Bühne stehen, das bald wieder tun können. Dass sich die Lage wieder normalisiert, ist, glaube ich, das, was sich Moment jeder wünscht.

Kein Corona beim "Bergdoktor"

teleschau: Beim "Bergdoktor" kann man das Thema Pandemie für eine Weile ausblenden. Wird Martin Gruber sich jemals mit Corona auseinandersetzen müssen?

Sigl: Wohl kaum. Man kann davon ausgehen, dass man wenigstens in der Serie von diesem Thema verschont bleibt.

teleschau: Die Quoten der 14. Staffel gingen Anfang 2021 durch die Decke. Sehen Sie einen Zusammenhang mit dem damaligen Lockdown?

Sigl: Das kann ich mir schon vorstellen. Als im Januar die 14. Staffel gelaufen ist, ging es mit Corona ja noch mal richtig los. Die Leute mussten wieder zu Hause bleiben. Ich glaube, wenn gesellschaftlich ohnehin schon alles so anstrengend ist, muss man sich vielleicht auch nicht noch den tausendsten Krimi anschauen. Wir haben auch sehr viel Feedback bekommen, dass die Menschen mit diesen Episodenfällen richtig mitgefiebert und darüber diskutiert haben.

teleschau: Kommt es vor, dass Fans Sie um medizinischen Rat bitten?

Sigl: Nein, mir ist das noch nie passiert. Auch wenn man immer hört, dass das früher zum Beispiel bei der "Schwarzwaldklinik" der Fall gewesen sein soll.

teleschau: Sie werden also nicht nur als Dr. Martin Gruber wahrgenommen?

Sigl: Zum Glück hat sich im Laufe der letzten Jahre dann doch herumgesprochen, dass ich ein Schauspieler bin, der einfach eine Rolle spielt (lacht). Ich denke, die mediale Landschaft hat sich auch insofern verändert - dazu trägt auch Social Media bei -, dass man mitbekommt, dass ich auch andere Geschichten mache. Zum Beispiel erscheint bald mein zweiter ZDF-Thriller, "Der Feind meines Feindes". Auf der anderen Seite wäre es absurd, wenn Leute mich nicht auch als "Bergdoktor" wahrnehmen würden, immerhin mache ich das seit 2008.

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"Der 'Bergdoktor' trägt zur Verjüngung des ZDFs bei"

teleschau: Stört es Sie, angesprochen zu werden?

Sigl: Nein. Zu 99,9 Prozent sind das sehr nette Momente. Manchmal vergessen die Leute Hallo zu sagen, bevor sie ein Foto möchten, aber auch das bekommen die meisten hin.

teleschau: Was sind das für Menschen, die den "Bergdoktor" schauen?

Sigl: Grundsätzlich haben wir natürlich die besten Fans (lacht). Beim jungen Zielpublikum haben wir uns im Laufe der Zeit nach vorne gearbeitet. Viele junge Menschen haben angefangen, die Sendung mit ihren Müttern oder Großmüttern anzusehen und haben dann festgestellt, dass das eigentlich ein netter Fernsehabend ist und sind dann dabei geblieben.

teleschau: Viele Zuschauer sind also mit der Serie mitgewachsen?

Sigl: Genau. Es sind sicher einige, die einfach daran hängengeblieben sind. Das führt dazu, dass wir jetzt auch junge Leute haben, die uns gerne schauen. Vielleicht hat es auch mit der Figur der Lilli (gespielt von Ronja Forcher, d. Red.) zu tun, also der Tochter, die ja ebenfalls in der Sendung groß geworden ist. Mit ihr können sich sicherlich einige junge Frauen identifizieren. Insofern: Der "Bergdoktor" trägt zur Verjüngung des ZDF bei. Wer hätte das gedacht? (lacht)

teleschau: Hätten Sie 2008 erwartet, dass die Sendung so erfolgreich wird?

Sigl: Auf gar keinen Fall. Ich war schon bei der fünften Staffel ein bisschen überrascht, dass das so gut läuft.

teleschau: Und nun startet bereits die 15. Staffel.

Sigl: Die Zeit rast! Wir drehen von Juni bis Dezember, das geht immer relativ schnell vorbei. Oft ist das wie ein Wimpernschlag, und schon stehen die nächsten Folgen in den Startlöchern. Gefühlt haben wir gerade noch mit der zehnten Staffel Jubiläum gefeiert, und nun ist es schon wieder so weit. Das ist ja aber auch ein Zeichen, dass es immer noch riesig Spaß macht. Deshalb ist auch die Stammbesetzung nach wie vor dabei. Bisher hat kein Kollege das Weite gesucht.

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