28.05.2025 von SWYRL
In der SWR-Doku "Ich hasse meinen Vermieter" haben die Reporter Markus und Alex den Wohnungsmarkt in Deutschland unter die Lupe genommen - und sind dabei auf diverse illegale Tricks und dreiste Abzocke gestoßen. Fazit des Films: "Für sein Recht zu kämpfen, kann sich lohnen."
Jeder zweite Mensch in Deutschland wohnt zur Miete. Doch wer heutzutage auf der Suche nach seiner Traumwohnung ist, für den wird die Realität auf dem Wohnungsmarkt schnell zum Albtraum. Als wäre es nicht ohnehin schon schwer genug, sich gegen die zahlreichen Mitbewerber durchzusetzen, kommt bisweilen noch eine nicht zu unterschätzende weitere Hürde hinzu: skrupellose Vermieter, die den verzweifelten Mietern das Geld aus der Tasche ziehen wollen.
Für die SWR-Doku "Ich hasse meinen Vermieter - Undercover auf dem Wohnungsmarkt" (abrufbar in der ARD-Mediathek) sind die "VOLLBILD"-Reporter Markus und Alex mit versteckter Kamera unterwegs, um die Tricks, Lügen und illegalen Machenschaften von Vermietern aufzudecken. Bei ihren Recherchen bemerken sie schnell, was für ein enormes Machtgefälle zwischen Mietern und Vermietern besteht - und wie die Angst der Mieter schonungslos ausgenutzt wird.
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Geheim und illegal: WhatsApp-Gruppe für Mietwohnungen entdeckt
An wenigen Orten in Deutschland ist die Suche nach einer passenden Bleibe so schwierig wie hier: In Berlin hat sich der Quadratmeterpreis zur Miete innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Kein Wunder also, dass die Reporter ihre Recherche in der Hauptstadt beginnen. Sie besichtigen eine 57-Quadratmeter-Wohnung für rund 1.400 Euro im Monat. Der hohe Preis ergibt sich auch dadurch, dass die Wohnung möbliert und befristet vermietet wird - ein beliebter Trick von Vermietern, um der Mietpreisbremse auszuweichen.
Vor Ort treffen Markus und Alex auf einen Makler, der für die Hausverwaltung den passenden Nachmieter ausfindig machen soll. Und hier kommt direkt der nächste Haken: Die Mieter sollen dem Makler knapp 2.500 Euro für die Vermittlung der Wohnung zahlen - obwohl dieser ja eigentlich im Auftrag der Hausverwaltung arbeitet. Ein illegales Geschäftsmodell, das sich für den Makler durchaus zu lohnen scheint: "An Bewerbern mangelt es mir nicht. Seit diesem Jahr mache ich es als Hauptgewerbe", meint er in der SWR-Doku noch vor versteckter Kamera. Später finden die Reporter heraus: Der Makler besitzt nicht mal eine Makler-Lizenz und darf überhaupt keine Wohnungen vermitteln. Er will sich auf weitere Nachfragen nicht mehr äußern.
Für illegale Machenschaften auf dem Wohnungsmarkt werden auch die sozialen Medien als Hilfsmittel genutzt. So stoßen die SWR-Reporter auf eine geheime WhatsApp-Gruppe in Hamburg, in denen eine Person Hunderte Wohnungen unter der Hand anbietet. Auffällig: Alle Wohnungen stammen aus dem Portfolio eines einzigen Immobilienkonzerns. Eine Mitarbeiterin hätte - wohl ohne das Wissen des Arbeitgebers - ihre verwalteten Wohnungen an die Person zur Vermittlung weitergegeben, ohne dass diese bei dem Unternehmen überhaupt angestellt sei, wie Markus und Alex herausfinden.
Lukas (Name geändert) hat seine Wohnung über diese WhatsApp-Gruppe bekommen. Ihm ist klar, dass das nicht legal war. "Das hat etwas total sozial Ungerechtes an sich", weiß er und erzählt, dass ihm nach über einem halben Jahr erfolgloser Wohnungssuche eine Freundin von der Gruppe erzählt habe. Er habe 1.000 Euro bar auf die Hand gezahlt und sei so an den Mietvertrag gekommen. Markus und Alex erkennen: Bei der Anzahl an den in der WhatsApp-Gruppe angebotenen Inseraten, die vermietet wurden, dürfte die Person aus der Chatgruppe innerhalb eines Jahres rund 150.000 Euro verdient haben - steuerfrei.
Lukas ist zufrieden, immerhin habe er seine Wohnung bekommen. Die großen Verlierer in so einem Szenario? Alle, die legal eine Wohnung suchen, oder keine zusätzlichen 1.000 Euro bar für eine illegale Vermittlung zur Verfügung haben. Gegen den illegalen Vermittler und die Mitarbeiterin des Immobilienkonzerns sowie weitere beteiligte Personen sei inzwischen Anzeige erstattet worden, heißt es vonseiten des Unternehmens auf SWR-Anfrage.
Skrupellose Privat-Vermieter: "Dann such' dir doch eine neue Wohnung"
Ein weiteres typisches Problem diverser Mieter: Mängel und Schäden, um die sich nicht rechtzeitig oder gar nicht gekümmert wird! "Mir ist klar geworden, dass du ganz unten in der Nahrungskette bist", berichtet ein gefrusteter Mieter, der seit über einem Jahr vergeblich dafür kämpft, dass die Mängel in seiner Wohnung behoben werden - ein loses Fenster im Kinderzimmer und Schimmel. Er wehrt sich und zieht vor Gericht. Am Ende erzielt er einen für ihn positiven Vergleich. So einen langen Atem haben jedoch die wenigsten.
"Es gibt natürlich eine Reihe von Vermietern, die mit der Angst der Mieter spielen und diese Angst für sich ausnutzen", erklärt Fritz Vollrath, Fachanwalt für Mietrecht, dass es ein "rechtliches Dilemma" gebe, weil private Vermieter "die Keule Eigenbedarf" hätten. So würden ihn immer wieder Schreiben erreichen, in denen es um "banale Mietprobleme" gehen würde, aber der Vermieter dann einfach antworte: "Dann such' dir doch eine neue Wohnung."
Abgesehen vom Eigenbedarf gibt es allerdings noch weitere Tricks, um Mieter loszuwerden. In Heidelberg stoßen die SWR-Reporter auf einen Fall, in dem der neue Eigentümer - noch bevor er überhaupt offiziell Eigentümer des Hauses war - ein Flugblatt ins Treppenhaus gehängt hat, in dem allen Mietparteien im Dachgeschoss gekündigt wurde, da dieses saniert werden soll. Dazu der Hinweis: "Wem es nicht passt, der sucht sich einen Anwalt und verklagt uns." Das Ziel? Laut Fritz Vollrath, die alten Mieter aus den Wohnungen verdrängen, um von den neuen Mietern höhere Mieten zu verlangen.
Wie schon in den Fällen zuvor möchte kaum einer der Betroffenen mit Markus und Alex sprechen - zu groß ist die Angst vor dem Vermieter. Johanna (Name geändert) meldet sich schließlich doch. Sie habe die Kündigung per SMS erhalten, berichtet sie, und sei "super geschockt" gewesen. Sie rief den Vermieter an und teilte ihm mit, die Kündigung so nicht zu akzeptieren. "Daraufhin war er ziemlich sauer und meinte dann, dass ich auf jeden Fall eine Wohnung suchen soll und dass ich aufpassen muss, mit wem ich es hier zu tun habe", so Johanna, die auf Nachfrage anfügt: "Es war auf jeden Fall eine Drohung." Ihre alte WG im Dachgeschoss wurde nach ihrem Auszug schließlich zum doppelten Preis wieder angeboten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den Vermieter wegen Nötigung, bekommt das SWR mitgeteilt.
"Man sollte mutiger sein. Die Schwierigkeit ist nur, die Mieter davon zu überzeugen, dass sie sich das auch trauen", rät Fritz Vollrath. Und auch Markus und Alex plädieren: "Für sein Recht zu kämpfen, kann sich lohnen." Sie erkennen nach ihrer intensiven Recherche allerdings auch, dass es zwischen Vermietern und Mietern "ein riesengroßes Machtgefälle" gibt, das Raum für illegale Tricks schafft.
Die komplette SWR-Doku "Ich hasse meinen Vermieter - Undercover auf dem Wohnungsmarkt" ist ab sofort in der ARD-Mediathek zu sehen.