30.08.2025 von SWYRL/Kai-Oliver Derks
"Miss Merkel - Ein Kreuzfahrt-Krimi" ist die dritte TV-Verfilmung der erfolgreichen Krimireihe von Autor David Safier. Diesmal muss die Ex-Kanzlerin (Katharina Thalbach) an Bord eines Kreuzfahrtschiffs den Mord an einem Krimiautor aufklären.
Natürlich hat das eine Menge Charme. Die Idee, die Kanzlerin nach ihrer politischen Karriere im Stile einer Miss Marple Mordfälle lösen zu lassen, hat sich darüber hinaus auch als ziemlich lukrativ erwiesen. "Mord in der Uckermark" bildete 2021 den Auftakt, drei weitere Bücher sind seither erschienen. Ein fünftes trägt den Titel "Mord unterm Weihnachtsbaum" und kommt am 16. September auf den Markt. RTL erkannte früh das filmische Potenzial der sowohl als Lektüre als auch als Hörbuch erfolgreichen Krimireihe und sicherte sich die Filmrechte an den Vorlagen des Autors David Safier. Mit "Miss Merkel - Ein Kreuzfahrt-Krimi" feiert nun der dritte Film TV-Premiere. Alle wichtigen Darstellerinnen und Darsteller der letzten beiden Filme sind wieder mit an Bord. Ganz oben auf der Brücke: Katharina Thalbach, die die Ex-Kanzlerin weiterhin mit spürbarer Lust und Freude verkörpert.
Safier-Krimis sind ein bekennender Mix aus Klassischem: Natürlich ist da viel Agatha Christie, aber auch eine ganze Menge "Pater Brown" nach den Kurzgeschichten des Autors Gilbert Keith Chesterton. Wer Anhänger entspannter Krimi-Unterhaltung ist und vor Jahren gerne Ottfried Fischer als Pfarrer Braun sah, der wird auch hier seine Freude haben. Das Setting ist nahezu identisch: Damals ermittelte ein Geistlicher gegen alle Gebote in Kriminalfällen und bekam dabei stets Hilfe von einigen ihm vertrauten Weggefährten. Immer dusselig nur daneben stand: die Polizei.
Kaum anders ist es nun im Falle Angela Merkel. Sie kann sich auf ihren Ehemann Joachim Sauer (Thorsten Merten) und ihren Bodyguard Mike (Tim Kalkhof) verlassen. Eher störend und verlässlich auf der falschen Spur ist der tumbe Kommissar Hannemann (Sascha Nathan), der natürlich auch diesmal nur an "einen Unfall" glaubt.
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Wenn Eichhörnchen ermitteln ...
Ja, ein Unfall soll ursächlich gewesen sein, dass der Kopf des Krimiautors Florian Watzek (Stephan Luca) sauber abgetrennt im Guillotinenkörbchen liegt. Eigentlich hatte der arrogante Bestseller-Schöpfer bei seiner opulenten Show den Zuschauerinnen und Zuschauern mit dem mittlelalterlichen Kopfabschneidegerät nur ein bisschen Angst einjagen wollen. Leider jedoch hat jemand den Sicherungsmechanismus manipuliert, sodass das Fallbeil nun tatsächlich ganz hindurch fiel. Watzek ist tot - und gut finden das, so zeigt sich bald, einige.
Es ist ein Krimi-im-Krimi-Setting, das Safier hier mit reichlich Selbstironie entworfen hat. Denn: Watzek ist nur einer von mehreren schreibenden Stargästen, die für eine Kreuzfahrt gebucht wurden. Sie alle verfassen Krimis. Und dem erfahrenen Leser im wahren Leben fällt es nicht schwer, die Pendants zur Realität auszumachen. Das ist neben Watzek (Sebastian Fitzek?!) zum Beispiel Gwendolin Gold (Lara Mandoki), die Krimis für Eichhörnchen-Detektive schreibt. Was natürlich an die Erdmännchen-Reihe von Moritz Matthies erinnert. Dazu sind noch einige weiteren Autoren an Bord: einer, der Provence-Krimis verfasst. Ein anderer, der wie der reale Klaus-Peter Wolf von Gräueltaten erzählt, die sich auf norddeutschen Inseln ereignen.
Matthias Komm, Julius Feldmeier und Dirk Borchardt verkörpern die in jeder Hinsicht sehr unterschiedlichen Schriftsteller an Bord, die allesamt nur eines eint: Den armen geköpften Watzek, den mochten sie nicht. Dazu zieht Sophie Sellering (Mai Duong Kieu) die Aufmerksamkeit der Ex-Kanzlerin auf sich. Sie war die Assistentin des Opfers, hatte wohl mal was mit ihm und fühlt sich als Ideengeberin für dessen Geschichten nicht ausreichend wertgeschätzt. Die Ex-Kanzlerin schnüffelt ihnen allesamt hinterher, lauscht an Türen, dringt in Kabinen ein und macht sich auf die Suche nach dem größten Motiv.
Die großen Hits des Ernst Anschütz
Man muss schon ehrlich sein: Trotz des vergleichbaren räumlich begrenzten Settings ist das hier nun wahrlich kein "Mord im Orient-Express". Ganz so charismatisch wie in Agatha Christies Zug geht es hier an Bord nicht zu. Aber: Der "Kreuzfahrt-Krimi" ist fraglos gelungene Krimiunterhaltung für einen entspannten Spätsommerabend. Auf der Welle der weiterhin ausnehmend erfolgreichen Regional-Schmunzelkrimis reitet auch "Miss Merkel" ganz wunderbar mit.
Ab und an, aber nicht übertrieben oft, nutzt das Drehbuch von Mark Werner und Safiers Sohn Ben auch die Chancen, die die originelle Merkel-Idee bietet. Ein paar Kalauer auf Kosten von Friedrich Merz und Horst Seehofer werden gemacht, und mit dem Quantenchemiker, Physikochemiker und Merkel-Mann Joachim Sauer treibt man auch so seine Scherze. Woher sollte der auch wissen, wer Jogi Löw ist. Wiederum entführt Sauer den Betrachter ab und an auf eine kleine Bildungsreise und lässt RTL sekundenlang zum Bildungsfernsehen werden. Dass Ernst Anschütz nicht nur die Melodie zu "O Tannenbaum", sondern auch zu "Fuchs, du hast die Gans gestohlen schrieb" - man hätte es ohne diesen Dienstagabendspaß wohl nie erfahren.