ARD-Talk

Bei Maischberger muss Dobrindt die Asyl-Schlappe erklären - und klingt dabei anders als Söder im ZDF

04.06.2025 von SWYRL/Marko Schlichting

Ein Gericht untersagt Abschiebungen von Asylbewerbern an den Grenzen. Bundesinnenminister Dobrindt will die Einzelfallentscheidungen nicht zum Maßstab der Migrationspolitik machen. Warum, erklärt er am Dienstagabend bei Sandra Maischberger in der ARD.

Drei Asylbewerber werden am 9. Mai an der Grenze zurückgewiesen. Sie klagen vor dem Verwaltungsgericht in Berlin, denn sie halten die Abschiebung für rechtswidrig. Das Gericht gibt ihnen recht. Die Abschiebung sei nicht ausreichend begründet gewesen. Doch Innenminister Alexander Dobrindt von der CSU lässt auch weiterhin Asylbewerber nicht nach Deutschland hinein. Bundeskanzler Friedrich Merz unterstützt ihn.

Juristisch ist nichts dagegen einzuwenden. Das Gericht hatte eine Einzelfallentscheidung getroffen, die nur für die drei Asylbewerber aus Somalia gilt. Doch das Urteil lässt erkennen, dass die Praxis der Abschiebung an den Grenzen allgemein rechtswidrig sein könnte. Nun hat Dobrindt ein Problem, das er erst einmal geschickt gelöst hat. Trotzdem glauben Juristen, der Schuss könnte am Ende nach hinten losgehen.

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Gibt es eine Notlage an deutschen Grenzen oder gibt es sie nicht?

Am Dienstagabend hat Dobrindt das Wort. Er ist Gast bei Sandra Maischberger in der ARD. Dort begründet er zunächst die Entscheidung der Bundespolizei. "Zumindest sind die abgeschobenen Asylbewerber schon mal in anderen EU-Staaten gewesen", erklärt Dobrindt. "Sie haben vorher mehrere EU-Staaten bereist und hätten auch mehrere Asylanträge stellen können." Die drei hatten am 9. Mai ihren Asylantrag gestellt. Zuvor hätten sie schon zweimal versucht, die Grenze zu überschreiten, waren zurückgewiesen worden, ohne ein Asylgesuch gestellt zu haben, so der Minister. "Zu diesem Zeitpunkt waren alle drei volljährig. Und am 9. Mai will man dann ein Asylgesuch stellen, und eine Person ist minderjährig, die vorher volljährig war. Und dass dann die Bundespolizei Nein sagt, finde ich nachvollziehbar."

Das Verwaltungsgericht aber nicht. Es beklagt, die Polizei habe nicht geprüft, in welchem Land das Asylgesuch zu stellen sei. "Es fehlt an der hinreichenden Darlegung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung", heißt es zudem in dem Urteil wörtlich. In einem Punkt will Dobrindt das Urteil umsetzen: Geprüft werden soll, wo die drei Somalier ihre Asylanträge stellen müssen. Zudem habe das Gericht entschieden, der Bund wolle nationales Recht anwenden und sich dabei auf eine Regelung im EU-Recht berufen. Danach können Asylbewerber dann an den Grenzen zurückgewiesen werden, wenn es eine Notlage gebe. Die gibt es jedoch offensichtlich in Deutschland nicht, und noch vor wenigen Wochen hatten Dobrindt und Merz erklärt, sie wollten sie auch nicht ausrufen. Immerhin sei die Zahl der Asylbewerber in Deutschland in den letzten Monaten deutlich gesunken.

Dobrindt: "Wir müssen diese Begründung entsprechend liefern"

Am Dienstagabend klingt das ein bisschen anders. Das Gericht habe entschieden, dass die Begründung für die Zurückweisungen nicht ausreichend sei. "Wir haben einen Auftrag", sagt Dobrindt: "Wir müssen diese Begründung entsprechend liefern." Viele Menschen würden erkennen, dass Deutschland überfordert sei. Migranten könnten nicht mehr ausreichend integriert werden. "Das spürt man in den Kindergärten, in den Schulen, bei den Sprach- und Integrationskursen, die von irgendjemandem gemacht werden müssen. Am Wohnungsmarkt merkt man das deutlich. Die Kommunen sind überfordert. Wir merken doch, dass wir das nicht leisten können. Und diese Überforderung dürfen wir gelten machen."

Will Dobrindt also doch die Notlage ausrufen? Das sagt er nicht - und spricht weiter von einer Überforderung. Und die gibt es schon seit einigen Jahren, ohne dass eine Notlage ausgerufen wurde.

Darum gibt es in der Koalition Bedenken über Dobrindts Entscheidungen. Besonders Justizministerin Stefanie Hubig von der SPD kritisiert sie. Das lässt Dobrindt jedoch kalt. Er wolle die dysfunktionalen europäischen Regeln verändern. "Aber wenn ich jedes Mal erkläre, warum es nicht geht, warum wir nicht mehr in der Lage sind, Regeln zur Anwendung zu bringen, wenn wir das nicht mehr hinbekommen und es nicht einmal versuchen, dann geht die Polarisierung in der Gesellschaft weiter, dann gewinnen die Populisten, und dann haben die Bürger das Gefühl, dass die Politik nichts mehr entscheiden kann. Und das halte ich für die größte Gefahr."

Söder argumentiert bei "Markus Lanz" anders als der Bundesinnenminister

Nun müsse der Europäische Gerichtshof über die Angelegenheit entscheiden. Er muss feststellen, ob Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Binnengrenzen wirklich möglich sind oder gegen europäisches Recht verstoßen. "Es wäre gut, wenn wir eine solche Entscheidung hätten", so Dobrindt.

Dessen Parteichef Markus Söder wird sich später bei "Markus Lanz" im ZDF anders äußern. Er spricht von einer Notlage. Aber nicht wegen der hohen Zahl von Migranten in Deutschland, sondern wegen der europäischen Länder, die sich nicht an den Dubliner Vertrag halten würden. Damit gefährdeten sie die Sicherheit in Deutschland. Man fragt sich, welche der beiden Aussagen der CSU-Politiker weniger Chancen hat, vor weiteren Gerichten zu bestehen.

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