28.05.2025 von SWYRL/Marko Schlichting
Ex-Grünenchefin Ricarda lang ist dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das beweist sie wieder einmal am Dienstagabend bei "Maischberger" im Ersten. Da diskutiert sie mit Kanzleramtsminister Thorsten Frei über die nächsten Vorhaben der Bundesregierung.
Es herrschte für einen kurzen Moment Sprachlosigkeit, als CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Sonntagabend bei "Caren Miosga" im Ersten eine steile These äußerte. Auf die Frage der Moderatorin "Wer arbeitet denn jetzt zu wenig?" sagte er: "Die Rentner zum Beispiel".
Nun ist ja eigentlich gerade die Rente dazu da, wenig oder gar nicht zu arbeiten. Das weiß auch Thorsten Frei. Der Kanzleramtsminister von der CDU hat am Dienstagabend die nicht ganz leichte Aufgabe, die Aussage seines Generalsekretärs abzuschwächen und zu erklären. Das gelingt ihm am Dienstagabend nur halb, als er sich bei Sandra Maischberger im Ersten mit der ehemaligen Grünen-Chefin Ricarda Lang streitet. Die hält so gar nichts von Linnemanns Aussagen.
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830.000 Aufstocker vergessen: Ricarda Lang widerlegt Thorsten Frei prompt
"Bei Carsten Linnemann mache ich mir sorgen, dass er morgen sagt, die Kinder müssen mehr arbeiten", so Lang. "Wenn man das Konzept Rente nicht verstanden hat, sollte man besser gar nicht darüber reden", fügt sie hinzu. Sie beklagt: Friedrich Merz und die Regierung redeten das Land faul. Deutschland sei trauriger Spitzenreiter bei unbezahlten Überstunden: 683 Millionen im letzten Jahr.
Viele Frauen würden gerne mehr arbeiten, sagt Lang. "Was man tun sollte bei der Bundesregierung wäre, die Menschen zu unterstützen mit mehr Kita-Plätzen, mit Unterstützung für pflegende Angehörige, mit Mieten, mit denen man auch von seinem Gehalt leben kann. Friedrich Merz macht das Gegenteil. Er sagt den Leuten, sie wären faul, und das finde ich einen ziemlich faulen Job."
Frei erklärt zunächst einmal, dass die Bundesregierung eine Aktivrente einführen wolle: Rentner, die arbeiten, sollten 2.000 Euro monatlich nicht versteuern müssen. Und sie wolle Anreize für mehr Arbeit schaffen. So wolle sie die Überstundenzuschläge steuerfrei machen. Dazu müsse es auch einen höheren Mindestlohn geben, fordert Lang. Gleichzeitig müsse die Tarifbindung nach oben gebracht werden. Frei antwortet mit einer Aussage, die sehr leicht zu widerlegen ist: "Jeder, der Vollzeit arbeitet, hat so viel Geld, dass er davon leben kann."
Lang widerlegt die Aussagen von Frei sofort, erinnert an die 830.000 Aufstocker, die neben ihrer Arbeit noch soziale Unterstützung bekommen müssen. Die hat Frei wohl vergessen. Und irgendwie hat man den Eindruck, dass ihm das sogar ein bisschen peinlich ist. Jedenfalls stellt er klar: Die Deutschen seien nicht faul, man müsse mehr Anreize schaffen zum Arbeiten.
Ricarda Lang wettet "20 Kästen Bier"
Maischberger switcht schnell zum nächsten Thema: die Energiepolitik. Das einzige Instrument zum Klimaschutz, auf das die Bundesregierung setze, sei der CO₂-Preis, kritisiert Ricarda Lang. Der steigt aber 2027. "Ich halte es für sozial ungerecht, eine Klimapolitik allein über den Preis zu machen, denn er müsste so hoch sein, dass es sozial gar nicht mehr aufgefangen werden kann, weil es sonst zu einer sozialen Unwucht führt und dann den Klimaschutz gefährdet", sagt Lang.
Die Ex-Grünen-Vorsitzende weiter: "Wenn 2027 der CO2-Preis europaweit auch auf die Bereiche Wärme, also Gebäude, und Verkehr angewendet wird, dann werden die Union und Friedrich Merz die Ersten sein, die sich hinstellen und sagen: Das müssen wir verschieben, das müssen wir aufhalten, das müssen wir deckeln. Darauf wette ich 20 Kästen Bier."
Thorsten Frei möchte nicht wetten. Aber die Politik seiner Partei verteidigt er. Die Union wolle den CO2-Ausstoß reduzieren. Darum müsse er auch mit einem Preis belegt sein. "Aber die Menschen müssen dann selbst entscheiden, wie sie den CO2-Ausstoß reduzieren. Das kann die Heizung sein, das kann aber bei einem älteren Haus auch die Isolierung der Gebäudehülle sein. Aber das sollen die Hauseigentümer entscheiden. Wir wollen die Steuerungswirkung über den Preis haben, aber wir möchten die Besteuerung des Preises Reduzieren." Die Bundesregierung wolle runter mit der Stromsteuer und den Netzentgelten. So wolle sie die Ausgaben für die Bürger senken.
Die Diskussion insgesamt ist locker, das Publikum im Studio applaudiert viel. Und Frei dürfte spätestens an diesem Abend klar geworden sein: Diese demokratische Opposition wird das Regieren nicht leicht machen.