"Markus Lanz"

Aiwanger provoziert bei Lanz: Deutschland ist aktuell nur "formal" eine Demokratie

05.07.2023 von SWYRL/Natascha Wittmann

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger forderte jüngst bei einer Demo in Erding, die Mehrheit müsse sich "die Demokratie zurückholen". Auch am Dienstagabend überraschte der Freie-Wähler-Chef mit teils provokanten Aussagen und geriet deshalb mehrmals verbal mit dem ZDF-Moderator aneinander.

Mit Blick auf die schweren Unruhen in Frankreich wollte Markus Lanz am Dienstagabend zunächst von der aus Nizza zugeschalteten Expertin Annika Joeres wissen, woher "dieser Hass" komme. Die Autorin verglich die Sicherheits- und Stimmungslage in Frankreich mit "kriegsähnlichen Zuständen" und erklärte, dass mittlerweile rund 45.000 Polizisten im Einsatz seien. Dem gegenüber stünden Jugendliche in Turnschuhen "mit einer unglaublichen Wut". Zu den Ursachen für die Proteste erklärte die Expertin, dass die französische Polizei als tödlichste Polizei Europas gelte und es einen "nachweislichen Rassismus" gebe.

"Leider geht Macron gerade nicht an die Ursachen ran", so Joeres im Gespräch mit Lanz. Macron habe demnach keine politische oder soziale Antwort auf diese Wut der Bevölkerung. Politologin Ursula Münch reagierte geschockt und merkte an: "Dieser Gedanke, dass die Polizei dein Freund und Helfer ist (...), den gibt es in Frankreich so nicht mehr." Auch Hubert Aiwanger zeigte sich entrüstet und erklärte: "Wenn sich ein Teil der Bevölkerung nicht mehr mit dem Staat, nicht mehr mit der Gesellschaft identifiziert (...) und eben nicht bereit ist, sich in demokratische Strukturen zu integrieren, dann kann das schieflaufen." Gleichzeitig warnte der bayerische Wirtschaftsminister: "Die Parallelgesellschaft haben wir auch schon in Ansätzen."

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Aiwanger kritisiert "zu liberales Aushändigen unserer Pässe"

Laut Aiwanger gebe es mit Blick auf die jüngsten Ausschreitungen in Essen, bei denen es zu Gewalt zwischen verfeindeten Großfamilien aus Syrien und dem Libanon kam, auch in Deutschland "Parallelwelten", in denen man "die heimische Justiz" nicht mehr anerkenne. Die Ursache dafür sehe er vor allem in der Politik, die ein "zu liberales Aushändigen unserer Pässe" zulasse und "einbürgert, bevor die Integration funktioniert hat". In dem Zusammenhang sprach er von "diesen Syrern, die seit acht Jahren bei uns sind" und im Besitz eines deutschen Passes seien. Eine Wortwahl, die Markus Lanz fassungslos machte. Er hakte nach: "Diese Syrer haben Sie gerade gesagt?"

Aiwanger ruderte daraufhin prompt zurück und versicherte, dass er damit nicht "pauschal alle Syrer" meinte, sondern lediglich "die Syrer, die seit 2015 hier sind". "Die bekommen momentan sehr großzügig die deutschen Pässe, sind aber noch nicht unbedingt im Arbeitsmarkt integriert", so der Freie-Wähler-Chef. Er ergänzte: "Ich sehe es als politischen Fehler, hier zu schnell denen mit dem Pass hinterherzulaufen." Journalist Florian Flade warnte den Politiker daraufhin vor einem AfD-Jargon, der die Stimmung im Land weiter aufheize: "Das kann gefährlich werden."

Auch Markus Lanz hakte immer wieder kritisch nach, woraufhin Hubert Aiwanger sichtlich genervt sagte: "Sie lenken (...) von der inhaltlichen Debatte ab ins Wording." Als der Politiker dem ZDF-Moderator unterstellte, ihn in eine rechte Ecke drängen zu wollen, konterte Lanz: "Sie haben einen komischen Verfolgungswahn. (...) Sie sind wahnsinnig misstrauisch, weil Sie merken, mit der Art und Weise, wie sie reden, kann man was anfangen."

Aiwanger: "Wenn es mich nicht gäbe, wäre das Land noch polarisierter"

Dies brachte Markus Lanz auf die Rede Aiwangers bei einer Anti-Heizungsgesetz-Demo in Erding zu sprechen, bei der der Freie-Wähler-Chef über "die schweigende große Mehrheit dieses Landes" gesprochen hatte, die sich nach Aiwangers Meinung "die Demokratie wieder zurückholen" müsse. Statt zurückzurudern verteidigte Aiwanger am Dienstagabend seine Wortwahl und stellte klar: "Ich habe das Volk dort abgeholt, wo es war." Der Politiker ergänzte: "Wenn es mich nicht gäbe, wäre das Land noch polarisierter." Anhand des umstrittenen Heizungsgesetzes sei laut Hubert Aiwanger deutlich geworden, dass es sich aktuell in Deutschland nur noch um "eine Demokratie formal" handle und die Bevölkerung sich "nicht mehr abgeholt" fühle.

"Die Vorgehensweise der Ampel ist (...) für mich undemokratisch, wenn sie gegen die Mehrheit der Bevölkerung Politik macht", so Aiwanger. Mit Blick auf den Höhenflug der AfD warnte der bayerische Wirtschaftsminister: "Die Menschen müssen in der politischen Mitte wieder Parteien finden, die ihre Alltagssorgen ernst nehmen." Der ZDF-Moderator fragte skeptisch: "Sie verstehen sich quasi als Lautsprecher für Sätze, die sich sonst keiner zu sagen traut?" Darauf antwortete Aiwanger selbstbewusst: "Teilweise ja!"

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