"Tina mobil" - Mi. 22.09. - ARD: 20.15 Uhr

Zärtlich das Herz aus der Brust reißen

19.09.2021 von SWYRL/Franziska Wenzlick

Tina (Gabriela Maria Schmeide) hat immer einen Plan. Auch dann, wenn ihr Leben akut einsturzgefährdet ist. Und das ist es, wie die wunderbar charmante Miniserie "Tina mobil" erzählt, eigentlich dauernd.

"Lieber Gott, mach, dass alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm machen", wünscht sich Tina (gewohnt grandios: Gabriela Maria Schmeide), als sie wieder einmal vor den großen und noch größeren Herausforderungen ihres Lebens steht. Doch Gott scheint nicht zuzuhören. Und so muss Tina ihr Leben eben doch wieder selbst in die Hand nehmen. Wie anstrengend das ist, erzählen die sechs Episoden der herrlich cleveren Miniserie "Tina mobil", die das Erste auf dem "FilmMittwoch" jeweils in Doppelfolgen zeigt.

Leicht hat es Tina Sanftleben jedenfalls selten bis nie. Harry (Alexander Hörbe), ihren durchaus liebenswerten, aber versoffenen Ehemann, hat sie schon vor zwei Jahren vor die Tür gesetzt. Ihre 20-jährige Tochter Carolin (Runa Greiner) ist, geplagt von Depressionen und Angstzuständen, zurück ins mütterliche Nest geflüchtet und frönt seither ihrer großen Leidenschaft: Make-Up-Tutorials auf YouTube zu posten. Sohn Felix (David Ali Rashed) hat sich indessen seiner Karriere als Dealer zugewandt und sogar Lieblingskind Julia (Fine Sendel) scheint sich nicht an den Masterplan halten zu wollen, den Tina für ihre Sprösslinge ausgeheckt hatte.

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Die wahre Tragödie offenbart sich erst nach und nach

Was in Wirklichkeit los ist bei den Sanftlebens, das geben Regisseur Richard Huber und Drehbuchautorin Laila Stieler erst gegen Ende der Serie preis. Bis dahin tasten sie sich mit viel Geduld und Vorsicht an die Urkatastrophe heran, die dieser überaus menschlichen Geschichte zugrunde liegt. Wie herzzerreißend die liebenswerte Milieustudie tatsächlich ist, lässt sich zu Beginn der Serie auf jeden Fall noch nicht erahnen.

So scheint es zwar reichlich unfair, dass Tinas Chef ihr fristlos kündigt, immerhin ist sie mit ihrem Bäckermobil die beste Verkäuferin des alten Zollerichs. Doch wenn eine stets positive Tina ihren Kindern in zuversichtlichstem Berlinerisch erklärt, alles im Griff zu haben, dann glaubt man ihr. Obwohl es immerzu ums (nicht vorhandene) Geld geht - um die Ängste, die Sorgen und Nöte einer Mutter in Berlin-Pankow, für die ihr Nachwuchs jederzeit an erster Stelle steht - lässt sich Tina nicht unterkriegen. Stattdessen macht sie sich mit ihrem eigenen "Tina Mobil" selbstständig, lässt ihr Umfeld an ihren Lebensweisheiten teilhaben ("Schokolade ist Gottes Entschuldigung für Brokkoli!") und tut alles, um ihren Kindern nah zu bleiben.

Eine in nahezu jeglicher Hinsicht durchschnittliche Familie

Letzteres will leider jedoch nicht immer klappen. Oder, wie Tina es ausdrückt: "Keiner kann dir so zärtlich das Herz aus der Brust reißen wie deine Kinder." Mehr Respekt, mehr Aufmerksamkeit wünscht sich dahingegen Caro, die permanent missverstanden und unterschätzt wird von ihrer Mutter. Dabei meint die es gar nicht böse mit ihr. Vielmehr hat Tina aus den Augen verloren, was ihre Tochter wirklich plagt. Auch ihren Sohn Felix bekommt Tina nicht mehr so richtig zu fassen. Ständig lügt er. Aber: "Wer nie lügt, wird nie groß", das weiß Tina selbst am besten. Am Schluss stellt sie fest: Eigentlich war sie immer glücklich. Sie hat es bloß nie gemerkt.

Zärtlich das Herz aus der Brust reißen, das gelingt auch "Tina mobil" ganz gut. So klug, so charmant und gleichermaßen so tieftraurig wurde in deutschen Serien bislang wohl nur selten von einer in nahezu jeglicher Hinsicht durchschnittlichen Familie erzählt. Gerade diese Gewöhnlichkeit ist es jedoch, die diese mit Ausnahmetalenten wie Gabriela Maria Schmeide, Runa Greiner und Fine Sendel hervorragend besetzte Tragikomödie zu einer mehr als außergewöhnlichen Produktion macht.

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