Der Barcelona-Krimi: Entführte Mädchen - Do. 04.08. - ARD: 20.15 Uhr

Wenn sich die Beförderung vor den Teamspirit schiebt

31.07.2022 von SWYRL/Hans Czerny

In ihrem dritten Barcelona-Krimi treffen die Kommissare Xavi Bonet (Clemens Schick) und Fina Valent (Anne Schäfer) auf ein verletztes Mädchen, das seinem Peiniger gerade noch entkommen ist. Vergrabene Mädchenleichen lassen auf einen Lustmörder schließen. Das Erste zeigt den Film nun erneut.

Wenn deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler Kommissarinnen und Kommissare in fremden Ländern geben, ist das nie ein leichtes Spiel, zumal sich der sterile Synchronton häufig als zusätzliches Ärgernis entpuppt. Ist der Plot spannend genug, vergisst man derlei Hindernisse als Publikum schnell: Okay, das geht, diese Story könnte genau so nach Athen, Lissabon oder eben Barcelona gehören - im Glücksfall werden einem gar die Probleme der Einheimischen nähergebracht. Der dritte "Barcelona-Krimi" aus dem Jahr 2020 aber könnte in seiner realitätsfernen Ausgedachtheit auch irgendwo sonst auf der Welt spielen. Es wurden (und werden) hier auf grausame Weise mehrere Mädchen entführt, gefesselt, in Kisten gestopft und nach ihrem Ableben entsorgt. Alles ein bisschen viel - zumal ja auch die Ermittlerfiguren ihren Anteil an der seriellen Erzählung wollen.

Der Fall "Entführte Mädchen", den das Erste nun erneut zeigt, verlangt vom Publikum viel Geduld, denn natürlich werden zunächst die Polizisten neu eingeführt und falsche Verdachtsspuren gelegt. Es gibt ja auch allerhand Neuigkeiten auf dem Revier: Fina Valent (Anne Schäfer) steigt zur Chefin der Abteilung auf. Das will erörtert sein, da mag sich Xavi Bonet, der Kollege (Clemens Schick), noch so einverständig zeigen. Dass eine(r) hinter dem Schreibtisch sitzen mag, statt auf der Straße die hoffentlich frische Luft Barcelonas zu atmen, kann er sowieso nicht verstehen.

Einigermaßen Leben gewinnt der Barcelona-Film, als sich Xavi, der brave Polizist mit dem Ganovenblick, mit einem verstört aufgefundenen Mädchen berufshalber anzufreunden beginnt. Luisa (fantastisch in ihrer schwierigen Rolle: Emilia Packard) ist nach der ihr widerfahrenen Gewalt verstummt. Ihr die Zunge zu lösen, und sei es mit einem FC Barcelona-Trikot oder mit einem von Xavi getanzten Macho-Rave, das ist eine bleibende Nummer. Schade, dass dann gleich wieder ein schlauer Polizeipsychologe als Profiler eingreifen und den Fall (falsch) erklären muss.

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Mit Botoxspritzen werden Schmerzgrenzen überschritten

Die Gentrifizierung Barcelonas, die Stadt als Zuzugsort der Betuchten und - bis dato - überkochendes Touristenziel wird Thema des nächsten Barcelona-Krimis in einer Woche sein ("Blutiger Beton", Erstsendung 2020, Wiederholung am 11.08.). Diesmal hat man es mit einem letztlich austauschbaren Schauerstück zu tun (Mädchenmorde!), das lange braucht, bis es in die Gänge kommt. Die Regisseurin Isabell Šuba überzeugte 2015 mit ihrem Spielfilmdebüt "Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste", einer Mockumentary, einer gespielten Dokumentation also, in der es um die Eitelkeiten des Filmbusiness auf dem Filmfestival von Cannes und die dort herrschende Skepsis gegenüber Regiefrauen ging. In ihrem TV-Erstling ist sie jedoch leider allzu sehr um die Erfüllung von TV- Serienklischees bemüht.

Erst spät, als sich der um die eigene Achse gedrehte Fall zu lösen beginnt, legt dieser Barcelona-Krimi endlich seine Genrefesseln ab. Mitreißend und mutig werden dann mittels Botoxspritzen Schmerzgrenzen überschritten, lugen Täteraugen höchst gefährlich durch Schlüssellöcher. Doch diese Linie - vom Serienkrimi zum kühn gemachten Thriller - findet der Film erst spät, lange Zeit verzettelt er sich in konventionellen Zutaten und Mustern des Genres.

Anfang Mai zeigte das Erste zwei neue Folgen vom "Barcelona-Krimi". Ob und wann es weitergeht, steht noch nicht fest.

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