37°: Vertrauen missbraucht - Di. 30.04. - ZDF: 22.15 Uhr

Wenn der geschützte Raum zum Albtraum wird

28.04.2024 von SWYRL/Elisa Eberle

Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu schätzungsweise 1.400 Fällen von sexueller Gewalt in der Therapie. Obwohl die Erfahrung für die Betroffenen oft scham- und leidvoll ist, erzählen drei von ihnen bei "37°" im ZDF ihre Geschichte.

Für traumatisierte Menschen ist eine Psychotherapie oft die letzte Hoffnung: Doch was passiert, wenn sie anstatt zu heilen nur weitere Traumata verursacht, weil der Therapeut oder die Therapeutin die ihm oder ihr anvertrauten Menschen sexuell missbraucht? Allein in Deutschland gibt es jährlich schätzungsweise 1.400 Fälle. Doch nur vier davon landen im Schnitt letztlich vor Gericht. Wo die Schwierigkeiten einer juristischen Aufarbeitung liegen und wie es den Betroffenen mit dieser Hürde geht, erzählt die Reportage "37°: Vertrauen missbraucht - Wenn Therapie zum Tatort wird" zur fortgeschrittener Stunde im ZDF.

Auslöser für den Film sei die Ausstrahlung der Reportage "37° Leben: Glaubt mir! Missbrauch in der Therapie" im November 2023 gewesen, erinnert sich Filmemacherin Stephanie Schmidt. Ein junger Mann namens Max berichtet darin, wie er als Siebenjähriger von seinem Kinderpsychologen sexuell missbraucht wurde: "Die Reaktionen auf den Film waren emotional", erinnert sich Filmemacherin Schmidt: "Briefe und E-Mails von Zuschauern zeigten, dass seine Geschichte kein Einzelfall ist. Missbrauch in der Therapie ist weiter verbreitet als gedacht und betrifft nicht nur Kinder. Auch erwachsene Patientinnen und Patienten sind betroffen und meldeten sich in der Redaktion."

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"Niemand möchte gern Opfer sein"

Die ZDF-Redaktion beschloss, einen weiteren Film zum Thema zu drehen. Auch diesmal kommt Max zu Wort. Der junge Mann ist nicht das einzige Opfer. Auch die inzwischen 39-jährige Alexandra wurde vor einigen Jahren Opfer sexueller Gewalt in der Therapie. 2017 hatte sie binnen eines Jahres fünf nahestehende Verwandte verloren. Um die Trauer zu bewältigen, begann sie eine Therapie. Schon in der zweiten Sitzung begann ihr Therapeut, Grenzen zu überschreiten. Er bot ihr das Du an, später kam es zum Geschlechtsverkehr.

Als es Alexandra zunehmend schlechter ging, sie ihre Ehe beendet hatte und von Suizidgedanken geqält wurde, vertraute sie sich einer Freundin an. Von ihr erfuhr sie von weiteren Betroffenen, darunter die heute 51-jährige Nicole. Beide Frauen berichten in "37°: Vertrauen missbraucht" von ihren Erfahrungen. Auch schildern sie die langen Gerichtsverfahren, in denen es wie auch bei Max zu einer Täter-Opfer-Umkehr kam. Unterstützt werden sie vom Ethikverein e.V. Dessen Vorsitzende Dr. Andrea Schleu erklärt im Interview mit dem ZDF: "Niemand möchte gern Opfer sein. Der Begriff 'Opfer' ist heutzutage sogar ein Schimpfwort. Von Missbrauch betroffen zu sein, bringt Verunsicherung, Zweifel, Scham- und Schuldgefühle mit sich."

Die Schwierigkeiten der Beweislast

Seit 1998 ist Missbrauch in Therapie und Beratung ein Straftatbestand. Eine Erleichterung für die Opfer sieht Schleu dadurch allerdings nur teilweise gegeben: "Einerseits ja, weil durch den § 174 c StGB Klarheit und Orientierung für die Betroffenen geschaffen wurde. Andererseits nein, denn Recht haben und Recht bekommen, sind zwei verschiedene Dinge." Die Expertin fährt fort: "Eine Straftat muss in einem Rechtsstaat in eindeutiger Weise bewiesen werden. Das ist jedoch schwer, denn eine psychotherapeutische Behandlung ist in der Regel eine Zweiersituation, es gibt keine unmittelbaren Zeugen. Dann steht Aussage gegen Aussage, und es gilt der Rechtsgrundsatz: In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten."

Sollte es weitere Beweise, wie Fotos oder Chatverläufe geben, würden diese von der Gegenseite und oft auch vom Gericht angezweifelt. Ist die Beweislage dünn, werde das Verfahren sehr oft eingestellt. Zögere das Opfer hingegen, einen Beschwerde- oder Rechtsweg zu beschreiten, sei Tat oftmals schon verjährt.

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