Männertreu - Mi. 25.05. - ARD: 20.25 Uhr

Verhängnisvoller Flirt mit der Macht

23.05.2022 von SWYRL/Rupert Sommer

Matthias Brandt spielt einen Verleger, der Bundespräsident werden soll. Sein geheimes Doppelleben als hemmungsloser Schürzenjäger holt ihn allerdings beim steilen Aufstieg ein.

Schneidig, stets im dunklen Anzug mit Einstecktuch und Goldrandbrille, betritt er die Redaktion und wirkt dabei wie auf einem Staatsbesuch: Georg Sahl (Matthias Brandt) ist ein Verleger vom alten Stil, der seine Frankfurter Traditionszeitung, die unweigerlich an die "FAZ" erinnert, mit harter Hand und einem Lächeln führt. Vom bunten Schlagzeilen-Gedöns will er nichts wissen. Dann bekommt er ein verlockendes Angebot: Sahl soll Bundespräsident werden. Doch sein zwanghafter Drang zu außerehelichen Sex-Affären bringt seine Karrierepläne in höchste Gefahr. Das Erste wiederholt nun das mehrfach mit dem Deutschen Fernsehpreis 2014 ausgezeichneten Politdrama "Männertreu" unter Regie von Hermine Huntgeburth. Das Drehbuch stammt von der Schriftstellerin und Literaturkritikerin ("Das Literarische Quartett") Thea Dorn.

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Der falsche Mann für den Job

Er ist ein Typ, der zwangsläufig Assoziationen hervorruft - etwa an einen bayerischen Ministerpräsidenten, der offiziell für das christlich-katholische Weltbild seiner Partei steht, aber den Bluthunden vom Boulevard dann doch von seinem Seitensprung-Kind erzählen musste. Trotzdem hat Georg Sahl, der sich mit einer liberal-konservativen Aura umgibt, für sich selbst eher das Bild des aufrecht-knorrigen Mannes mit Haltung zurechtgelegt, dem man höchstens aus üblen Motiven etwas anzuhängen versucht. Auch seine selbstgerechte Art, die gepaart ist mit abschätzigen Blicken auf die Sensationsgier der Massenmedien, weckt Erinnerungen: Man denkt an Christian Wulff, den einsamen Mann von Bellevue, der sich lange von der Presse gejagt fühlte.

Vielleicht hätte Sahl den Rat seines Sohns Thomas (Maxim Mehmet) berücksichtigen sollen. Der schleudert ihm eine Wahrheit ins Gesicht, die für den Vater unangenehm ist, weil er weiß, dass sie zutrifft. "Bring erst mal Ordnung in dein Privatleben - bevor du Bundespräsident wirst", sagt Thomas. Doch Sahl erliegt den Verlockungen der Macht. Er lässt sich sogar auf ein TV-Interview mit der Talkmasterin Helen Martin (Claudia Michelsen) ein - und geht ihr nach der Aufzeichnung in ihrer Garderobe an die Wäsche.

Großartiges Ensemble ohne Identifikationspotenzial

Ein unglücklicher Ausflug nach Hamburg, der in einer Katastrophe endet: Volontärin Nina (Peri Baumeister), die sich in ihren Chef verliebt hat und darauf hofft, ihn endlich ganz für sich zu gewinnen, ist außer sich vor Eifersucht, als sie Sahl in einem Nobelhotel mit ihren Plänen konfrontiert - und hart abblitzt. Aufgelöst rennt sie auf die Straße und wird prompt von einem Fahrzeug erfasst und lebensgefährlich verletzt. Die Revolverblatt-Reporter lassen nicht lange auf sich warten.

Die vielfach ausgezeichnete Regisseurin Hermine Huntgeburth ("Teufelsbraten") hat mit "Männertreu" (2014) ein Buch von Thea Dorn verfilmt und sich dabei an ein Drama gewagt, das Privates und Politisches natürlich nicht trennen kann und das der eitlen Mediendemokratie den Zerrspiegel vorhält. Sie kann sich dabei auf ein großartiges Ensemble, darunter auch Margarita Broich als Frankfurter Oberbürgermeisterin, stützen. Und selbstverständlich entwickelt die Dramaturgie einen Sog.

Dennoch stören den Gesamteindruck arg manierierte Dialogpassagen - etwa wenn sich die Eheleute Sahl gegenseitig mit Kleist- und Goethe-Zitaten übertrumpfen. Vieles wirkt gewollt und behauptet, echte Identifikation lässt der Film, der seine Künstlichkeit bewusst in entsättigten Farben ausstellt, kaum zu.

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