"Markus Lanz"

Karl Lauterbach räumt bei "Markus Lanz" Fehler ein: Manche Corona-Regeln waren "Exzesse"

10.02.2023 von SWYRL/Natascha Wittmann

Knapp drei Jahre nach den ersten großflächigen Infektionen wurde bei "Markus Lanz" (ZDF) eine Bilanz der deutschen Corona-Politik gezogen. Karl Lauterbach (SPD), erst mahnender Experte, dann Gesundheitsminister, räumte gravierende Fehler ein, betonte aber auch: "Vieles von dem, was wir gemacht haben, ist richtig gewesen." Heftige Kritik hagelte es von Heribert Prantl.

Maskenpflicht, Reiseverbote, strenge Lockdowns: Seit den ersten großflächigen Corona-Infektionen im März 2020 wurden Maßnahmen ergriffen, die das Leben der Bürger und Bürgerinnen mitunter stark einschränkten und zur Spaltung der Gesellschaft beitrugen. Bei "Markus Lanz" (ZDF) wurde am Donnerstagabend eine Bilanz der deutschen Pandemie-Politik gezogen. Im Fokus: Karl Lauterbach, erst mahnender Experte, dann Gesundheitsminister. "Vieles, von dem, was wir gemacht haben, ist richtig gewesen", glaubt der SPD-Politiker nach wie vor. Er räumte in der Sendung aber auch teils gravierende Fehler ein.

"Was Schwachsinn gewesen ist, wenn ich so frei sprechen darf, sind diese Regeln draußen", sagte Lauterbach mit Blick auf die Verbote, sich in Parks aufzuhalten oder ohne Maske joggen zu gehen. "Das sind Exzesse gewesen." Diese seien aber weder ihm noch seinem Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) anzukreiden. "Da haben die Länder massiv überreizt, und kein Land mehr als Bayern", so Lauterbach.

Was definitiv gefehlt habe, "waren Experten für die Belange von Kindern. Die langen Schulschließungen waren ein Fehler", gab der SPD-Politiker zu. Dem konnte der ebenfalls geladene Journalist und Jurist Heribert Prantl nur beipflichten: "Es wurden die Eltern nicht gehört, es wurden die Lehrerinnen und Lehrer und die Schüler nicht gehört. Die Expertise war viel zu schmal." Auch der Gesundheitsexperte und Investigativjournalist Markus Grill (NDR/WDR) kritisierte: "Bei Merkel wusste man gar nicht, wer die Kanzlerin berät. Als Prozess ist das völlig untragbar für ein Land wie Deutschland."

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Heribert Prantl: "Wir haben in den letzten drei Jahren am offenen Herzen der Demokratie operiert"

In der Diskussion geriet jedoch schnell Karl Lauterbach wieder in den Mittelpunkt der Kritik und wurde von den Gästen von Markus Lanz teils scharf attackiert. So unterstellte Heribert Prantl einen fahrlässigen Umgang mit den Grundrechten: "Wir haben in den letzten drei Jahren am offenen Herzen der Demokratie operiert. Mir war dieser Staat nie so fremd wie in dieser Zeit. Er war unbarmherzig und ist mir manchmal unheimlich gewesen. Ausgangssperren, Reisesperren, die Lockdowns: Wir haben unser Grundgesetz mit Füßen getreten."

Markus Grill attestierte dem SPD-Politiker derweil ein übertriebenes Maß an Hysterie und erklärte: "Ein Politiker sollte nicht mit Ängsten operieren, die auf wackligen Beinen stehen." Heribert Prantl ging noch weiter: "Sie sind mit schuld daran, dass es die Querdenker gab. In der Art und Weise, wie Sie Kritik abgebügelt haben, wie Sie Andersdenkende als 'Verschwörungstheoretiker' bezeichnet haben." Ein "saftiger Vorwurf", erkannte Markus Lanz, den Karl Lauterbach so nicht akzeptieren wollte: "Wenn wir die Maßnahmen nicht gemacht hätten, dann wären in Deutschland ungefähr eine Million Menschen gestorben. Das kann doch nicht richtig sein!"

Weil man jedoch vorsichtiger als andere europäische Länder agiert habe, sei man "sehr gut durchgekommen" und habe trotz alter Bevölkerung eine geringere Sterblichkeit gehabt, bilanzierte Lauterbach und sprach von rund 180.000 Menschen, die an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben seien. Zudem stellte der Gesundheitsminister klar: "Dass jetzt diejenigen, die versucht haben, die Bevölkerung zu schützen, [...] plötzlich verantwortlich gemacht werden für die Querdenker, das ist perfide und nicht richtig. Man habe Studien ausgewertet und Entscheidungen im Einklang mit der Wissenschaft getroffen. "Wir werden erneut Pandemien haben. Ihre Meinung, dass man die Maßnahmen nicht gebraucht hätte, das ist Gift", entgegnete er Richtung Prantl.

Karl Lauterbach: "Die Pandemie ist nicht vorbei"

Während der SPD-Politiker die strengen Maßnahmen verteidigte, schaltete sich Ärztin Dr. Agnes Genewein ein. Sie soll dem Bundesgesundheitsminister in der Vergangenheit mehrere verzweifelte Brandbriefe geschrieben haben, um die prekäre Situation in Kinderkrankenhäusern und -psychiatrien zu beschreiben. Bei "Markus Lanz" offenbarte die Ärztin, wie schwer sich die Corona-Maßnahmen auf die Psyche von Kindern auswirkten: "Die Folgen, die wir jetzt erleben, sind verheerend." Die Ärztin forderte deshalb: "Wir brauchen jetzt aktive Maßnahmen, um den Kindern mit Angststörungen zu helfen." Auch Heribert Prantl plädierte: "Das Leben spielt sich nicht in Modellen ab, das Leben spielt sich zu Hause, in der Schule und im Home-Office ab."

Der Bundesgesundheitsminister stimmte dem zwar zu, mahnte aber auch: "Die Pandemie ist nicht vorbei. Es sind nach wie vor Menschen schwer erkrankt und wir haben jeden Tag Infektionen. Es ist immer noch ein guter Rat, vorsichtig zu sein."

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