Felix Austria!
Sie sind unter uns, und sie sind überraschend viele. Manchmal erkennt man sie am putzigen Dialekt, oft am einzigartigen Schmäh und praktisch immer am überbordenden Talent. Man muss sich angesichts von Alleskönnern wie Josef Hader (links) und Simon Schwarz fragen: Was wäre das deutsche Fernsehen ohne die Stars aus dem südöstlichen Nachbarland? Eine Liebeserklärung an die österreichische Schauspielkunst ...
© ZDF / ORF / Petro DomeniggJosef Hader
Josef Hader hat als hauptberuflicher Kabarettist den Vorteil, dass er nur dort als Schauspieler in Erscheinung treten muss, wo sich das kabarettistische Schaffen spielend in die Figur verlängern lässt. Zum Beispiel als griesgrämiger "Aufschneider" (siehe Foto) oder als griesgrämiger Detektiv in den Brenner-Krimis nach Wolf Haas.
© ARTE / ORF / Ingo PertramerJosef Hader
In seiner ersten Regiearbeit "Wilde Maus" (2017) erzählte Hader von einem Wiener Musikkritiker, der seinen Job verliert und dann in eine schlimme Abwärtsspirale gerät, bis zu dem Punkt, an dem er seinen alten Chef ermorden will (und scheitert). Auch in Haders zweitem Film, "Andrea lässt sich scheiden" (Bild, Kinostart: 3. April(, blickt der Regisseur und Autor mit lakonischem Witz in tiefe menschliche Abgründe.
© Majestic/Darryl OswaldBirgit Minichmayr
Birgit Minichmayr ist Burgtheaterstar mit jeder Körperfaser und schüchtert mit ihrer "Weibsteufel"-Aura normalerweise das Theaterpublikum ein. Sie rettet von dieser "Weibsteufel"-Aura aber immer auch überraschend viel in einen Fernsehfilm. Kann historische Rollen ("Die Verführerin Adele Spitzeder") genauso gut wie Zeitgenössisches ("Dengler"). In Josef Haders neuem Film "Andrea lässt sich scheiden" (Bild) spielt sie die titelgebende Hauptrolle.
© Majestic/Ioan GavrielSimon Schwarz
Er versteht es perfekt, Niedertracht und Perversitäten im Verbund mit einer Biedermannfassade zu kredenzen. Simon Schwarz ist deshalb ganz zu recht inflationär oft die erste Wahl für den Part in der zweiten Reihe - sowohl im Lustspiel (die Eberhofer-Krimis, "Vorstadtweiber") als auch im ernsten Fach ("Dorf des Schweigens", siehe Foto).
© ZDF / Jürgen OlczykAdele Neuhauser
Im Wiener "Tatort" gibt sie bereits seit zehn Jahren der austriarkischen Liebenswürdigkeit ein von Einsamkeit und Suff gezeichnetes, aber höchst sympathisches Gesicht. Adele Neuhauser sagt nach überwundener Todessehnsucht mit Anfang 20 über ihre "Tatort"-Rolle: "Es ist schon dienlich, wenn man ähnliche, tief sitzende Erfahrungen in seinem Leben gemacht hat - zumindest in der Peripherie."
© ARD Degeto/ORF / Allegro Film / Hubert MicanHarald Krassnitzer
Harald Krassnitzer gibt der austriarkischen Misanthropie im Wiener "Tatort" ein liebenswertes Gesicht. War außer "Tatort"-Inspektor auch schon "Winzerkönig" und Mediator ("Paul Kemp - Alles kein Problem", siehe Foto). Krassnitzer lebt mit Schauspielkollegin und Gattin Ann-Kathrin Kramer in Tirol und in Wuppertal. Warum auch immer ...
© ARD Degeto/ORF/Allegro Film/Hubert MicanNicholas Ofczarek
Er kann so grimmig gucken, dass ihm Frankfurter Psychokiller ("Tatort", siehe Foto) und litauische Menschenhändler ("The Team") gleichermaßen überzeugend von der Hand gehen. Aber auch als korrupter Bulle ("Unter Feinden") und als spielsüchtiger Industriellenspross ("Altes Geld") ist Nicholas Ofczarek eine Schau.
© HR / Bettina MüllerFritz Karl
Er hat den schlitzohrigen österreichischen Hallodri so überzeugend drauf, dass er spielend auch als britischer ("Inspector Jury", siehe Foto) und als Hamburger Hallodri ("Unter Feinden") durchgeht: Fritz Karl behauptete einst zwar, dass deutscher Humor vergleichbar mit rumänischer Haute Couture sei, kann über Piefke-Freundin und Schauspielkollegin Elena Uhlig aber trotzdem herzhaft lachen.
© ZDF / John HardingSophie Rois
Sophie Rois ist in ihren Rollen ungefähr so berechenbar wie das Wetter in den Hochalpen. Hat eine Stimme, die durchs Mark fährt, und einen stechenden Blick, dem man wahrscheinlich widerstehen sollte, aber niemals kann. Ist auch privat eher abweisend: "Ich habe keinen Ehemann, kein Haus und kein Auto." Nachwuchs auch nicht: "Ich kann meine Ratlosigkeit nicht an ein Kind weitergeben."
© X-VerleihBernhard Schir
Er hat diesen charmant-maliziösen Blick derart kultiviert, dass er seit etlichen Jahren auf das "Rindvieh à la carte" (Szene aus dem gleichnamigen Film) abonniert ist. Bernhard Schir spielt das Ekel vom Dienst gleichermaßen engagiert in anspruchsvollen ("Spuren des Bösen", "Vorstadtweiber") und anspruchslosen Produktionen ("Unter weißen Segeln", "Lilly Schönauer").
© ARD Degeto / SWR / Johannes KriegMaria Köstlinger
Sie spielt die "wilde Walli" aus den "Vorstadtweibern" mit derart lustvoller "Desperate Housewives"-Attitüde, dass man ihre ruhmreiche Theatervergangenheit glatt vergessen könnte: Maria Köstlinger ist seit 1996 Mitglied im Ensemble des Theaters in der Josefstadt in Wien.
© ARD / ORF / MR Film / Petro DomeniggNora Waldstätten
Nora Waldstätten schafft es spielend, eine Rolle mit festgefrorener Mimik einzig kraft ihrer funkelnd grünen Eisaugen zu beleben. Machte früh Furore als gefühlskalte "Tatort"-Mörderin, amtiert inzwischen als gefühlskalte ZDF-Kommissarin ("Die Toten vom Bodensee").
© ZDF / Petro Domenigg Vienna-AustriaFranziska Weisz
Sie wurde vom "Hundstage"-Regisseur Ulrich Seidl eher zufällig als Schauspielerin entdeckt und hat nach bodenständigem Studium in England jegliche Ösi-Folklore abgestreift. Glänzt oft als geheimnisvolle und wortkarge Schöne - zum Beispiel im NDR-Tatort (siehe Foto) mit Wotan Wilke Möhring.
© NDR / Marion von der MehdenJulia Koschitz
Sie hat den geneigten Zuschauer mit ihren strahlend braun-grünen Rehaugen noch jedes Mal an den Wickel gekriegt: Julia Koschitz erdet gekonnt das Leichte ("Shopping", "Der letzte schöne Herbsttag"), geht aber so richtig erst in Figuren auf, die schwere Existenzkrisen durchmachen ("Pass gut auf ihn auf!", "Zweimal lebenslänglich").
© ZDF / Jacqueline Krause-BurbergGeorg Friedrich
Er verkörpert derart wenig Kaffeehaus und derart viel Gosse, dass er nicht zu schlagen ist, wann immer ein Strauchdieb, Ganove, Sadist oder Vollprolet im Unterhemd gespielt werden soll. Das wirkt sich auch privat aus: Georg Friedrich freut sich in der Regel, wenn er in Wien auf der Straße angesprochen wird: "Die Leute begrüßen mich dann ganz freundlich, wie einen Saufkumpel."
© Stephan Rabold / Frisbee FilmsRobert Palfrader
Robert Palfrader hat wie der Kollege Josef Hader zu viele Talente (Kabarett, Comedy, Moderation), um nur als Schauspieler zu arbeiten. Ist besonders überzeugend, wenn er gesellige Drecksäcke ("Braunschlag") oder gesellige Loser ("Der Metzger", siehe Foto) spielt.
© ARD / Degeto / Jacqueline Krause-BurbergNina Proll
Sie trägt das Prollige nicht nur im Namen, sondern stellt es auch auf äußerst anbetungswürdige Weise in Filmen zur Schau: Aber auch in grellen ("Braunschlag") oder moderat satirischen ("Vorstadtweiber", siehe Foto) Serien kann sie diese Qualität voll ausspielen.
© ARD / ORF / Thomas RamstorferGregor Bloéb
Gregor Bloéb, Ehemann von Nina Proll und Bruder von Tobias Moretti, hingegen beherrscht sowohl schmierig-schwierige Typen (Hotelierssohn in der "Piefke-Saga", Zuhälter im "Tatort") als auch liebenswert-trottelige Loser ("Single Bells", "Muttis Liebling", Bild) nach Belieben.
© BR / ORF / SchaflerTobias Moretti
Wie sein Bruder feierte auch Tobias Moretti seinen ersten TV-Erfolg in der legendären "Piefke-Saga", wühlt sich seit Jahren so leidenschaftlich durch Charakterrollen unterschiedlichster Couleur (Andreas Hofer!, Luis Trenker!!, Adolf Hitler!!!), dass die populäre, aber vom Star ungeliebte "Kommissar Rex"-Vergangenheit fast vollständig verblasst ist.
© Thomas Niedermueller/Getty Images for ZFFKarl Markovics
Karl Markovics hat sich von seinen Anfängen als Tobias Morettis "Kommissar Rex"-Gehilfe etliche Hundejahre entfernt. Ist auffallend oft in Zusammenhang mit bedeutenden Preisverleihungen im Gespräch (Auslandsoscar für "Die Fälscher"), veredelt mit seinem Einfache-Leute-Charme aber auch immer mal wieder einen TV-Film.
© Pascal Le Segretain / Getty ImagesErwin Steinhauer
Auch Erwin Steinhauer ist wie viele seiner Landsleute ein geschulter Theatermann und gefeierter Kabarettist. Weiß sowohl in leichten TV-Komödien ("Single Bells") als auch in brutalen Kino-Dramen ("Das finstere Tal") zu begeistern. Ist als gemütlicher Lebemann ("Der Sonne entgegen") genauso brillant wie als melancholischer Dorfpolizist ("Polt muss weinen", Bild).
© ZDF / ORF / Petro DomeniggAndreas Lust
Reiner Zufall? Andreas Lust ist in auffallend vielen Rollen beim Joggen ("Revanche", "Der Räuber") zu sehen, was nicht darüber hinwegtäuscht, dass es dabei weniger ums Sportliche als vielmehr um gebrochene, maliziöse Typen wie Zuhälter ("Tatort"), Totschläger oder Bankräuber geht.
© ZDF / Miguel DieterichMaria Hofstätter
Sie spielt mit furchteinflößender Hingabe abseitige Figuren: Maria Hofstätter begeisterte in den David-Schalko-Serien "Braunschlag" und "Altes Geld" und war (heimlicher) Star mehrerer Ulrich-Seidl-Filme als geistig zurückgebliebene Anhalterin ("Hundstage") und mit einem Kruzifix masturbierende katholische Fundamentalistin ("Paradies: Glaube").
© Adam Berry/Getty ImagesUrsula Strauss
Ursula Strauss' Spezialität? Sie verkörpert in ihren Rollen einen reizvollen Mischzustand aus Herzenswärme und Durchtriebenheit. Ist in vielen durchgeknallten Satiren als einziger Normalo besetzt ("Aufschneider", "Altes Geld") und dank "Schnell ermittelt" ein Serienstar.
© Juan Naharro Gimenez/Getty ImagesPeter Simonischek
Er starb im Mai 2023; Peter Simonischek wurde als gestandener Theaterrecke vorzugsweise dann im Film gebraucht, wenn es einen Hochstapler ("Bella Block", "Toni Erdmann"), Lebemann ("Liebesjahre") oder Schwerenöter ("Der Kaktus") mit rotweingetränkter Kultiviertheit zu spielen gilt.
© Pascal Le Segretain/Getty ImagesChristiane Hörbiger
Sie wirkte mit formvollendeter Strenge wie die letzte Nachfahrin der k.u.k.-Monarchie. Die 2022 verstorbene Christiane Hörbiger sichtete Drehbücher sehr wahrscheinlich stets mit abgespreiztem kleinen Finger. Keine Schauspielerin, eine Institution - nicht nur aufgrund der Familientradition (ihre Eltern waren die Schauspiel-Legenden Attila Hörbiger und Paula Wessely).
© ZDF / Maria Krumwiede