"Krimi aus Passau"-Star im Interview

Michael Ostrowski: "97 Prozent aller Fernsehkrimis kann ich nichts abgewinnen"

20.01.2024 von SWYRL/Franziska Wenzlick

Michael Ostrowski ist Moderator, Filmemacher, Schriftsteller - und als Schauspieler regelmäßig in Krimireihen wie dem "Krimi aus Passau" und den Eberhofer-Filmen zu sehen. Weshalb er eigentlich wenig für das Genre übrighat, erklärt der Österreicher im Interview.

Vielen Zuschauerinnen und Zuschauern dürfte der Moderator, Schauspieler, Filmemacher und Romanautor Michael Ostrowski vor allem aus diversen Krimireihen bekannt sein: 16 Jahre lang stand er für den österreichischen Serienhit "Vier Frauen und ein Todesfall" (2004-2020) vor der Kamera. In den Eberhofer-Krimis gibt er regelmäßig den Gerichtsmediziner Günter. Und seit 2020 ermittelt Ostrowski als Privatdetektiv Ferdinand Zankl im "Krimi aus Passau"; auch 2024 folgen zwei neue Filme der BR-Reihe ("Zeit zu beten" am Donnerstag, 25. Januar, 20.15 Uhr, und "Gier nach Gold" am Donnerstag, 1. Februar, ebenfalls 20.15 Uhr, im Ersten). Kaum zu glauben also, dass der 51-jährige Österreicher von sich selbst behauptet, "ein Gegner von Fernsehkrimis" zu sein. Warum das nicht für alle Filme zutrifft und weshalb seine wahre Leidenschaft ohnehin nicht der Schauspielerei gilt, verrät Ostrowski im Interview.

teleschau: Ihrem Instagram-Profil zufolge würden Sie drei Dinge auf eine einsame Insel mitnehmen: einen Würfelbecher, Ihren Roman "Der Onkel" - und einen roten Ford Escort. Ist die Liste noch aktuell, Herr Ostrowski?

Michael Ostrowski: Klar. Den Würfelbecher und das Buch habe ich immer dabei. Den roten Ford Escort leider nicht, der ist die Schwachstelle. Obwohl der auf einer Insel natürlich am wichtigsten wäre.

teleschau: Kommen wir zum Würfelbecher: Sind Sie Spieler?

Ostrowski: Nicht wirklich, nur beruflich. Ich kann zum Beispiel überhaupt nicht Karten spielen. Würfelspiele mag ich aber, weil ich davon überzeugt bin, dass ich die Würfel beeinflussen kann (lacht).

teleschau: Bleibt noch "Der Onkel". Wie kam es dazu, dass Sie 2022 Ihren ersten Roman veröffentlicht haben?

Ostrowski: Da muss ich etwas ausholen: In den 90-ern spielte ich während meines Studiums parallel in einem Theater. Irgendwann schrieb ich ein Drehbuch für mich und meine Theaterfreunde. "Nacktschnecken" hieß das Stück. Durch Zufall wurde daraus dann tatsächlich eines Tages ein Kinofilm - und ich war plötzlich Filmschauspieler und Drehbuchautor. Mein Prinzip war immer Learning by Doing, auch bei dem Roman. Ich hatte zuvor bereits sehr viele Jahre für das Drehbuch recherchiert. Als der Film dann fertig war, hatte ich noch so viel Material im Kopf, dass ich mich einfach hingesetzt und den Roman geschrieben habe.

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"Mir ist das Schreiben total wichtig"

teleschau: Können Ihre Leser eines Tages mit einem zweiten Roman rechnen?

Ostrowski: Mit was kann man schon rechnen im Leben? Ich kann nur eines sagen: Ich schreibe gerne. Das Schreiben ist schön, weil ich das im Gegensatz zum Filmemachen alleine tun kann. Das ist befreiend: Ich sitze vor meinem Laptop, habe nicht 40 Leute um mich herum und kann die Dinge, die ich im Hirn oder im Herzen habe, zu Papier bringen. Schreiben werde ich also sicher etwas.

teleschau: Das klingt fast, als würden Sie das Schreiben der Schauspielerei vorziehen.

Ostrowski: Mir ist das Schreiben total wichtig. Es ist ein Teil meines Lebens, der eigentlich viel größer ist, als eine Rolle in einem Film zu spielen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch die Schauspielerei liegt mir sehr am Herzen. Aber: All das, was aus mir selbst heraus geschaffen wird, macht mich aus. Das bin ich. Deshalb rühre ich nun auf Instagram die Werbetrommel, obwohl mir soziale Medien eigentlich sehr fremd sind (lacht).

teleschau: Ihre Online-Präsenz dient also nur Werbezwecken?

Ostrowski: Mein Instagram-Account existiert nur, weil ich Promo für mein Buch und den Film machen sollte. Das ist auch okay so, aber eigentlich nervt mich diese Social-Media-Welt. Die dauernde Selbstvermarktung von Schauspielern und Autoren sehe ich meist kritisch. Es geht aber auch anders: Bei Teddy Teclebrhan oder Yung Hurn funktioniert das zum Beispiel perfekt. Beide haben sich die eigene Karriere darauf aufgebaut. Die machen das vollkommen richtig. Ich bin eben aus einer anderen Generation. Ich war nie auf die sozialen Medien angewiesen, um meinen Beruf ausüben zu können.

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"Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie gelangweilt"

teleschau: Kommen wir zum neuen "Krimi aus Passau", in dem es hinter Klostermauern geht - wenn auch nicht für den von Ihnen gespielten Privatdetektiv Zankl. Haben Sie selbst schon einmal in Erwägung gezogen, sich für eine Auszeit ins Kloster zu begeben?

Ostrowski: Ein sehr guter Freund von mir geht jedes Jahr eine Zeit lang in ein Schweigekloster. Ich habe mir schon oft ausgemalt, wie schwierig das sein muss. Ich glaube, für mich ist das momentan nicht das Richtige. Ich versuche aber, hin und wieder zu meditieren. Das ist meine Form von Kloster. Jack Kerouac, einer meiner Lieblingsautoren, beschäftigte sich viel mit dem Zen-Buddhismus. Das hat mich inspiriert.

teleschau: Ist die Meditation die einzige Art und Weise für Sie, Ausgleich zum Alltag zu finden?

Ostrowski: Wenn ich in Graz bin, gehe ich ganz gerne in den Wald. Mir fällt es aber ohnehin leicht, nichts zu tun. Damit hatte ich nie ein Problem. Wenn ich nichts tue, passieren viele Dinge. Da arbeitet das Unterbewusstsein am besten.

teleschau: Kommt bei Ihnen jemals Langeweile auf?

Ostrowski: Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie gelangweilt. Früher vielleicht, wenn ich als Kind in die Kirche musste (lacht).

teleschau: Wie ist Ihr heutiges Verhältnis zur Kirche?

Ostrowski: Ich bin nicht religiös und mittlerweile aus der Kirche ausgetreten. Es ist aber spannend, was alles wegfällt, wenn es die Kirche im Leben der Menschen nicht mehr gibt. Es hinterlässt eine irrsinnige Leere, das spüre ich auch. Ich bin da sehr zerrissen, weil ich weiß, dass die Kirche etwas Einigendes haben kann. Trotzdem ist es für mich persönlich nicht das Richtige.

teleschau: Zurück zum "Krimi aus Passau": In einem Interview sagten Sie einst, dass Ihre Figur Ihnen immer ein Rätsel bleiben müsse, um nicht langweilig zu werden. Ist Ihnen Ferdinand Zankl nach vier Jahren immer noch ein Rätsel?

Ostrowski: Er ist immer noch ein Mysterium für mich. Gott sei Dank. Ich will mich selbst überraschen, denn nur dann kann ich auch andere überraschen. Dadurch bleibt die Rolle interessant. Wir haben als Schauspieler beim "Krimi aus Passau" relativ viel Mitspracherecht. Das ist sehr selten und ein großes Glück. Tatsächlich spüre ich beim Drehen oft, dass ich etwas anders machen möchte - und überrasche dann nicht nur meine Mitspieler, sondern auch mich selbst. Das geht allerdings nicht, wenn ich schon alles über eine Figur weiß.

teleschau: Was wissen Sie über Ferdinand Zankl?

Ostrowski: Zankl ist ein ziemlicher Einzelgänger, der in diese seltsame Geschichte mit zwei Frauen hineingeraten ist und nun nicht mehr herauskommt. Das ist völlig ausreichend als Vorgabe. Das Unterbewusstsein ist viel stärker, als wir glauben. Wenn wir das für uns arbeiten lassen, wird alles dichter und spannender.

"Die meisten Krimis interessieren mich nicht sonderlich"

teleschau: 2019 drehten Sie zum ersten Mal in Passau. Wie hat sich Ihr Eindruck von der Stadt seither verändert?

Ostrowski: Mittlerweile habe ich einen Bezug zu der Stadt: Ich kenne Leute, ich bin gerne dort und finde es super, dort zu drehen. Interessanterweise hat die Stadt trotzdem noch genug Geheimnisvolles an sich. Das ist aber auch gut so. Obwohl Passau so klein und überschaubar ist, kenne ich manche Teile davon überhaupt nicht. Dazu kommt, dass die Stadt gleichzeitig etwas sehr Konservatives, aber auch etwas sehr Offenes hat. Passau ist eine interessante Mischung, das finde ich gut. Ich glaube, da kann man noch relativ viel herausfinden.

teleschau: Beste Voraussetzungen also für viele weitere Passau-Krimis ...

Ostrowski: Wir haben ja schon sieben Teile gedreht, und auch danach wird es wahrscheinlich noch weitergehen. Eigentlich war ich immer ein Gegner von Fernsehkrimis. Die meisten Krimis interessieren mich nicht sonderlich. Der "Krimi aus Passau" ist aber besonders.

teleschau: Was macht die Reihe so besonders?

Ostrowski: Die Besetzung ist gut, die Leute sind super. Und: Die Grundkonstellation gibt mehr her als bei anderen Krimis.

teleschau: Trotz Ihrer persönlichen Abneigung stehen Sie selbst immer wieder für Krimi-Reihen vor der Kamera - sei es für die österreichische Serie "Vier Frauen und ein Todesfall", den "Krimi aus Passau" oder die Eberhofer-Filme.

Ostrowski: Das ist ja das Absurde: Man muss sich von sich selbst überraschen lassen. Mich interessiert das Genre nicht wahnsinnig. 97 Prozent aller Fernsehkrimis kann ich nichts abgewinnen, aber die restlichen drei Prozent finde ich super. Wenn mich etwas überzeugt, mache ich auch gerne mit. Ich habe als Jugendlicher viele Krimis gelesen und geschaut, weil die Figuren faszinierend waren. Es gibt unglaublich tolle Detektive und Detektivinnen, sei es Miss Marple, Hercule Poirot oder Columbo.

teleschau: Es kommt also auf die Charaktere an?

Ostrowski: Genau. Mich haben schon immer die Typen und der Kosmos interessiert. Wenn da alles stimmt, dann ist ein Krimi gut anzuschauen, weil er dem Zuschauer automatisch Spannung bietet. Nicht umsonst gibt es auch in meinem Roman eine Krimihandlung. Ich habe nichts gegen das Genre an sich, aber der Großteil der Fernsehkrimis holt mich nicht ab, weil es um nichts geht.

"Meistens erkennt man schon an der Kamera und am Bild, ob etwas gut ist"

teleschau: Beim deutschsprachigen Publikum erfreut sich der Fernsehkrimi indes seit Jahrzehnten großer Beliebtheit.

Ostrowski: Ich kenne Leute, die schauen jeden Abend einen Krimi und schlafen dazu super ein. Ich habe nichts dagegen. Gewissermaßen profitiere ich schließlich von den Menschen, die sich das anschauen (lacht). Nur wird vieles nicht meinen Ansprüchen gerecht. Sollte ich jemals das Gefühl bekommen, dass das bei den Passau-Krimis der Fall ist, werde ich es sein lassen. Solange es so bleibt wie im Moment, ist das aber eine schöne Arbeit, die ich total gerne mache.

teleschau: Was läuft bei Ihnen statt Krimis im TV?

Ostrowski: Alles Mögliche. Ich schaue relativ viel, auch aus beruflicher Sicht. Natürlich will ich wissen, was meine Kolleginnen und Kollegen so treiben und zappe durch die Programme. Meistens weiß man nach zehn bis 20 Sekunden, ob ein Film gut ist oder nicht.

teleschau: Was entscheidet, ob ein Film gut oder schlecht ist?

Ostrowski: Das ist aus Filmemachersicht spannend. Ich bin ja alles und nichts, und manchmal eben auch Regisseur. Meistens erkennt man schon an der Kamera und am Bild, ob etwas gut ist. Das ist auch das Problem vieler Fernsehkrimis: Das sind meistens schlecht gefilmte, nicht gut ausgestattete Filme. Wenn dann auch noch schlechte Dialoge hinzukommen, schalte ich ab. Sobald etwas gut gemacht ist, kann ich das aber auch wertschätzen und vergesse alles um mich herum.

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