Fritz Wepper im Interview

"Am letzten Drehtag von 'Um Himmels Willen' flossen viele Tränen"

30.03.2021 von SWYRL/Julian Weinberger

Über 18 Jahre verkörperte Fritz Wepper in der ARD-Serie "Um Himmels Willen" den knorrigen Bürgermeister Wöller. Nun wird die Serie eingestellt. Was das für den Schauspieler bedeutet und wie er angesichts seines baldigen 80. Geburtstages auf seine Karriere blickt, verrät er im Interview.

Ganz in der Tradition von Don Camillo und Peppone zankten sich Fritz Wepper und Janina Hartwig in "Um Himmels Willen" seit Jahren durch die ARD-Primetime. Zum Start der finalen Staffel der Serie (ab Dienstag, 30. März, 20.15 Uhr) rücken die Streitigkeiten zwischen dem störrischen Bürgermeister Wolfgang Wöller (Wepper) und der lebensfrohen Schwester Hanna (Hartwig) um das Kloster Kaltenthal jedoch in den Hintergrund. Stattdessen dominieren die Sorgen um den an Krebs erkrankten Fritz Wepper, der nach einer Not-Operation derzeit auf der Intensivstation der Universitätsklinik Innsbruck behandelt wird. Dieses Interview wurde bereits Anfang Februar geführt, bevor Wepper seinen Kampf gegen den Hautkrebs publik machte.

teleschau: Sie werden in diesem Jahr 80 Jahre alt. Wie geht es Ihnen damit?

Wepper: Weil Sie diese Zahl erwähnen: Ich halte mich, nachdem ich Französisch spreche, an die französische Wahrnehmung. Da heißt 80 "quatre-vingt", also viermal zwanzig. Diese Sicht auf die Dinge empfinde ich als etwas entspannter.

teleschau: Welches Zwischenfazit würden Sie zu Ihrem bisherigen Leben ziehen?

Wepper: Das können Sie in meiner Biografie nachlesen, an der ich gerade schreibe und die im August zu meinem Geburtstag erscheint. Das betrifft mein ganzes Leben von der Geburt bis zu meinem heutigen Zustand. Ich hatte ja früher schon von verschiedenen Verlagen das Angebot, aber immer abgelehnt. Ich wusste gar nicht, wie man damit umgeht. Es war aus meiner Sicht ein mutiger Entschluss, und ich wurde belohnt, weil es mir Freude gemacht hat, mein Leben in Kapiteln aufzufangen und wiederzugeben.

teleschau: Schon als kleiner Junge hatten Sie erste Berührungspunkte mit der Schauspielerei ...

Wepper: Ja, mit elf Jahren hatte ich meine erste Rolle in "Peter Pan" am Theater. Theater spielt in meinem Leben eine ganz wesentliche Rolle, auch in der Wahrnehmung meines Berufes. Wenn man sozusagen vom Bau kommt, dem Theater, beherrscht man Atem- und Sprechtechniken. Es gibt ja in der heutigen Zeit unterschiedliche Entwicklungen bei jungen Kollegen, die den Beruf wahrnehmen. Da höre ich es sofort heraus, wenn jemand nicht vom Theater kommt.

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"Ich habe teilweise Wäschekörbe voller Post bekommen"

teleschau: Welche Träume hatten Sie als kleiner Junge, als Sie Ihre ersten Schritte als Schauspieler machten?

Wepper: Generell war die Bewältigung meiner Vorstellungen immer von der Realität bestimmt und nicht von Träumen. Es war aber ziemlich schnell klar, dass ich Schauspieler werden wollte, weil es mir einfach Spaß gemacht hat. Wenn man dann noch dazu mit einer Rolle wie in "Die Brücke" betraut wird, dann ist das schon ein besonderer Start.

teleschau: Diese Rolle hat Sie 1958 mit 18 Jahren schlagartig bekannt gemacht. Wie hat das Ihr damaliges Leben beeinflusst?

Wepper: Das hat sich natürlich sehr geändert. Wenn man nach einer Theatervorstellung die Bühne verlässt, gibt es vielleicht einige Zuschauer, die ein Autogramm wollen. Das hat sich durch meine Tätigkeit im Fernsehen und beim Film enorm vervielfältigt. Ich habe teilweise Wäschekörbe voller Post bekommen, wobei mir meine Mutter geholfen hat. Mein erstes Fernsehspiel war damals auch noch live. Das war schon eine besondere Aufregung.

teleschau: Nach beinahe 70 Jahren als Schauspieler: Was macht für Sie den Zauber dieses Berufes aus?

Wepper: Diese ständige Herausforderung, auch die Professionalität, mit der man immer wieder Figuren mit Leben erfüllt. Auch, dass man Betrachtungen einnimmt, die jeder Mensch mehr oder weniger kennt - von Enttäuschung bis zu großen Erfolgen.

teleschau: Gibt es in Ihrer langen Karriere Momente, die Sie im Rückblick bereuen?

Wepper: Die gab es natürlich in Verbindung mit "Cabaret". Der Film hat ja acht Oscars bekommen. Als der Film rauskam, meinte der Produzent von "Derrick" zu mir: "Fritz, solche Filme solltest du nicht machen." Ich dachte erst, er macht einen Witz. Aber ich war anschließend zur Oscar-Verleihung eingeladen, und das hat er nicht erlaubt. Das war natürlich eine große Enttäuschung, und das werde ich ihm nie verzeihen.

"Dieser Abschied ist nicht einfach"

teleschau: Welchen Stellenwert nimmt "Um Himmels Willen" in Ihrem Werdegang ein?

Wepper: Einen sehr hohen, zumal ich ein Mensch bin, der im Hier und Jetzt lebt. Diese Philosophie hat mir ein japanischer Zen-Meister vermittelt. Diese Folgen zu drehen, hat mich immer mit Freude erfüllt. Es war sehr traurig, als wir den letzten Drehtag hatten. Da flossen viele Tränen. Aufgrund der Corona-Situation konnten wir leider auch keine große Abschiedsfeier machen.

teleschau: Die Nachricht, dass "Um Himmels Willen" nach fast 20 Jahre eingestellt wird, kam sehr überraschend ...

Fritz Wepper: Ja, und dieser Abschied ist nicht einfach. Aber ich sage immer: Es müssen Dinge zu Ende gehen, damit andere beginnen können.

teleschau: Empfanden Sie es als Luxus, die Rolle des Wolfgang Wöller über eine solch lange Zeit spielen zu dürfen?

Wepper: Mir hat es große Freude bereitet, Wöller Leben einzuhauchen. Und es war sehr erfreulich, dass die Zuschauer dieser Sendung über so viele Jahre die Treue gehalten haben. Deswegen war die Entscheidung der ARD für mich auch schwer anzunehmen.

teleschau: Was erwartet die Zuschauer in der finalen Staffel?

Wepper: Aus meiner Wahrnehmung heraus sind das sehr unterhaltsame Folgen, mit denen wir den Wünschen der Zuschauer gerecht werden können. Während der Corona-Zeit gibt es ja eigentlich nur Bad News, vielleicht mit Ausnahme der Wetterkarte, die Sonnenschein voraussagt. Wenn dann die Nachrichten vorbei sind und "Um Himmels Willen" kommt, kann man sich entspannt zurücklehnen. Das ist ein Gefühl, das viele Zuschauer so haben. Ich denke, viele der Zuschauer können auch nicht nachvollziehen, dass diese beliebte Serie nun zu Ende geht.

teleschau: In den vergangenen Jahren ereilten Sie schwere Schicksalsschläge, etwa der Tod Ihrer Frau. Was hat Ihnen durch diese schwere Zeit geholfen?

Wepper: Das war natürlich hart, ich vermisse Angela nach wie vor sehr. Aber der seelische Verbund mit meiner Familie ist eine große Hilfe, auch meine Freunde.

teleschau: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Zen-Buddhismus?

Wepper: Ich hatte schon 1978 einen ganz großartigen japanischen Zen-Meister. Buddhismus nimmt ja nicht für sich in Anspruch eine Religion zu sein, sondern eine Lebensbetrachtung. Die Meditation hilft mir nach wie vor, und ich habe auch vermittelt bekommen, was dieser Ist-Zustand hier und jetzt bedeutet. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft sind ja sozusagen in nur einer Sekunde repräsentiert.

teleschau: Gibt Ihnen auch eine Verbindung zu Gott Kraft?

Wepper: Ja, ich bin sehr gläubig und bete jeden Tag, das ist mir ganz wichtig. Meine Tochter Valerie hat geträumt, dass ihre Mutter neben ihr liegt und noch lebt. Dann hat ihr Angela im Traum gesagt: "Ich bin doch immer bei dir." Denselben Traum hatte ich dann wenig später. Es gibt schon Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nur glauben, nicht wissen können. Aber sie bestehen in einer bestimmten Form.

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