Meike Droste im Interview

"Das ist eine sehr wichtige Zeit, in der wir gut aufpassen müssen"

18.09.2020 von SWYRL/Elisa Eberle

Corona, politischer Extremismus und Gleichberechtigung: Diese Themen sind nicht nur brandaktuell, sie umtreiben uns alle - auch die Schauspielerin Meike Droste. Im Interview formuliert die 40-Jährige, die mit der Kultserie "Mord mit Aussicht" bekannt wurde, klare Gedanken und zeigt Haltung.

Als Bärbel Schmied in der unvergessenen ZDF-Serie "Mord mit Aussicht" (2007-2014) wurde Meike Droste bekannt. Doch die 40-jährige Schauspielerin kann viel mehr als nur Komödie: Im Theater verkörpert sie seit vielen Jahren "eher die dramatischen und ernsten Rollen", wie sie sagt. Auch im Fernsehen beweist Droste Facettenreichtum: Nach einer Hauptrolle in der gesellschaftskritischen Serie "Deutscher" (in der ZDFmediathek verfügbar) ist sie demnächst in der ARD-Dramödie "Das Leben ist kein Kindergarten" (Freitag, 25. September, 20.15 Uhr, Das Erste) zu sehen. Ob sie die im Film thematisierten Sorgen einer berufstätigen Mutter nachvollziehen kann, verrät Droste im Interview. Außerdem spricht die zweifache Mutter über ihre Erfahrungen während der Corona-Pandemie und verrät, warum sie die derzeitige gesellschaftliche Situation so "wichtig" findet.

teleschau: Im April sah man Sie in der ZDFneo-Serie "Deutscher", die erzählt, was passiert, wenn unser Land plötzlich von einer rechtspopulistischen Partei regiert wird. Wie real schätzen Sie die Gefahr für eine derartige Entwicklung ein?

Meike Droste: Sehr real. Ich stehe voll und ganz hinter dem Projekt, weil ich es sehr klug erzählt finde: Eine Partei wird gewählt, und alle tun so, als wäre nichts passiert. Sie leben normal weiter. Das fand ich wirklich interessant: Es passiert so ein einschneidendes Erlebnis, und trotzdem sind alle damit beschäftigt, den Status Quo von "es ist aber doch alles so wie immer" so weit wie möglich aufrechtzuerhalten, weil man das sonst gar nicht aushalten würde.

teleschau: Doch in der Serie bleibt es nicht normal ...

Droste: Genau! Es findet eine schleichende Spaltung zwischen den Nachbarn statt, quasi wie eine Tröpfcheninfektion. Ich glaube, dass es genauso läuft: Es sind genau diese kleinen zwischenmenschlichen Kontakte und Begebenheiten, in denen sich das große Ganze im Kleinen abbildet. Das merkt man auch in der gegenwärtigen Corona-Krise und den Demonstrationen: Wenn eine Gesellschaft in einer diffusen Angst lebt, ist der Nährboden für sowohl rechts- als auch linkspopulistische Hetze extrem reich. Das ist eine sehr wichtige Zeit momentan, in der wir gut aufpassen müssen.

teleschau: Nun ist Ihre Rolle in "Deutscher" ja eher ernsterer Natur, ebenso wie Ihre Rolle in "Das Leben ist kein Kindergarten". War das nach der eher komödiantischen Rolle der Bärbel Schmied in "Mord mit Aussicht" eine bewusste Entscheidung?

Droste: Im Theater habe ich immer eher die dramatischen und ernsten Rollen gespielt. Für mich war und ist es bis heute dadurch seltsam, dass die Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit nur die der komödiantischen Seite ist. Tatsächlich habe ich aber einen sehr breiten Erfahrungsschatz in meinem beruflichen Leben. Dass es in letzter Zeit anders wahrgenommen wird, freut mich umso mehr. Ich finde es schön, wenn man diese andere Seite auch kennenlernt. Ich bin froh, diese unterschiedlichen Rollen spielen zu dürfen. Grundsätzlich liegen das Lachen und das Weinen im Leben ja ohnehin sehr nah beieinander.

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"Es müsste sich vielmehr in unseren Köpfen tun, auch bei uns Frauen"

teleschau: In "Das Leben ist kein Kindergarten" spielen Sie eine Mutter, die einen gutbezahlten Job als Ärztin hat, während ihr Mann, gespielt von Oliver Wnuk, sich vornehmlich um die Kinder kümmert. War dieses Spiel mit Rollenklischees ein Grund für Sie, in dem Film mitzuspielen?

Droste: Der Hauptgrund war für mich die Zusammenarbeit mit der Regisseurin Katja Benrath und meinem Kollegen Oliver Wnuk. Aber natürlich war der Versuch an der konkreten Arbeit, genau diesen Balanceakt zu finden, den, glaub ich, inzwischen sehr viele Familien versuchen: Wie bekommt man alles gleichberechtigt unter einen Hut?

teleschau: Würden Sie sagen, dass solche Brüche, wie sie in dem Film vorgenommen werden, in heutiger Zeit überhaupt noch nötig sind?

Droste: Ja, ich finde schon. Meine eigene Erfahrung ist die, dass es immer honoriert wird, wenn ein Mann arbeitet und die Kinder schmeißt. Wenn eine Frau arbeitet und die Kinder schmeißt, ist das normal. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich ja schon viel getan. Trotzdem müsste sich vielmehr in unseren Köpfen tun, auch bei uns Frauen.

teleschau: Inwiefern?

Droste: Mir ist erst im Nachhinein aufgefallen, unter welchen Stress ich mich selbst gesetzt habe, sowohl während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt einsatzfähig zu bleiben. Zukünftig würde ich da ein größeres Selbstverständnis wünschen: Dafür, dass sich wirklich ganz viel im Leben ändert, wenn ein Kind auf die Welt kommt, das aber auch richtig ist. Es sollte aber auch selbstverständlich sein, wenn man sowohl gerne Mutter ist als auch gerne einen sinnstiftenden Beruf ausübt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem man schwanger ist, hat man als arbeitende Mutter ein schlechtes Gewissen und das hört nie wieder auf (lacht).

"Es gibt Frauen, die unglaublich in der Mutterrolle aufgehen, aber so bin ich nicht"

teleschau: Haben Sie trotzdem Lösungen für sich gefunden, die gut funktionieren?

Droste: Mit dem schlechten Gewissen muss man, glaub ich, einfach umgehen und ehrlich zu sich und zu den Kindern sein, und rein organisatorisch halten wir als Familie mit Omas, Papa und Kinderfrau gut zusammen. Alles andere ist typabhängig: Es gibt Frauen, die unglaublich in der Mutterrolle aufgehen und für die das die totale Erfüllung ist. Ich habe mir oft gewünscht, auch so zu sein, aber so bin ich nicht. Ich bin genauso froh und dankbar, dass ich meine Kunstform habe, durch die ich mich ausdrücken kann. Die stiftet meinem Leben ebenfalls viel Sinn.

teleschau: Ihre Kinder sind beide schulpflichtig. Wie haben Sie die Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Schulschließungen erlebt?

Droste: Ich fand es sehr interessant, dass unser Beruf von jetzt auf gleich nicht mehr existiert hat, während gleichzeitig die Mediatheken und Streaming-Dienste durch die Decke gingen. Mittlerweile ist es immer noch schwierig, unseren Beruf auszuüben. Es gibt immer Verlierer in einer Krise, und dieses Mal sind eben auch die Künstler stark betroffen. Dadurch, dass ich von jetzt auf gleich arbeitslos war, hatte ich immerhin beim Homeschooling weniger Stress als andere.

Pendeln, Abschiednehmen und ein Blick in die Zukunft

teleschau: Ein weiteres Thema im Film ist das Pendeln. Wie leicht fällt es Ihnen als viel reisende Schauspielerin?

Droste: Man gewöhnt sich an alles. Aber am schwierigsten finde ich dieses immer wieder Abschiednehmen, sowohl von der Familie als auch vom Team, nachdem man eine Zeit lang intensiv zusammengearbeitet hat. Man ist eigentlich andauernd mit Abschiednehmen beschäftigt.

teleschau: Haben Sie da Methoden gefunden, mit denen der Abschied leichter fällt?

Droste: Kein so großes Drama daraus machen.

teleschau: Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Haben Sie eine Traumrolle, die Sie gerne einmal spielen würden?

Droste: Ich würde wahnsinnig gerne eine tief greifende Rolle in einem Kino- oder Fernsehfilm spielen. Eine Figur, die sich in vielen unterschiedlichen Facetten zeigt. Im Theater habe ich Figuren in einer großen Bandbreite gespielt. Genau das wünsche ich mir jetzt für Film und Fernsehen.

teleschau: Lieber im Fernsehen oder im Kino?

Droste: Ich bin eine große Liebhaberin des Kinos, denn auf der großen Leinwand ist es schon nochmal was anderes, einer Figur nahezukommen. Deswegen würde mich die große Leinwand sehr freuen.

teleschau: Steht denn schon was in Aussicht?

Droste: Demnächst drehe ich zusammen mit dem Regisseur Nico Sommer eine Fernsehkomödie für das ZDF.

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