Angela Ascher im Interview zu "Fraueng'schichten"

"Comedy funktioniert mit Dialekt besser"

14.07.2021 von SWYRL/Elisa Eberle

In der BR-Comedyserie "Fraueng'schichten" hat Angela Ascher schon fast jede Rolle übernommen: Von der geschäftstüchtigen Taxlerin bis hin zur korrupten Bürgermeisterin war nahezu alles dabei. Bei welchem Angebot die 43-Jährige dennoch nein sagen würde, verrät die Schauspielerin im Interview.

Angela Ascher ist eine Verwandlungskünstlerin: Bei der Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg verkörperte die gebürtige Landshuterin seit 2011 die CSU-Politikerinnen Christine Haderthauer und Ilse Aigner. Außerdem stand die inzwischen 43-Jährige schon für zahlreiche Fernsehproduktionen, von der ARD-Telenovela "Sturm der Liebe" (2010) über den "Tatort" (2003, 2011) bis hin zur bayerischen Kultserie "Die Rosenheim-Cops" (2007, 2020) vor der Kamera. Ihre ganze darstellerische Bandbreite beweist Angela Ascher allerdings in der seit 2020 gezeigten Comedyserie "Fraueng'schichten" im BR Fernsehen. Anlässlich der Fortsetzung der zweiten Staffel (Folge "Flirten für Anfänger" am Freitag, 16. Juli, um 22.05 Uhr, weitere Folgen im Herbst) spricht sie über die Bedeutung des Musikgeschmacks beim Dating, die Vorteile der Frauen in der Comedy-Szene und den Berufswunsch ihrer Tochter.

teleschau: In der neuen Folge der "Fraueng'schichten" geht es ums Flirten und Daten. Was war die schlechteste Erfahrung, die Sie selbst in der Vergangenheit beim Daten gemacht haben?

Angela Ascher: (lacht) Das ist lustig, dass Sie das fragen! Ich habe gerade eben noch an einer Dating-Nummer geschrieben, die auf einer wahren Tatsache beruht: Vor vielen Jahren hatte ich jemanden kennengelernt. Und als wir uns nach ein paar Dates zu Hause trafen, legte er Musik auf. Ich wollte jedoch lieber "Despacito" oder so etwas Ähnliches hören. Er war daraufhin so entrüstet, was für einen schlechten Musikgeschmack ich hatte, dass das Date sehr schnell beendet war.

teleschau: Der Musikgeschmack spielt demnach eine große Rolle bei der Partnerwahl?

Ascher: Für manche Männer, für die Musik sehr wichtig ist, und die vielleicht auch beruflich damit zu haben, schon. Die wollen natürlich anspruchsvolle Musik. Wenn dann so jemand daher kommt wie ich, der neben Klassik auch ganz offen auf Schlager, Stimmungshits und auch Wiesn-Hits steht, kommt das natürlich nicht so gut an.

teleschau: Abgesehen von der Musik: Welche Kriterien zeichnen für Sie ansonsten den perfekten Mann aus?

Ascher: Ich habe gerne kluge Männer mit Sinn für Humor, denen ich auf der gleichen Augenhöhe begegnen kann, ansonsten wird es langweilig! Außerdem ist es für mich schön, jemanden zu haben, der kulturell interessiert ist, mit dem ich zusammen in die Oper oder ins Theater gehen kann. Gemeinsame Interessen sind, gerade wenn man nicht mehr in den 20-ern, sondern in den 40-ern ist, sehr wichtig.

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"Die Werkstoffhofleiterin Burgi ist mein männlicher Anteil"

teleschau: Kommt es oft vor, dass Sie reale Geschichten in Ihren Programmen verarbeiten?

Ascher: Viele Geschichten, die ich in meinen Programmen erzähle, stammen von meinen Freundinnen, die ich in Ich-Form erzähle. Aber ich behandle natürlich auch Erlebtes von mir. Gerade in "Fraueng'schichten" steckt relativ viel Realität drin: Die peinliche Mutter ist zum Beispiel sehr nahe an unserem Familienalltag dran. Die Töchter werden auch von meinen tatsächlichen Töchtern gespielt. Überhaupt suche ich in jeder Figur, die ich abbilde, einen wahren Kern: Die Werkstoffhofleiterin Burgi ist zum Beispiel mein männlicher Anteil, den ich mir sonst nicht ausleben traue. (lacht) Am meisten Wahrheit steckt aber natürlich in den Stand-ups. Das sind meine Geschichten.

teleschau: Erkennen die Menschen aus Ihrem Umfeld die Nähe zur Realität?

Ascher: Definitiv! Nach der ersten Folge etwa riefen Leute bei meiner Mama an und fragten: "Wer war denn der Babysitter, der immer zu euch gekommen ist und dann den Freund zum Schmusen mitgebracht hat?" Das muss man sich aber so vorstellen: Natürlich gab es den Babysitter, und es gab vielleicht auch die Nachbarn. Aber die heißen im echten Leben anders, weil man die Leute nicht vorführen will. Außerdem werden Sachen dazu gedacht. Es muss schließlich nochmal interessanter sein als die Realität.

"Wir Bayern werden nach wie vor ein bisschen belächelt."

teleschau: In "Fraueng'schichten" verkörpern Sie sehr unterschiedliche Figuren: Von der korrupten Bürgermeisterin bis zur ausgeflippten Disco-Queen ist so gut wie alles dabei. Gibt es irgendeine Rolle, die Sie nicht spielen können oder wollen?

Ascher: (überlegt) Die "Fraueng'schichten" sind ein Kaleidoskop von Frauen, die ganz unterschiedlich sind. Wenn da eine Idee - ob nun von mir oder aus dem Team - kommt, die funktioniert und in welche die Figur hineinpasst, dann bin ich für alles zu haben. Das Einzige, das ich nicht machen würde, wären Nacktszenen - höchstens, es wäre etwas ganz Anspruchsvolles und ergäbe sich aus der Figur. Ansonsten schau ich generell: Ist das Drehbuch gut? Kann ich die Rolle so anlegen, wie ich sie gerne anlegen würde? Erst kürzlich drehte ich zum Beispiel seit langem mal wieder auf Hochdeutsch: Für eine ARD-Serie in Erfurt spielte ich eine feine Controllerin.

teleschau: Die "Fraueng'schichten" sind hingegen urbayerisch. Funktioniert Comedy mit Dialekt besser?

Ascher: Ich kann nicht für alle sprechen, aber für mich ist Bairisch einfach die Muttersprache. Da ist man einfach noch mal authentischer: Man kann Schimpfwörter nochmal ganz anders setzen, und man kann Gefühle anders ausdrücken. Deshalb würde ich einfach mal sagen: Ja, Comedy funktioniert mit Dialekt besser!

teleschau: Warum ist es ausgerechnet der bayerische Dialekt, der sich bundesweit so großer Beliebtheit erfreut?

Ascher: Bairisch ist schon sehr beliebt, das stimmt. Allerdings hat dieses Phänomen auch die Kehrseite: Wir Bayern werden nach wie vor ein bisschen belächelt. Für viele Leute aus dem Norden sind wir doch eher noch Exoten. Somit ist es also eine Mischung: Wir sind die Italiener von Deutschland. Bayern ist ein Land voller Lebensfreude, mit wunderschöner Natur, zu dem sich jeder hingezogen fühlt. Das spiegelt sich im Leben und in den Menschen.

"Ich finde uns sogar sehr männerlieb"

teleschau: Nun konzentrieren sich die "Fraueng'schichten" vor allem auf Frauen und ihre Probleme. Braucht es diese thematische Einseitigkeit im Jahr 2021 überhaupt noch?

Ascher: Ja! Schauen Sie sich mal an, wie viele Comedy-Formate es im deutschsprachigen Raum gibt, die nur von Frauen getragen werden. Das kann man an einer oder an zwei Händen abzählen. Wenn Sie sich die Satiresendung "Kroymann" anschauen: Da geht es noch mehr um Frauen. Oder "Die Carolin Kebekus Show": Sie kämpft fast ausschließlich für Frauenrechte. Wir erzählen Geschichten über Frauen. Ich finde uns sogar sehr männerlieb (lacht).

teleschau: Inwiefern?

Ascher: Wir haben sehr viele Männer in der Sendung. Es geht auch sehr viel um Männer, weil wir Frauen nichts ohne Männer wären. Was wäre zum Beispiel unsere bigotte Pfarrhaushälterin ohne den indischen Pfarrer? Ich habe auch noch nie gehört, dass Männer sagen: "Das schaut man nicht an, weil da geht es nur um Frauen". Eher im Gegenteil. Wir sind Family Entertainment.

teleschau: Welchen Vorteil haben Komödiantinnen wie Maren Kroymann oder Carolin Kebekus gegenüber männlichen Kollegen?

Ascher: Es gibt sowohl Vorteile als auch Nachteile: Comedy war lange Zeit ein sehr männerdominierter Beruf. Deshalb gibt es immer noch weniger Frauen als Männer. Viele dachten: "Ja, das ist so typisch männlich, sich für 90 oder 100 Minuten auf die Bühne zu stellen und einfach Witze zu reißen." Männer haben in der Regel ein ganz anderes Selbstvertrauen. Frauen hingegen hinterfragen sich: "Bin ich lustig genug? Kann ich das überhaupt?" Ich finde es an der Zeit, dieses Vorurteil "Männer sind lustiger" ein für allemal über Bord zu werfen! Aber man hat als Frau natürlich auch Vorteile in der Comedy: Hier muss man nicht mit 10.000 anderen Frauen konkurrieren, wie es etwa im Schauspiel der Fall ist. Dort gibt es immer noch mehr Männer- als Frauenrollen, aber gleichzeitig mehr Schauspielerinnen als Schauspieler.

"Ich bin keine Hockey-Mum"

teleschau: In "Fraueng'schichten" treten nicht nur Sie, sondern auch zahlreiche Gaststars wie Jürgen Kirner, Moses Wolff oder Antonia von Romatowski auf. Welche Kollegin oder welchen Kollegen hätten Sie gerne einmal zu Gast?

Ascher: Da gibt es viele! Ich arbeite zum Beispiel sehr gerne mit Günter Grünwald zusammen. Auch Harry G. oder Hannes Ringlstetter hätte ich gerne mal zu Gast. Maren Kroymann wär ein Traum!

teleschau: Auch Ihre Töchter spielen hin und wieder bei "Fraueng'schichten" mit. Haben Sie als Mutter Sorge, dass eine von ihnen ebenfalls den Beruf Schauspielerin ergreifen könnte?

Ascher: Die eine will es unbedingt. Ich habe da keine Angst. Auch wenn meine Eltern meinen Beruf inzwischen wunderbar finden: Früher musste ich ihn mir schon sehr erkämpfen. Deshalb würde ich meine Tochter unterstützen. Aber die Initiative muss von ihr kommen. Ich bin keine Hockey-Mum, die zu jedem Dreh und zu jedem Casting mitfährt. Natürlich weiß ich, dass Schauspiel kein leichter Job ist. Aber viele andere Jobs sind das auch nicht. Das Einzige, was ich mir für meine Töchter wünsche, ist, dass sie etwas finden, für das sie wirklich brennen. Dabei ist es egal, ob es Schauspielerei oder etwas anderes ist. Am Ende sollte man diesen Job sein Leben lang machen.

"Das Leben muss wieder stattfinden!"

teleschau: In der Vergangenheit waren Sie auch immer wieder bei der Starkbierprobe auf dem Nockherberg dabei, die in diesem Jahr erneut pandemiebedingt ausgefallen ist. Wie sehr vermissen Sie das alljährliche "Derblecken" inzwischen?

Ascher: Ich liebe den Nockherberg, aber im letzten Jahr, als das Singspiel kurzfristig abgesagt wurde, wäre ich als Ilse Aigner ohnehin nicht dabei gewesen. Ob man dabei ist, hängt immer davon ab, wer Vorlagen für eine Geschichte liefert. Die Ilse Aigner ist ja in den letzten Jahren als Landtagspräsidentin nicht direkt in die politischen Grabenkämpfe verwickelt gewesen. (lacht) Heute bin ich aber auch froh, mich vom Nockherberg emanzipiert zu haben: In der Hochzeit haben mich die Leute auf der Straße angesprochen: "Ach, die Ilse!" Somit war es für mich schon gut, in den letzten Jahren auch in anderen Rollen gesehen zu werden. Sollte die Ilse eines Tages wieder im Singspiel gebraucht werden - und davon gehe ich aus, ich halte große Stücke auf sie - dann bin ich aber da und freue mich natürlich, dabei zu sein (lacht).

teleschau: Haben Sie große Hoffnung, dass der Nockherberg im kommenden Jahr wieder normal stattfinden kann?

Ascher: Ich bin mir sicher! Wir haben schließlich die Impfungen, die auch gegen die Delta-Variante des Corona-Virus zu wirken scheinen. Natürlich gibt es noch die Kinder, bei denen ich die Impffrage nicht ganz einfach finde. Alle anderen Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, müssen dann aber mit dem Risiko leben. Ich bin dafür, dass das Leben wieder in Gang kommt. Gerade die Kultur ist völlig ausgelaugt, weil sie lange vergessen wurde. Wir müssen auch die Schule wieder hochfahren. Das Leben muss wieder stattfinden!

teleschau: Denken Sie denn, dass die Kultur künftig mehr Beachtung gewinnen wird?

Ascher: Das wäre natürlich schön. Allerdings glaube ich, dass wir jetzt erst einmal wieder auf das Niveau zurückkehren müssen, auf dem wir vor der Pandemie waren. Die Menschen müssen wieder Vertrauen fassen. Sie müssen die Karten wieder kaufen. Das ist der erste Schritt. Andererseits: Die Leute wollen wieder feiern und wollen auch wieder Kultur.

"Natürlich muss man Witze machen dürfen"

teleschau: Die Kombination von Politik und Humor geriet in der letzten Zeit häufig an die Grenzen der Akzeptanz. Man denke etwa an den ein oder anderen missglückten Satire-Beitrag während der Pandemie ... Wo verläuft bei Ihnen die rote Linie?

Ascher: Das ist ein heikles Thema. Wenn es in der Debatte nur um die Frage geht, was darf man, was darf man nicht, bleibt eine Sache total auf der Strecke: der Respekt. Natürlich muss man Witze machen dürfen. Ein Franke macht sich über den Oberbayer lustig und ein Oberbayer über den Franken. Wichtig ist, schon Kinder auf die Frage hin zu schulen: Was sagt dir dein Herz? Was sagt dir dein gesunder Menschenverstand? Ich würde nie Menschen rassistisch beleidigen. Aber man muss schauen: Wo ist die Grenze? Denn die verläuft mal mehr auf der einen, mal auf der anderen Seite. Was ich persönlich am meisten vermisse, ist das liebevolle Miteinander. Und in einem liebevollen Miteinander und einem respektvollen Umfeld kann ich auch Witze machen über mein Gegenüber.

teleschau: Also wird zu hart geurteilt?

Ascher: Das kann ich nicht sagen! Man sollte sich nicht ausschließlich fragen: Was ist politisch korrekt und was nicht? Stattdessen sollten wir uns wieder auf andere Werte konzentrieren. Denn diese Aggressivität, bei der jeder gegen jeden ist, macht mich unglaublich traurig.

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