"Daum - Triumphe & Skandale"

Christoph Daum verblüfft Uli Hoeneß in Sky-Doku völlig: "Du warst immer ein Idol"

27.10.2023 von SWYRL/Julian Weinberger

Zwischen Taktikrevolution, Koks-Affäre und Dauerscharmützel mit Uli Hoeneß: Angesichts seines 70. Geburtstages blickt Fußballtrainer Christoph Daum in einem Dokumentarfilm auf sein Leben zurück. Neben sportlichen Höhepunkten bietet die Sky-Produktion auch private Geständnisse, die überraschen.

Ein Blatt nimmt Christoph Daum noch immer nicht vor den Mund, auch nicht mit 70 Jahren. Zwar hat der Kulttrainer, der sowohl im In- als auch Ausland beinahe bei all seinen Stationen große Erfolge verbuchte, die große Fußballbühne schon seit einigen Jahren verlassen, sein Wort hat aber noch immer Gewicht. "Ich habe in meinem Leben einiges an Scheiß gebaut, aber die positiven Dinge waren in der Überzahl", redet Daum nicht lange um den heißen Brei. Beide Seiten der Medaille werden im Sky-Dokumentarfilm "Daum - Triumphe & Skandale" ausführlich behandelt.

Fußball-Nostalgiker dürfen noch einmal miterleben, wie Daum 1985 beim 1. FC Köln zum verehrten Taktikfuchs (Jürgen Kohler: "Er war damals einigen Trainern 10 bis 15 Jahre voraus") heranwuchs. Mit genialen Schachzügen auf dem Platz fiel er damals genauso auf wie mit der Verbalfehde mit Jupp Heynckes und seinem Lieblingsfeind Uli Hoeneß. "In meinem Inneren hatte ich immer eine unheimliche Wertschätzung für den FC Bayern und Uli Hoeneß", räumt Daum heute ein, um schmunzelnd nachzuschieben. "Aber die habe ich nicht so ausgedrückt."

Die Entschuldigung für seine Verbalnjurien gegen den damaligen FCB-Coach habe Heynckes zwar öffentlich angenommen, "aber ich glaube, innerlich hat er mir nicht vergeben", mutmaßt Christoph Daum in dem Dokumentarfilm. Im Gegensatz zu Heynckes sollten die verbalen Giftpfeile mit Uli Hoeneß Daum noch länger begleiten, seine Zeit beim 1. FC Köln lief indes 1990 ab, eine "Zäsur in meinem Leben", wie Daum es beschreibt: "Ich habe nur geheult und habe die Welt nicht mehr verstanden. Der FC war meine Familie, mein Ein und Alles."

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Christoph Daum erinnert sich: Mit der Schickeria in der Hotel-Suite

Im Anschluss hangelt sich die Sky-Produktion weitgehend chronologisch an den sportlichen Stationen ab: Daum als Meistermacher in Stuttgart, dann als (bis heute) verehrter Coach von Besiktas ("Da wirst du glorifiziert in einer Art und Weise, das war schon heftig") und schließlich das Vizekusen-Trauma bei Bayer Leverkusen ("Das ging wirklich ganz tief, das tat weh").

Viel Zeit wird dann einem der größten Skandale des deutschen Fußballs überhaupt eingeräumt: Daums Kokain-Affäre 2000. Zu der Zeit hatte Leverkusen gerade die sicher geglaubte Meisterschaft mit einer Niederlage gegen Unterhaching am letzten Spieltag vergeigt, Daum stand wegen einer Investition in eine mallorquinische Ferienanlage "kurz vor dem Bankrott" - und dann klopfte auch noch der DFB an. Während sich diese komplexe Gemengelage zusammenbraute, wohnte Daum in einem Kölner Hotel, in dem auch die Schickeria verkehrte.

Bei rauschhaften Partys sei dort in Privatsuiten wie selbstverständlich Koks auf dem Klo konsumiert worden, erinnert sich Daum. Nachdem er Angebote zunächst konsequent abgelehnt habe, habe er irgendwann eingewilligt, aber "wirklich nur vereinzelt und in überschaubaren Mengen konsumiert". Diesen "Riesenfehler" würde er "gerne ungeschehen machen", nimmt Daum in dem Dokumentarfilm die Büßerhaltung ein.

Nach positivem Drogentest: Journalisten machten "Jagd" auf Christoph Daum

Was folgte, ist bekannt, das Ausmaß wohl eher weniger. Nachdem sich Intimfeind Uli Hoeneß über die Kokaingerüchte kritisch in der Öffentlichkeit geäußert hatte, stand der Bayern-Patron plötzlich selbst am Medienpranger: "Ich habe so was nie erlebt, selbst in meiner Gefängniszeit nicht. Diese Attacken aus ganz Deutschland, das hatte ich nie für möglich gehalten." Daum wurde indes eine Haarprobe zum Verhängnis, der er nach einer anonymen, zuvor selbst veranlassten und negativen Probe zustimmte. Während Hoeneß wieder "in Ruhe leben konnte", erwartete Daum das komplette Gegenteil.

Der vermeintlich überführte Drogensünder - Daum vermutet bis heute eine Manipulation der Haarprobe - verlor den Job in Leverkusen ebenso wie die versprochene DFB-Stelle und floh ins Exil nach Florida, weit weg von der schwangeren Freundin Angelica. Dort tauchte er bei Unternehmer Gerrit Niehaus, einem Freund von Leverkusen-Manager Reiner Calmund, unter.

"Du hast nichts Jutiziables getan, bist aber auf der Flucht", denkt Daum im Dokumentarfilm zurück. "Da gibt es Momente, wo du wirklich so schwach bist." Die Journalisten vor Ort hätten "Jagd" auf Daum gemacht, gibt Niehaus Hinweise auf das Ausmaß der medialen Berichterstattung: "Man ist mit Hubschraubern über mein Haus geflogen, mit Booten um mein Haus gefahren."

Christoph Daum über Koksaffäre: "Wie eine Narbe, die du mit dir rumträgst"

Zwar kam Daum am Ende rehabilitiert aus dem Gerichtsprozess heraus - zuvor gab es eine Razzia und Daum wurde Drogenhandel im großen Stil vorgeworfen -, doch finanziell musste er für eine Armada an Anwälten selbst aufkommen: "Meine ganze Abfindung von Bayer Leverkusen und mein ganzes Erspartes sind bei dem Prozess draufgegangen." Spurlos vorübergegangen ist die Geschichte an Daum auch mental nicht: "Es ist wie eine Narbe, die du mit dir rumträgst."

Dennoch nimmt man es der Trainerlegende ab, wenn sie sagt: "Heute kann ich behaupten, ich habe mit allem meinen Frieden geschlossen - auch mit Uli Hoeneß." Ein Gespräch mit Letzterem, dem einstigen Intimfeind, fand im Rahmen Dreharbeiten auch statt. "Für mich warst du in gewisser Weise immer auch ein Idol", gibt Daum überraschend zu.

Klar, er habe "Scheiß gebaut", so Daum: "Umso besser finde ich es, dass man heute respektvoll miteinander umgehen kann." Und auch Hoeneß hat der Abteilung Attacke mit Blick auf Daum abgeschworen, spricht gar von Vergebung: "Das ist erledigt." Schließlich gelte ja: "Auseinandersetzen kann man sich ja auch nur mit Leuten, die stark sind."

Christoph Daum hat heute ohnehin einen ganz anderen Kampf auszufechten, seit er 2022 die Diagnose Krebs erhielt. Ein paar Wochen sei er geschockt gewesen, dann habe er in den "Kampfmodus" geschaltet, berichtet der Erkrankte. Und das Kämpfen, er scheint es nicht verlernt zu haben. Bei den abschließenden Dreharbeiten im September 2023 berichtet Daum von einer "äußerst positiven Rückmeldung" seines Arztes. Wohl auch deshalb bilanziert er am Ende des Dokumentarfilms, bezeichnenderweise, als er gerade am Tropf der Chemotherapie hängt: "Ich habe ein Leben auf der Sonnenseite geführt, oft auf der Überholspur."

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