Schauspielerin im Interview

Caro Cult: "Ich möchte nicht nur für mich selbst einstehen, sondern auch für andere Frauen"

07.07.2022 von SWYRL/Aylin Rauh

Schauspielerin Caro Cult ist ab Montag, 11. Juli, im neuen Netflix-Film "Für Jojo" zu sehen, in der eine Frauen-Freundschaft und die Psychologie hinter Trennungen behandelt werden. Im Interview spricht sie über den Film, Feminismus und erklärt, warum sie sich für den Tierschutz einsetzt.

In den vergangenen Jahren konnte sich Caro Cult als Schauspielerin einen Namen machen. Sie stand unter anderem für "Gut zu Vögeln", "Nightlife" und "High Society" vor der Kamera. Nachdem sie 2012 ihre Schulausbildung abbrach, zog die gebürtigen Hannoveranrin in die deutsche Hauptstadt. "Ich wusste schon immer, dass ich raus und nach Berlin muss", erklärt sie, "als junges Mädchen habe ich mich dann auf den Weg gemacht - auch, weil es mein Traum war, Schauspielerin zu werden." Der Schritt zahlte sich aus. Nach einigen Film- und Serienrollen ist die 28-Jährige ab Montag, 11. Juli, in dem Netflix-Film "Für Jojo" zu sehen. Darin geht es um die Freundinnen Paula (Cult) und Jojo (Nina Gummich), die auf eine harte Probe gestellt werden, als Jojo ihre Urlaubsbekanntschaft heiraten und aus Berlin wegziehen möchte. Doch nicht nur für die Schauspielerei hat Caro Cult eine große Leidenschaft entwickelt, sie nutzt ihre Reichweite auch für gesellschaftsrelevante Themen: Feminismus und Tierschutz.

teleschau: Ihr neuer Film "Für Jojo" feierte beim Filmfest München Weltpremiere. Sie waren dabei. War das Ihr erster Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt?

Caro Cult: Nein, ich war aufgrund meiner Arbeit sehr oft in München. Für Projekte wie "Immenhof - Das große Versprechen" und "Biohackers" war ich öfter in der Stadt, auch für einen Film mit Til Schweiger. In den letzten Jahren habe ich hier mehr gedreht als in meinem Wohnort Berlin (lacht).

teleschau: Sie zogen 2012 von Ihrer Heimat Bad Nenndorf nach Berlin - warum?

Cult: Ich war jung und hatte Lust auf das Leben. Dort, wo ich gewohnt hatte, war es, zumindest für mich, sehr langweilig. Ich wusste schon immer, dass ich raus und nach Berlin muss. Als junges Mädchen habe ich mich dann auf den Weg gemacht - auch, weil es mein Traum war, Schauspielerin zu werden.

teleschau: Paula, die Sie im Film "Für Jojo" spielen, ist ja auch von einer kleinen Insel nach Berlin gezogen ...

Cult: Sie musste definitiv weg von der Insel, weil sie unglücklich war und ein neues Kapitel in ihrem Leben gebraucht hat. In diese Situation kann ich mich etwas hineinversetzen. Nicht unbedingt aus genau den gleichen Gründen, aber ich musste einfach ein neues Abenteuer wagen.

teleschau: Gibt es weitere Gemeinsamkeiten mit Ihrer Figur?

Cult: Ich glaube, dass das die einzige Parallele ist, die ich mit Paula habe. Aus der Sicht psychologischer Strukturen sind Paula und ich sehr verschieden. Ich denke, dass ich weitaus empathischer und sensibler mit den Dingen bin, die ich sage. Paula ist auch nicht so lebensfroh wie ich, sie macht sich mehr abhängig von Umständen und ihrer besten Freundin.

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"Es muss eine richtige und eindeutige Trennung sein"

teleschau: Die Beziehung zwischen Paula und ihrer besten Freundin ist Hauptthema des Films ...

Cult: Es geht um die Freundschaft zwischen Paula und ihrer besten Freundin Jojo, die auf die Probe gestellt wird, weil Jojo ihre Urlaubsbekanntschaft heiraten und wegziehen will. Deswegen möchte Paula die Hochzeit unbedingt verhindern. Es geht aber um mehr, es geht auch um die Psychologie dahinter. Meiner Meinung nach steht der Film unter den Prämissen "Kann man sich trennen, wenn eine Partei nicht mitmacht?" und "Was ist man einer Person schuldig, die man nach sehr langer Zeit verlässt, und was kann die andere Person einfordern, um loszulassen?" Der Film zeigt auch toxische und egoistische Verhaltensmuster in einer Trennung. Es gibt sehr viele Arten von Beziehungen, bei denen anfangs alles gut ist, aber sich Dinge beim Abschied toxisch entwickeln.

teleschau: Und wie kann ein Abschied nicht toxisch werden?

Cult: Es muss eine richtige und eindeutige Trennung sein, weil das eine Form von Respekt ist - insbesondere der Respekt vor sich selbst. Anderen Menschen kann man nur den Respekt entgegenbringen, den man vor sich selbst hat. Kommunikation und klare Worte sind auch sehr wichtig, weil es sonst verletzend sein kann.

teleschau: Waren Sie selbst in einer Situation, in der eine Freundschaft auseinanderging?

Cult: Ich habe eine Kindergartenfreundin, die ich kenne, seitdem ich zwei Jahre alt bin. Wir wuchsen zusammen auf und wohnten nebeneinander. Mit ihr ging ich damals auch nach Berlin, es war eine sehr symbiotische Freundschaft. Sie fühlte sich in Berlin nicht wohl, während ich mich Hals über Kopf in die Stadt verliebt habe. Also mussten wir uns trennen, was sehr intensiv war. Allerdings nicht so toxisch wie im Film. Manchmal trennen sich eben Freunde auf natürlichem Wege.

teleschau: Warum sollten sich die Zuschauer den Film ansehen?

Cult: Für mich ist der Film auch ein feministisches Statement. Es gibt sehr viele Filme über Männerfreundschaften, aber kaum welche über zwei erwachsene Frauen. Das ist das Besondere an diesem Projekt. Es beleuchtet viele Fragen, die nicht nur den Zeitgeist treffen und unter die Oberfläche gehen, sondern auch psychologisch tiefgründiger aufgebaut sind. Es werden authentische Charaktereigenschaften gezeigt, die nichts beschönigen, aber durchaus so in unserer Gesellschaft existieren.

teleschau: Beschönigen?

Cult: Der Film zeigt Mut zur Hässlichkeit. Von innen und außen. Diese beiden Frauen sind das Gegenteil von dem, was gesellschaftlich glattgebügelt wird. Frauen, von denen wir bis jetzt zu wenig in der Filmlandschaft sehen konnten. Diese ehrliche Erzählweise ist teilweise krass, aber geht ans Herz. Und dafür liebe ich dieses Projekt.

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Frauen sollten sich "zumindest untereinander mehr supporten"

teleschau: Sie setzen sich ja auch aktiv für den Feminismus ein ...

Cult: Ja. Ich halte es schwer aus, wenn Sachen nicht gerecht sind oder in meinem Wertesystem nicht gerecht sind. Ich bin ein sensibler Mensch, und Ungerechtigkeit setzt mir sehr zu. Ich möchte nicht nur für mich selbst einstehen, sondern auch für andere Frauen. Durch mein Verantwortungsbewusstsein und meinen Willen als Vorbild zu fungieren, möchte ich einen guten Einfluss auf meine Mitmenschen haben. Ich möchte, dass es allen gut geht - aber dafür brauchen wir eine gerechte Welt, die im besten Falle sogar dazu ermutigt, für sich einzustehen.

teleschau: Stellen die gesellschaftlichen Vorstellungen einer Frau ein Problem beim Feminismus dar?

Cult: Auf jeden Fall! Das fällt mir vor allem dann auf, wenn ich mich mit jungen Mädchen unterhalte. Dadurch bemerke ich, dass die Vorstellungen der Gesellschaft von einer Frau auch bei der nächsten Generation noch extrem sind und wie früh sich Frauen überhaupt mit diesem Druck auseinandersetzen müssen. Das ist sehr ungerecht, dass vieles davon direkt am Selbstwert nagt.

teleschau: Welche Möglichkeiten gibt es, um Frauen mehr Mut zu machen?

Cult: Wir müssen mehr reden, uns unserer eigenen Ideale bewusst werden und für sie einstehen. Es ist eine Reise, wenn man sich dafür entscheidet, zu reflektieren und sich tiefsinniger mit seinen Verhaltensmustern oder Triggerpunkten zu beschäftigen. Da das alles schon schwer genug ist, sollten wir Frauen uns zumindest untereinander mehr supporten. Ich bin privat und beruflich ein Teamplayer und glaube daran, dass wir nur Vorteile dadurch haben, wenn wir uns gegenseitig die Bälle zuspielen und unterstützen. Es ist mit einem Schnellballsystem vergleichbar.

teleschau: Dieses Ziel wird wahrscheinlich nicht von heute auf morgen erreicht werden ...

Cult: Nein, das nicht. Mir ist klar, dass es ein langer Prozess ist und es sich um gesellschaftliche Prägungen handeln, die seit Jahrhunderten bestehen. Die Möglichkeit, dass wir uns mit gewissen Fragen beschäftigen können, ist neu. Seit 1997 ist es erst offiziell verboten, in der Ehe zu vergewaltigen. Das ist absurd! Anhand von solchen Beispielen merkt man, dass dieser Prozess seine Zeit braucht. Da bringt Fingerzeigerei und gegenseitig den Stand des individuellen Prozesses zu bewerten nichts. Es ist wichtig, dass wir uns in vielen Wegen bewusst werden, geduldig sind und uns alle unterstützen.

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"Wir sind geprägt, wie wir geprägt sind"

teleschau: Woran liegt es, dass sich Frauen nicht genügend unterstützen?

Cult: Für eine Frau zu verstehen, dass ich ihre Feindin bin und ihr nichts wegnehmen möchte, muss aus der Denke und gesellschaftlichen Struktur rausgewaschen werden. Wir sind geprägt, wie wir geprägt sind. Ich nehme meinen Beruf als Beispiel: Es gibt allgemein viel mehr Männerrollen als Frauenrollen. Allerdings driftet die Zahl mit dem Alter immer weiter auseinander. Früher war es ja noch schlimmer. Dadurch ist es verständlich, dass es manchen Frauen schwerfällt zu gönnen, einfach aus Angst, es könnte nicht genug da sein. Diese Angst müssen Männer nicht so haben, da es ja schon immer mehr Möglichkeiten für sie gab und gibt.

teleschau: Also ist "Für Jojo" ein Zeichen in der Filmbranche?

Cult: Ich hoffe, dass es ein Zeichen ist. Allein schon, weil er darauf aufmerksam macht, wie wenige Geschichten es über Frauen-Freundschaften gibt. Dabei kann ich mir vorstellen, dass sich viele damit identifizieren können, eine familiär-enge Freundschaft geteilt zu haben, und plötzlich ändern sich eigene Werte und Lebenssituationen. Ich glaube, der Film ist außerdem in dem Punkt ein Statement, weil wir uns natürlich präsentieren und Verhaltensmuster darstellen, die meistens nur dem männlichen Geschlecht zugeschrieben sind.

teleschau: Sie sind ja auch Schirmfrau für das "Netzwerk F" ...

Cult: Genau - und ich bin sehr glücklich mit dieser Aufgabe. Diese Kooperation hat frisch angefangen. Es ist eine Community, in der ich jüngeren und älteren Frauen unter die Arme greife. Ich bin für sie auch eine Ansprechpartnerin, wenn sie Hilfe brauchen. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass unsere Community "Netzwerk F" bei vielen Veranstaltungen vertreten sein kann.

teleschau: Sie setzen sich nicht nur für den Feminismus ein ...

Cult: Ich engagiere mich noch für den Tierschutz, weil ich Tiere so sehr liebe. Mein Plan für die Zukunft: Ich liebe Berlin, aber ich würde mir gerne im Ausland eine Farm kaufen, um dort Tiere zu retten. Ich möchte eine Rettungsstation aufbauen, das ist mein Traum. Ich bin ein empathischer Mensch, und Empathie hört bei Tieren nicht auf. Es ist ungerecht, dass Menschen sich über Tiere stellen. Solange es solche Extreme wie Massentierhaltung gibt, werde ich aktivistisch in der anderen Richtung extrem sein.

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