"Markus Lanz"

Jochen Breyer spricht bei Lanz über die Nacht, in der Katar "den Fußball gekauft" hat

09.11.2022 von SWYRL

Zwischen Doppelmoral und Luxus-Events "wie in 1001 Nacht": Bei "Markus Lanz" war am Dienstagabend die Weltmeisterschaft in Katar das bestimmende Thema. ZDF-Journalist Jochen Breyer berichtete über die "Fassadengesellschaft" Katars, während die Meinungen über die nachhaltige Wirkung der WM auseinandergingen.

Die WM in Katar sorgte schon lange vor dem Anpfiff des Eröffnungsspiels für Schlagzeilen, allerdings nicht sportlicher Natur. Mutmaßliche Korruption bei der WM-Vergabe, die Missachtung von Menschenrechten im Emirat, die Diskriminierung von Angehörigen der LGBQTIA+-Community - die Liste an Kritikpunkten am WM-Gastgeber ist lang.

Einer, der versucht hat, ein Blick hinter die Kulissen Katars zu werfen, ist Jochen Breyer, mit der Reportage "Geheimsache Katar". Schon vorab waren schockierende Aussagen des WM-Botschafters Khalid Salman bekannt geworden, der vor der ZDF-Kamera Schwulsein als "Sünde" und "geistigen Schaden" bezeichnet hatte. In der Dienstagausgabe von "Markus Lanz" berichtete Breyer nun von seinen Eindrücken während der Dreharbeiten.

Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Jochen Breyer wurde bei Dreharbeiten auf Schritt und Tritt verfolgt

Er habe in dem Wüstenstaat eine "Fassadengesellschaft" vorgefunden, die es Journalisten erschwere, den echten Alltag in Katar kennenzulernen. Angehörige des WM-Organisationskomitees seien Breyer und seinem Team auf Schritt und Tritt gefolgt. Schon zuvor habe es wochenlange, harte Verhandlungen gegeben, was man überhaupt filmen darf.

Bei all der Kontrolle konnte Breyer nach eigener Aussage aber auch einige Klischees widerlegen: "Die Katarer sind nicht nur Fans von Falkenjagd und Kamelrennen." Die Vorfreude und die Fußballbegeisterung unter den Katarern sei sehr groß: "Fast alle waren Fans der Bundesliga und der Premier League."

WM-Botschafter nennt Schwulsein "geistigen Schaden": "Die Fassade ist in dem Moment gebröckelt"

Doch Breyer wurde im ZDF-Talk auch deutlich. Vor allem die Doppelmoral des WM-Ausrichters stoße ihm auf. "Schwule, lesbische, queere Fans können dort nicht hinreisen und von sich sagen, dass sie dort willkommen sind", schilderte der ZDF-Mann den Status quo. Da nütze es auch nichts, dass die Fifa Werte wie Vielfalt, Toleranz und Fairplay proklamiere, wenn sie dann eine Weltmeisterschaft an ein Land vergebe, "in dem diese Werte nichts zählen". Bei einer Männerrunde in Katar beim Fußballschauen sei Breyer ein "sehr zweifelhafter Blick auf Homosexualität und Frauenrechte" eröffnet worden.

Die menschenverachtenden Aussagen des WM-Botschafters Salman nannte der ZDF-Mann bei "Markus Lanz" einen "Moment der Wahrhaftigkeit": "Die Fassade ist in dem Moment gebröckelt." Sportexpertin Sylvia Schenk urteilte, es sei gut, dass Breyer und sein Team die Aussage "im Kasten haben, weil man damit auch etwas machen kann und zwar nach vorne", im Hinblick auf Verbesserungen. Der Blick nach Katar stimme Schenk zumindest teils optimistisch. Die WM könne "Katar und die gesamte Golfregion etwas voranzubringen", auch nach Ende des Turniers.

Markus Lanz beklagt Doppelmoral bezüglich Katar

Die weiteren Gäste der Runde äußerten sich zurückhaltender zur langfristigen Verbesserung der Lage. Zeit-Journalist Mark Schieritz bezweifelte den Einfluss von Sportveranstaltungen zur Geschichte von Ländern. "Nur, weil die Welt hinschaut, müssen die Verhältnisse vor Ort nicht besser werden", merkte er mit Hinweis auf die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi und die anschließende Annexion der Krim an.

Talk-Gastgeber Markus Lanz schien es derweil ein Anliegen zu sein, die Doppelmoral im Umgang mit Katar hervorzuheben. Ob es nicht heuchlerisch sei, wollte der Moderator wissen, das Emirat zu verurteilen und trotzdem Geschäftsbeziehungen mit dem Land einzugehen. "Wir müssen aufhören, immer nur mit dem Finger auf Katar zu zeigen", sprang Jochen Breyer seinem ZDF-Kollegen zur Seite. "Stattdessen sollten wir vielmehr auf diejenigen schauen, die davon profitiert haben."

"Das war das Event, wo der europäische Fußball gefügig gemacht wurde"

Das seien unter anderem hochrangige Amtsträger europäischer Fußballklubs gewesen, führte Breyer aus. "Ein Informant hat uns berichtet: Das war das Event, wo der europäische Fußball gefügig gemacht wurde. Wo er eingekauft wurde", beschrieb der 39-Jährige eine Veranstaltung, in denen auf Katars Kosten bei einem Luxus-Event 2013 in Doha Uhren der Premiummarke Rolex verschenkt worden seien.

"Die Funktionäre sagten, es war wie 1001 Nacht." Von Korruption sei in Fußballkreisen deswegen aber nicht die Rede, stattdessen spreche man von "Landschaftspflege", so Breyer: "Katar hat den Fußball gekauft, aber der Fußball hat sich auch kaufen lassen."

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL