Schauspieler Axel Stein im Interview

"Ich komme aus NRW, und bei mir weiß man sofort, woran man ist"

19.11.2022 von SWYRL/Aylin Rauh

Schauspieler Axel Stein, der im Fernsehfilm "Der Spalter" die Rolle des Agent Provocateur übernommen hat, spricht im Interview über die scheinbar allgegenwärtige Dünnhäutigkeit in schwierigen Zeiten und gesellschaftliche Spaltungen.

"Ey, normaaal!": Im Jahr 1998 begann Axel Stein seine Karriere mit der Fernsehserie "Hausmeister Krause", wo er in Teenagerjahren als Thomas "Tommie" Krause alle zum Lachen brachte. Später im Laufe seiner bereits erstaunlichen Karriere hat der prollige Wollmützenträger von einst seine enorme Wandelbarkeit als Schauspieler bewiesen, unter anderem folgten Kinoproduktionen wie in "3 Türken und ein Baby", "7 Zwerge - Der Wald ist nicht genug" und "Männertag". Doch auch dem Fernsehen ist der 40-Jährige in den letzten Jahren immer treu geblieben, stand unter anderem für "LOL: Last One Laughing" und "Joko & Klaas gegen ProSieben" vor der Kamera. Nun kehrt er mit einem neuen Film auf die Bildschirme zurück: In der ZDF-Produktion "Der Spalter" (Mittwoch, 23. November, 20.15 Uhr) spielt der Schauspieler einen ausgemachten Agent Provocateur: einen Mann, der mit seinen verqueren Ansichten für große Unruhe und Streitereien an einem Grillnachmittag sorgt. Im Interview spricht Axel Stein über den Film, gesellschaftliche Spaltungen und die heutige Jugend.

teleschau: Wie war es für Sie das Arschloch zu spielen?

Axel Stein: Toll (lacht)! Solche Figuren wie Lars spiele ich besonders gerne, es macht wahnsinnig Spaß. Das Reinfuchsen in diese Rolle hat mich sehr gereizt. Man hat dadurch die Möglichkeit, gewisse Dinge zu tun, die man als vernünftiger Erwachsener nicht tut.

teleschau: Die da wären?

Stein: Lars im Film ist zum Beispiel einer, der die Unsicherheiten von anderen sucht und versucht, bewusst jedes Reizthema anzusprechen. Egal, ob es um das Kopftuchtragen oder den unerfüllten Kinderwunsch geht. Das sind Dinge, die sehr intim sind, und keiner hat das Recht, Menschen so bloßzustellen und in die Ecke zu drängen. Es ist eine Unart, vor allem, wenn man eine gewisse Schwäche oder Unsicherheit spürt. Eigentlich ist das auch eine der Botschaften des Films.

teleschau: Was genau?

Stein: Dass Menschen klar Stellung beziehen und Grenzen ziehen sollen - egal, welche Person vor einem steht. Niemand muss sich alles gefallen lassen! Ich wünsche mir, dass das so rüberkommt.

teleschau: Aber es gibt Menschen wie Lars, den "Spalter". Was mag sie dazu bringen, so etwas zu tun?

Stein: Das liegt in erster Linie am Charakter. In Lars' Leben läuft nicht alles so rund, so wurde die Figur auch geschrieben. Er ist von seiner Frau verlassen worden, und auch beruflich ist er nicht da, wo er eigentlich stehen möchte. Das zeigt, dass er seine Unzufriedenheit mit sich selber irgendwo rauslässt. Zusätzlich ist er nun mal einfach ein Arschloch. Er versucht Leute bewusst in die Ecke zu drängen oder auch abzutasten, wie die sich eigentlich verhalten. Das Schlimmste daran: Ihm geht es gut, wenn es seinen Mitmenschen schlecht geht. Er ist völlig schmerzbefreit und geht genau dorthin, wo es anderen wehtut. Weil er seine Freude daran hat, andere auseinanderzutreiben.

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"Wenn wir fünf Jahre zurückschauen, haben wir unheimlich viel bewegt"

teleschau: Gehört es auch zur Wahrheit, dass wir einfach zu empfindlich geworden sind?

Stein: Das kann ich gar nicht so beurteilen. Klar sind die Nerven grundsätzlich angespannt. Gerade in der heutigen Zeit ist es unheimlich schwierig, weil gefühlt in jeder Ecke ein Brandherd ist und die Ereignisse sich überschlagen. Das fing mit Corona an, wo viele Existenzen dranhängen, und jetzt haben wir den Angriffskrieg in der Ukraine. Und es geht natürlich um den Klimawandel oder auch um Rassismus und Feminismus ... - Das sind alles Themen, bei denen es auch darum geht, dass sich Menschen ungerecht behandelt fühlen - und wir greifen das im Film auf. Es geht im Grunde darum, zu zeigen, wie die Debatten schnell eskalieren können und wie überfordert man eigentlich ist, wenn Menschen in Diskussionen ungerechtfertigt angegangen werden.

teleschau: Ist es also auch ein Plädoyer für mehr Meinungsfreiheit - nach dem Motto: Leben und leben lassen?

Stein: Könnte man sagen. Wobei ich schon finde, dass wir uns als Gesellschaft in eine gute Richtung bewegen, zumindest was die Vielfältigkeit angeht. Solange man anderen Menschen nicht auf den Keks geht, ist alles erlaubt. Das ist in Ordnung.

teleschau: Und wie gehen Sie selbst mit Krisenzeiten, mit Corona oder dem Angriffskrieg in der Ukraine, um?

Stein: Ich versuche, nach vorne zu schauen und habe Hoffnung, dass sich viele Brandherde schnell löschen lassen und die Leute sehen, worum es wirklich geht. In solchen Zeiten versuche ich, meine positive Einstellung nicht zu verlieren und Projekte wie "Der Spalter" zu realisieren, wodurch man Menschen animieren kann, Haltung zu beziehen. Und wenn man das bei ein paar Leuten schafft, haben wir wieder was bewegt. Ich trage da meinen Teil bei, den ich beitragen kann.

teleschau: Also können Prominente schon was bewegen?

Stein: Mit Sicherheit. Aber jeder muss natürlich für sich den Weg finden und akzeptieren können, welchen Weg man wählt und welche Botschaft man sendet. Es gibt Leute, die versuchen, ihr eigenes Privatleben an die Öffentlichkeit zu tragen, um Menschen zu animieren. Andere machen Filme oder Musik - da gibt es kein Geheimrezept oder Ratschläge für die Allgemeinheit. Ich finde, wenn wir uns alle gegenseitig respektieren und akzeptieren, ist das die richtige Richtung. Und das ist für mich das Ausschlaggebende.

teleschau: Gehen wir denn in die richtige Richtung?

Stein: Wenn wir fünf Jahre zurückschauen, haben wir unheimlich viel bewegt. Da gibt es allerdings viele Menschen, die immer noch an Themen meckern, wo ich mir denke: Bleibt doch mal entspannt. Lasst uns kein Öl ins Feuer gießen und gemeinsam nach vorne gehen. Das ist meine Einstellung. Manchmal kann man Konflikten nicht entgehen. Da müssen wir alle gemeinsam durch, wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren. Wenn wir sie verlieren, brauchen wir morgen auch nicht mehr aufstehen.

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"Ich komme aus NRW, und bei mir weiß man sofort, woran man ist"

teleschau: Standen Sie selbst mal einen wie Lars gegenüber?

Stein: So weit habe ich es gar nicht erst kommen lassen. Wenn ich auf Menschen treffe, mit denen ich nicht auf dem gleichen Nenner bin, distanziere ich mit von ihnen. Damit habe ich gar kein Problem. In meinem privaten Umfeld sind solche Leute nicht. Sie würden nicht einmal ansatzweise Gehör finden.

teleschau: Sie ignorieren dann einfach solche Menschen?

Stein: Man hat ja mehrere Möglichkeiten. Entweder geht man selber, oder man weist denjenigen in die Schranken. Von meinem Wesen her bin ich jemand, der den Mund aufmacht. Ich komme aus NRW, und bei mir weiß man sofort, woran man ist (lacht). Wenn mir etwas nicht passt, sage ich das auch. Mag zwar nicht jeder, aber da bin ich mir selber treu.

teleschau: Lautet Ihr Credo: Ehrlichkeit siegt?

Stein: Genau! Aber damit kommt halt nicht jeder klar. Viele Leute halten unschöne Situation aus. Aber ich fürchte, dass sich dann etwas aufstaut, und irgendwann kocht die eigene Wut so über, dass man gar nicht mehr aus der Negativspirale rauskommt. Das ist dann ein Problem.

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"Das spaltet!"

teleschau: Heutzutage kann jeder seine Meinung öffentlich preisgeben. Auch ein Grund für Spaltungen?

Stein: Ganz offensichtlich, natürlich. Gerade ist es ja ein ganz heißes Thema, dass Leute versuchen, andere unterzubuttern, wenn sie andere Ansichten haben. Der Russland-Ukraine-Konflikt ist das beste Beispiel. Menschen versuchen Menschen mit falschen Tatsachen und Hasskommentaren herabzuwürdigen. Das spaltet!

teleschau: Wie könnte man gegen diesen Hass vorgehen?

Stein: Da müssten Sie einen Experten fragen, da kann ich keine pauschale Antwort draufgeben. Aber dass man sich überhaupt dafür interessiert, gerade was Umgang und Sicherheit im Internet anbelangt, und das Thema nicht aus den Augen verliert, ist der erste Schritt. Solche Hasskommentare dürfen wir einfach nicht dulden. Wenn Menschen sogar Angst um ihr Leben haben, während die Verfasser solcher Kommentare hinter ihrem Schreibtisch sitzen und glauben, das wäre lustig, was sie da machen.

teleschau: Im Film engagiert sich ein Teenager für die Umwelt. Haben Sie sich in dem Alter auch für so etwas interessiert?

Stein: Zu meiner Zeit als Teenager haben wir noch nicht so weit denken können. Die jetzige Jugend hat uns das echt voraus. Als ich 15 war, habe ich mich für Autos interessiert und Partys, da hatte ich eine ganz andere Jugend. Daher finde ich das, was heute passiert, absolut bemerkenswert, weil die heutige Jugend unsere Zukunft ist. Wer bis heute immer noch nicht darauf gekommen ist und keinen Gedanken daran verschwendet, wie wir möglichst effizient leben können, ohne die Welt kaputt zu machen, der tut mir leid. Ich finde es gut, dass unsere Jugend gerade so hartnäckig ist und versuche das so gut wie es geht zu unterstützen.

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