"Your Songs"

"War komplett isoliert": Robbie Williams teilt in ARD-Show Tiefpunkt seines Lebens

27.11.2022 von SWYRL/Julian Weinberger

Nach dem Quotenflop von "Playlist of my Life" schickte der MDR erneut das Moderationsduo Jeanette Biedermann und Gregor Meyle ins Rennen. Zwischen ungebremstem Eigenlob stattete der Sendung immerhin ein echter Weltstar einen Besuch ab. Er wurde hemmungslos beweihräuchert.

An Superlativen hat man in der Presseabteilung des MDR wahrlich nicht gespart. Die neue Sendung "Your Songs" biete nicht nur ein "einzigartiges Musikerlebnis", sondern auch "herausragende Songs" und die "aktuell größten Popstars Deutschlands". Völlig beseelt davon trat auch das Moderations-Duo Jeanette Biedermann und Gregor Meyle auf. Hätte man bei jedem lang gedehnten "Wooooooow" Biedermanns einen Schnaps getrunken, man wäre vor Ende der Sendung wohl in der Notaufnahme gelandet.

Wem das alles vorkommt wie ein Déjà-vu, der denkt womöglich an ein ganz ähnliches Format, das im Frühjahr 2022 unter dem Titel "Playlist of my Life" vom Publikum als Quotenflop abgestraft wurde. Der MDR schloss daraus offenbar, dass ein Pop-Star als Gast nicht reiche - und dass es dergleichen nun fünf brauche: Johannes Oerding, Sarah Connor, Michael Patrick Kelly, Max Giesinger und Weltstar Robbie Williams.

Die wenigen interessanten Gesprächsansätze, die in der zweeinhalbstündigen Musikshow aufploppten, bügelte das Moderationsduo aber mit ungezügelter Bauchpinselei oder hölzernen Überleitungen zum nächsten Song verlässlich ab.

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Robbie Williams war nach Nervenzusammenbruch "völlig abgeschottet von der Außenwelt"

"Diese Wangen werde ich nie wieder waschen", schleimte Jeanette Biedermann nach dem Eröffnungsauftritt von Robbie Williams. Der entgegnete pathetisch: "Ich habe großes Glück, so geliebt zu werden." Gregor Meyle konnte es später hingegen kaum fassen, dass der 48-jährige Brite so "echt sei" und er "so über seine Gefühle sprechen kann". Zuvor hatte Williams die Genese seines Welthits "Eternity" in den 90er-Jahren beschrieben. Nach mehreren Nervenzusammenbrüchen sei er "völlig abgeschottet von der Außenwelt" gewesen: "Ich bin kaum rausgegangen und hatte keine Freunde mehr."

In einem gemeinsamen Urlaub mit Geri Haliwell, besser bekannt als "Ginger Spice" von den Spice Girls, habe ihm die Künstlerin sehr geholfen, ebenso wie beim Entzug. Daraufhin habe er seiner treuen Freundin einen Song gewidmet: "Ich wollte ihr für die Freundschaft danken." Da kam auch Michael Patrick Kelly nicht umhin, seine Bewunderung auszudrücken und säuselte: "Du bist so ein Riesen-Superstar. Aber wenn du hier sitzt, bist du so offen wie in einer Therapiesitzung."

Promo und Selbstbeweihräucherung

Was "Your Songs" sonst noch bot? Max Giesinger verriet das Erfolgsrezept hinter seinem Mega-Hit "80 Millionen" ("Wahrscheinlich hat einfach alles gepasst so!"), und Michael Patrick Kelly benannte als Inspirationsquelle für seinen Titel "Wonders" die Faust'sche Grundsatzfrage "Was hält die Welt in sich zusammen?". Sarah Connor, der einzige weibliche Gast auf der Couch, würdigte Meyle erst als "Löwenmama", dann bot die Sängerin ihre "Hymne der Wertschätzung" (O-Ton Jeanette Biedermann), "Wie schön du bist", dar.

Bei all der Bauchpinselei blieb auch noch genügend Zeit für Promo. Schließlich verkaufen sich weder Weihnachtsalbum (Sarah Connor) noch Jubiläumsplatte (Robbie Williams) oder siebter Studio-Langspieler (Johannes Oerding) von alleine. Auf kritische Fragen oder interessante Hintergrundgeschichten wartete das TV-Publikum bei "Your Songs" aber vergeblich. Ob sich der MDR mit dem im Vergleich zu "Playlist of my Life" noch profilloseren Sendekonzept einen Gefallen getan hat, darf bezweifelt werden. Eine starke Reichweite ist ob des Sendeplatzes um 23.15 Uhr ohnehin nicht realistisch. Womöglich war das Ganze eher als Mediathek-Produkt gedacht.

Unter dem Strich wirkte "Your Songs" wie eine schlecht gelungene Adaption des VOX-Dauerbrenners "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert", an dem bis auf Robbie Williams übrigens alle Gäste der MDR-Sendung bereits teilnahmen. Mit einem Unterschied: Die Zeit, die die VOX-Sendung ihren Protagonisten für gewagte Arrangements und persönliche Geschichten lässt, füllte "Your Songs" lieber mit überbordender Selbstbeweihräucherung. So gesehen entpuppte sich Gregor Meyles Versprechen vom Beginn der Sendung als Enttäuschung: "Sie haben jetzt schon alles richtig gemacht, indem sie eingeschaltet haben."

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