ZDF-Talk

Beim Thema Russland wurde es laut im "Markus Lanz"-Studio: "Das stimmt nicht! Wir haben alles versucht!"

08.02.2023 von SWYRL/Natascha Wittmann

Nach der Zusage der Kampfpanzer-Lieferungen stellt sich die Frage, ob auch Kampfjets in die Ukraine geschickt werden könnten. Bei "Markus Lanz" kam es darüber am Dienstag zu lautstarkem Streit. SPD-Chefin Saskia Esken wurde zudem zu ihren Ambitionen befragt, Bundesinnenministerin zu werden.

Die geplanten Panzerlieferungen aus westlichen Ländern wie Deutschland und den USA lösten zuletzt neue Verschwörungstheorien seitens des Kremls aus. Es scheint, als habe Russlands Präsident Wladimir Putin noch lange nicht vor, den Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden. Bei "Markus Lanz" diskutierten daher hochkarätige Gäste wie SPD-Chefin Saskia Esken und Politologe Wolfgang Merkel über das weitere Vorhaben im Krieg sowie die deutsche Strategie. Dabei geriet Merkel vor allem mit Christoph Heusgen, dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, aneinander.

Die beiden Männer äußerten beim Thema Waffenlieferungen völlig unterschiedliche Sichtweisen. Markus Lanz erklärte mit Blick auf die vermeintlich zögerliche deutsche Haltung: "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir als Nation auftreten, die führen möchte." Wolfgang Merkel merkte daraufhin an, dass Deutschland in seinen nicht als Haupt-Waffengeber im Ukraine-Krieg agieren sollte, denn: "Immer mehr Waffen - das ist eine Verarmung von Regierungskunst. Waffen beenden den Krieg nicht, sondern sie ziehen ihn hin."

Der Politologe, Mitunterzeichner des offenen Briefs deutscher Intellektueller an Olaf Scholz im vergangenen Jahr, weiter: "Der Ukraine werden nicht die Waffen, sondern die Menschen ausgehen. Scholz hat immer gesagt 'Es muss verhindert werden, dass die Ukraine den Krieg verliert'. Er hat nie gesagt 'gewinnt', weil er genau weiß, was das bedeuten würde. Da kann man sich nur vorstellen, dass es erbitterte Schlachten und viele Tote geben wird." Auf die Frage von Markus Lanz, ob Deutschland die Waffenlieferungen einstellen solle, antwortete Merkel: "Man wird mit Putin verhandeln müssen."

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"Wir erleben gerade eine neue Formierung der Weltordnung"

Ganz anders betrachtete SPD-Chefin Saskia Esken die Situation und warnte: "Putin ist der Überzeugung, die Demokratie ist schwach. Er ist nicht zu Gesprächen bereit." Christoph Heusgen stimmte zu und ergänzte: "Herr Merkel, Putin glaubt, dass wir Weicheier sind. Wir müssen die Ukrainer unterstützen, und wir können uns nicht immer auf die Amerikaner verlassen. Die werden sich bald um China kümmern. Putin hat einen langen Atem, der hat zu Hause keine Opposition."

In Bezug auf China und den chinesischen Ballon, den die USA unlängst über ihrem Territorium abgeschossen hatten, stimmte Merkel zu. Auch er erkennt eine weitreichende Bedrohungslage: "Man merkt schon, dass die Welt nervös geworden ist. Wir erleben gerade eine neue Formierung der Weltordnung. China ist eine aufsteigende Macht, Russland bleibt gegenwärtig bei der Selbstdiskreditierung. Russland bleibt demnach gar nichts anderes übrig, als der kleine Vasall von den Chinesen zu werden. Neuordnungen sind in der Regel die riskantesten Momente in der Weltgeschichte."

In dem Zusammenhang fragte Wolfgang Merkel bei "Markus Lanz", was das politische Ziel in der Ukraine sei: "Was ist denn das strategische Ziel? Dass beide Seiten ermattet sind, und dann kommt die Stunde der Diplomatie? Putin kann viel mehr Tote hinnehmen als die Ukraine." Auf den Vorwurf hin, der "Diplomat Heusgen" habe "keine diplomatische Strategie", wurde der Angesprochene nun laut: "Das stimmt doch überhaupt nicht! Putin hört nicht auf. Wir haben alles versucht, rund um die Uhr. Wir bekommen ihn nicht an den Verhandlungstisch!" Man müsse zu einem Punkt gelangen, an dem der russische Präsident "einsieht, dass er militärisch so nicht mehr weiterkommt".

"Dieser Krieg endet nicht in zwei Monaten"

Dies brachte Markus Lanz auf das Thema Kampfjets. Der ZDF-Moderator merkte an, dass dieses Thema selbst innerhalb der SPD für hitzige Debatten sorge, denn Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich bereits öffentlich gegen eine Lieferung aus.

SPD-Chefin Saskia Esken hielt sich dagegen bedeckter und erklärte: "Egal, welche Entscheidung wir treffen, am nächsten Tag ist die nächste Forderung da. Das macht die Situation eben so schwierig. Unsere Entscheidungen haben sich nie nach Geschrei entwickelt. Wir agieren gemeinsam mit unseren Verbündeten."

"Spiegel"-Journalist Veit Medick schaltete sich daraufhin ein und erklärte diplomatisch: "Es ist ja schon häufig vorgekommen, dass der Kanzler am Ende doch das gemacht hat, was er lange ausgeschlossen hat. Aber ich habe Verständnis dafür, weil es ein hochgefährlicher Krieg ist, der vor unserer Türe stattfindet. Ich glaube, Putin ist nicht berechenbar. Dafür spricht diese Behutsamkeit." Gleichzeitig forderte der Journalist mit strengem Blick: "Man muss immer schauen, was vor Ort gebraucht wird. Im Moment fehlt es eher an Munition. Jetzt muss es eine klare Munitionsstrategie geben. Dieser Krieg endet nicht in zwei Monaten."

Saskia Esken äußert sich zur politischen Zukunft von Nancy Faeser

Ähnlich direkt ging es mit Blick auf Saskia Esken weiter. Die SPD-Chefin wurde zum Ende der Sendung auf das politische Vorhaben ihrer Parteikollegin Nancy Faeser angesprochen. Die derzeitige Bundesinnenministerin tritt als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl in Hessen an - will ihr jetziges Amt aber nur abhängig vom Wahlergebnis abgeben. Esken ließ sich zunächst nicht aus der Ruhe bringen und lobte das Kabinettsmitglied: "Die Aufgabe des Bundesinnenministeriums ist eine große Aufgabe. Diese Innenministerin hat mehr geleistet, als Seehofer in seiner Amtszeit. Sie macht einen großartigen Job."

Markus Lanz fragte daraufhin: "Würden Sie für den Fall der Fälle den Stuhl der Innenministerin besetzen?" Die SPD-Chefin antwortete darauf lächelnd: "Ich bin mit meiner jetzigen Rolle sehr glücklich und würde sagen, dass ich nicht ganz unerfolgreich bin. Sie fügte jedoch gleichzeitig hinzu: "Ich beschäftige mich mit solchen Fragen erst, wenn sie auch anstehen."

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