"Markus Lanz"

Lanz streitet mit FDP-Minister über Bushido-Prozesskosten: "Ist das verhältnismäßig?"

06.04.2023 von SWYRL/Natascha Wittmann

Wie hinderlich ist Datenschutz, wenn es um eine schnelle Täterermittlung geht? Und sind deutsche Verfahren zu kostspielig? Bei "Markus Lanz" lieferte sich Bundesjustizminister Marco Buschmann am Mittwochabend nicht nur ein hitziges Wortgefecht mit dem ZDF-Moderator, sondern auch mit einem langjährigen Polizisten.

Seit dem Ende der Corona-Maßnahmen warnen immer mehr Experten vor den Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen. Vor allem im Bereich der Kriminalitätsstatistik scheint es einen Aufwärtstrend zu geben, was Straftaten unter Kindern und Jugendlichen angeht. Dazu äußerte sich am Mittwochabend bei "Markus Lanz" nicht nur FDP-Politiker Marco Buschmann, sondern auch der langjährige Polizist und Vorsitzende des BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter), Dirk Peglow.

In der Sendung gab Buschmann unter anderem offen zu: "Jugendkriminalität ist ein relevanter, wichtiger Faktor. Wir müssen uns fragen, wie das kommt und welche Gruppen es gibt." Gleichzeitig beschwichtigte der Politiker die Entwicklung der Kriminalstatistik und erklärte: "Man muss die Dinge auch im Zeitverlauf sehen. Im Corona-Jahr hatten wir bei bestimmten Delikten einen Abwärtstrend. Jetzt normalisiert sich wieder vieles oder wird nachgeholt."

Polizist Dirk Peglow stimmte dem nur bedingt zu und merkte an: "Die Corona-Phase hatte auf Kinder und Jugendliche besondere Auswirkungen. Sie mussten mehr Druck ertragen. Wir müssen da jetzt mehr die Wissenschaft beteiligen, um Kriminalitätsbilder zu entwickeln."

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Schutz für Bushido kostet laut Lanz "im Jahr bis zu 600.000 Euro"

Bei "Markus Lanz" entwickelte sich daraufhin eine Grundsatzdiskussion, bei der es um das angemessene Strafmaß und die allgemeine Täterermittlung ging. Dazu gab Marco Buschmann fast kleinlaut zu: "Ein Baustein ist die Digitalisierung. Die dicken Papierakten müssten wir eigentlich auf die Liste der bedrohten Tierarten setzen." Journalistin Anette Dowideit kritisierte mit Blick auf Buschmann den teilweise laschen Umgang mit Straftätern und stellte klar: "Bei vielen passiert einfach nichts, und die Polizei kann den meisten Tätern nichts anhaben."

Der Bundesjustizminister nickte zustimmend und ergänzte: "Wir haben diese Strafrahmen und ich würde mir schon wünschen, dass sie schuldangemessen auch ausgereizt werden. Ich kann deshalb nur an alle Gerichte appellieren: Nutzt die Strafrahmen aus, die der Rechtsstaat auch zur Verfügung stellt! Wir müssen zeigen, dass wir unsere Rechtsordnung ernst nehmen. Wir dürfen auch nicht übertreiben und können nicht jeden sofort ins Gefängnis werfen. Das wäre auch nicht sinnvoll. Wir sind aber ein Rechtsstaat und deshalb muss unser Recht auch durchgesetzt werden."

Markus Lanz wollte daraufhin von dem Politiker wissen: "Was halten Sie von dem Verfahren um Bushido? Sein Schutz kostet im Jahr bis zu 600.000 Euro. Mittlerweile gab es 100 Verfahrenstage, um Bushido und seine Familie zu schützen. Und das all, weil Arafat (Abou-Chaker, Berliner Clanchef) ihn mit einer Glasflasche bedroht hat. Ist das verhältnismäßig?"

"Datenschutz ist manchmal auch Tatenschutz"

Der FDP-Mann wollte sich auf die Frage jedoch nicht einlassen und sagte lediglich: "Bushido ist ein Bürger wie ein anderer auch. Sollen wir jetzt sagen, wir führen die Verfahren nicht durch? Die Justiz ist unabhängig und das wollen wir auch." Buschmann gab jedoch zu: "Die Verhandlung selbst soll ja im Idealfall auch einen pädagogischen Eindruck machen. Ich meine, Prominente müssten behandelt werden wie alle anderen auch."

Dies brachte Polizist Dirk Peglow schließlich dazu, den Politiker für die vielen Hürden in der Täterermittlung zu kritisieren. "Datenschutz ist manchmal auch Tatenschutz", befand Peglow. Markus Lanz stimmte zu und gab an: "Oftmals sind wir sogar auf die Informationen von den USA angewiesen, wenn wir selbst nicht weiterkommen." Journalistin Henrike Roßbach ergänzte: "Tatsächlich ist das schon eine deutsche Spezialität, den Datenschutz so hochzuhalten. Da ist Deutschland schon sehr restriktiv aufgestellt. Da gibt es viele Widersprüche, und ich glaube, dass wir uns da manchmal wirklich ins Knie schießen. Da muss man sich manchmal einfach auch ehrlich machen als Politik."

Marco Buschmann reagierte auf die vielen Kritikpunkte verhalten und versprach eher schwammig: "Warum haben wir bestimmte Instrumente nicht? Weil wir seit 20 Jahren in Deutschland eine Debatte führen, die am Ende keinen Bestand hatte, weil sie über das Ziel hinausgeschossen ist. Ich arbeite genau daran."

Marco Buschmann begründet "Datensouveränität" mit deutscher Geschichte

Journalistin Anette Dowideit ließ dennoch nicht locker und kritisierte: "Wir hängen am Tropf von ausländischen Geheimdiensten. Wir wollen Datenschutz als wichtigstes Gut im Land haben, gleichzeitig nutzen wir die Hinweise von ausländischen Geheimdiensten." Markus Lanz stimmte zu: "Der Datenfetisch ist ein FDP-Thema in erster Linie."

Ob sich daran gravierend etwas ändern wird, ließ Buschmann am Mittwochabend offen. Er verteidigte sich lediglich mit den Worten: "Ich finde es nicht schlecht, wenn wir eine gewisse Datensouveränität behalten. Wir leben in einem Land, das zweimal unter einer Diktatur gelitten hat. Dass wir deshalb in unserem Land sensibel sind und uns fragen, ob der Staat auf unsere Daten zugreifen kann, ist doch normal."

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